Katharina Knötel ist seit Mitte 2021 CIO von Coca-Cola Europacific Partners Deutschland. Im Interview berichtet sie, wie Innovation funktioniert und wie man Talente fördert. [...]
Frau Knötel, Sie sind im Juni 2021 vom Associate Director Supply Chain zum CIO der Business Unit Deutschland von Coca-Cola Europacific Partners (CCEP) aufgestiegen. Wie ist es Ihnen seitdem ergangen?
Es war eine sehr spannende Zeit, als neues Mitglied im deutschen Geschäftsführungsteam und im europäischen Business Process and Technology (BPT)-Führungsteam. Ich habe viele neue Aufgaben übernommen.
Was genau macht die Abteilung BPT, die Sie leiten?
BPT ist eine Service-Abteilung. Deshalb arbeite ich mit dem gesamten Business, also allen Fachbereichen, eng zusammen. Es geht nicht nur um die reine IT, sondern auch um Business-Prozesse – um die gesamte Wertschöpfungskette angefangen vom Commercial über die zentralen Unternehmensfunktionen wie HR und Finance bis hin zu Produktion, Lager und Logistik. In meiner neuen Managementrolle beschäftige ich mich mit dem Big Picture, also mit der strategischen Ausrichtung der Abteilung, mit Trends und Trainings. Da geht es auch um Fragen wie: Was müssen die Menschen lernen, damit wir sie mitnehmen können? Und wohin wollen wir uns entwickeln?
Wie groß ist Ihr Team?
Mein Team in Deutschland hat 15 Mitglieder. Insgesamt gibt es bundesweit zirka 100 Mitarbeitende in BPT, und wenn wir weiter nach Europa, die Pazifik-Region und Indonesien schauen, sind wir etwa 700. Wir arbeiten alle eng zusammen, da unsere Projekte in den meisten Fällen länderübergreifend sind.
Welche Themen treiben Sie gerade besonders um?
Eines meiner Herzensthemen ist: Wie stellen wir uns als Organisation mit einer modernen Technologie kulturell auf, mit welchen Methoden arbeiten wir und wie leben wir das? Also was bedeutet eigentlich ein agiler Ansatz? Daran arbeite ich schon länger zusammen mit unserem People & Culture Team, auch vor meiner CIO-Rolle, und agiere innerhalb von CCEP als Coach und Trainerin.
Gibt es weitere Herzensthemen?
Vielfalt liegt mir sehr am Herzen. Zum Beispiel die Frage, wie wir mit den Millennials umgehen, wo wir junge Talente finden und wie wir sie auf dem Weg in Führungsrollen begleiten. Mir ist wichtig, dass wir die CCEP-internen Mentoren- und Talentprogramme sowie unsere Frauennetzwerke und -initiativen in Deutschland nutzen. Mit dem Programm „komm mach MINT“ zum Beispiel sprechen wir speziell Frauen an und ermuntern sie, in der Logistik oder Supply Chain unterwegs zu sein.
Wo geht es technologisch künftig hin?
Ich möchte natürlich zum einen die Reise von Christian Rasche, meinem Vorgänger, fortführen, also die End-to-End-Digitalierung unserer Route-to-Market. Hier geht es nun darum, den nächsten Schritt zu machen und das ist definitv die technologische Transformation der gesamten Wertschöpfungskette. Da spielen Kundenerlebnisse eine Rolle, aber auch Nachhaltigkeit und das große Feld der Supply Chain. Gerade beim letztgenannten Thema haben wir in den vergangenen Jahren viel probiert und pilotiert. Jetzt geht es darum, das in Programme zu gießen und zum Leben zu erwecken.
Wie machen Sie das?
Ein Projekt wird in einem Land pilotiert, dann testen wir das. Wenn es funktioniert, rollen wir das in allen Ländern aus. Zum Beispiel haben wir in Deutschland ein Kundenportal aufgesetzt, das hat gut funktioniert. Dann wurde das mit der gleichen Technologie in allen Ländern eingeführt. Wir haben in Deutschland 14 Standorte, wo überwiegend regional produziert wird. Da haben wir viele Möglichkeiten, Neues auszuprobieren.
Was probieren Sie gerade aus?
Wir testen gerade unterschiedliche Scanner-Lösungen, um Waren zu erfassen. Wir sind nah dran an unseren Mitarbeitenden in der Logistik und arbeiten eng mit ihnen zusammen. Wir testen natürlich auch, welche mobilen Geräte wir am besten einsetzen. Im vergangen Jahr haben wir zum ersten Mal einen Standort komplett mit Mobilgeräten ausgestattet, um zu testen, welche Use Cases wir anwenden können. In diesem Jahr geht es an zwei weiteren Standorten mit neuen Use Cases weiter und mit einer neuen Generation von Geräten. Hier geht es auch darum, „Ready for Future“ zu sein, um Mitarbeitende mit auf die Reise der digitalen Transformation zu nehmen.
Außerdem haben wir digitale Checklisten in der Produktion und in der Lagerhaltung eingeführt. Da gab es vorher noch viel Papier. Jetzt ist alles digital. Oder: Am Standort Halle haben wir AGVs (Automated Guided Vehicles) eingeführt. Das sind selbstfahrende Flurförderfahrzeuge, die man besonders gut in der Logistik bei sich ständig wiederholenden Tätigkeiten einsetzen kann, um Paletten von A nach B zu fahren. AGVs sollen übrigens in diesem Jahr auch in Mannheim im Außeneinsatz auf einer internen Verbindungsstraße zwischen unseren Werksteilen getestet werden.
Sie haben ursprünglich Wirtschaft studiert. Warum?
Ich komme aus einer Unternehmerfamilie. Meine Eltern haben ein Hotel, in dem auch meine Brüder arbeiten. Das habe ich jeden Tag miterlebt, sehr früh Interesse an Wirtschaft gehabt und mich dann bewusst für dieses Studium entschieden. Das hilft mir jeden Tag bei meiner Arbeit.
Jetzt sind Sie CIO von CCEP in Deutschland. Wie kamen Sie zur IT?
Das hat sich entwickelt. Nach dem Studium bin ich zu einem Startup gegangen, wo wir einen Online-Shop aufgebaut haben. Das war die erste technische Erfahrung und die erste Berührung mit E-Commerce. Von da ging es dann für mich zur dgroup in die Beratung, wo ich mich schnell mit Digitalstrategien, agiler Softwareentwicklung und später auch mit Datenbanken beschäftigt habe. In meiner nächsten Station bei Accenture war ich dann stärker auch in der technologischen Beratung aktiv und in Sachen Change Management. So habe ich mich ständig weiterentwickelt. Ich bin zwar de facto eine Quereinsteigerin, war aber seit dem Studium immer in Kontakt mit Technologie.
Sie sind 32 Jahre jung. Sind Sie die Jüngste im Führungsteam?
In Deutschland ja, auf europäischer Ebene nein. Mein Chef Peter Brickley, der Group CIO in England, hat auch mit mir darüber gesprochen, ob das ungewöhnlich ist. Aber eigentlich geht es uns eher um das Mindset und was jemand bewegen kann, nicht um das Alter. Ich bin zu CCEP gekommen, damit wir agiler werden. Das war der ausschlaggebende Punkt.
Wie steht es mit dem Thema Vielfalt bei CCEP, gerade auf der Führungsebene?
Ich bin in der glücklichen Position, dass hier viel richtig gemacht wurde. Im europäischen Führungsteam sind sieben von 15 Mitgliedern weiblich. In Deutschland sind wir im erweiterten Executive Team fünf Frauen von neun Mitgliedern.
Haben Sie Tipps für Frauen mit Führungsambitionen?
Man muss unglaublich mutig sein. Das hilft. Und man darf sich nicht unterkriegen lassen, wenn etwas mal nicht funktioniert. Auch ich habe einmal etwas vor dem IT-Team präsentiert, für das ich gebrannt habe, was aber nicht ankam. Das war der falsche Zeitpunkt. Da darf man nicht aufgeben. Ich bin der Überzeugung, es gibt für jede Idee die richtige Zeit, nur manchmal braucht es etwas Geduld.
Was ist mit Mentoren?
Es ist enorm wichtig, Unterstützung einzufordern. Ich hatte immer Unterstützer wie zum Beispiel früher mein Vorgänger Christian Rasche, der mich lange auf den nächsten Schritt vorbereitet und begleitet hat. Wir sprechen noch heute regelmäßig und er ist wie ein Coach an meiner Seite, obwohl er inzwischen zu unserem Lizenzgeber The Coca-Cola Company gewechselt ist. Auch jetzt in meiner neuen Position habe ich zwei Mentoren aus dem europäischen Umfeld bekommen, die mir zur Seite stehen. Man muss aber bereit sein, die Hilfe auch anzunehmen. Ich habe selbst bei CCEP eine junge Kollegin eingestellt und gefördert. Sie ist jetzt in einer internationalen Rolle und ich coache sie immer noch. Zudem begleite ich mehrere duale Studentinnen und Studenten auf ihrem Weg.
Warum würden Sie jungen Talenten eine Karriere in der IT empfehlen? Zum Beispiel, wenn Ihre Nichte Sie fragen würde?
Am wichtigsten ist, dass man eine große Leidenschaft hat für das, was man tut, und dass man dafür brennt. Man sollte sich vom Herzen heraus dafür interessieren und Spaß daran haben. Das erst einmal vorweg. Dann zur IT: Das ist ein Bereich, mit dem wir jetzt und in Zukunft viel zu tun haben werden, der sich ständig wandelt. Wir haben heute eine komplett andere Situation als noch vor zehn Jahren. Damals haben wir ein Softwareprodukt entwickelt, das war dann erst einmal da, bis es aus dem Support herauslief. Heute kommen ständig neue Produkte auf den Markt und wir fragen uns permanent, ob es das richtige ist und was man verbessern kann. Kein Tag ist wie der andere, dauernd passiert etwas Neues. Wenn wir nur mal das Thema Cybersecurity nehmen: Das war vor zwei Jahren nicht annähernd so präsent wie heute. Also: Wenn das Herz meiner Nichte für die IT schlägt, dann würde ich ihr raten, das beruflich zu machen. Denn die IT ist spannend und man kann viel lernen und sich ständig weiterentwickeln. Ich lerne jeden Tag.
Coca-Cola Europacific Partners Deutschland (CCEP DE)
Die Coca-Cola Europacific Partners Deutschland GmbH (CCEP DE), mit Hauptsitz in Berlin, ist für die Abfüllung und den Vertrieb von Coca-Cola Markenprodukten in ganz Deutschland verantwortlich. Sie ist mit einem Absatzvolumen von jährlich mehr als 3,5 Milliarden Litern (2021), etwa 6.500 Mitarbeitenden und 14 Produktionsstandorten das größte deutsche Getränke-Unternehmen. CCEP DE arbeitet in Deutschland eng mit der Coca-Cola GmbH zusammen, die als Tochterunternehmen der The Coca-Cola Company für die Markenführung sowie die Produkt- und Verpackungsentwicklung zuständig ist. Der deutsche Getränkehersteller ist Teil von Coca-Cola Europacific Partners (CCEP), einem weltweit führenden Konsumgüterhersteller, der mit seinen Getränken Europa, den pazifischen Raum und Indonesien versorgt.
* Karen Funk ist Senior Editor CIO-Magazin und COMPUTERWOCHE bei IDG Tech Media.
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