„Wir brauchen einen KI-Masterplan“

Das heimische Beratungsunternehmen Consileon Business Consultancy hat sich auf innovative und disruptive Technologien spezialisiert und bietet gemeinsam mit seinen Partnern maßgeschneiderte Lösungen für eine Vielzahl von Branchen und Einsatzbereichen. Harald Kohlberger, Geschäftsführer von Consileon, spricht im Interview mit der ITWELT.at über KI, Transformation und welche Maßnahmen die Politik in diesen Bereichen ergreifen könnte. [...]

Harald Kohlberger, Geschäftsführer von Consileon. (c) Consileon
Harald Kohlberger, Geschäftsführer von Consileon. (c) Consileon

Consileon hat sich durch seine umfassende Expertise und erfolgreiche Projekte einen herausragenden Ruf erarbeitet. 2023 konnte das Unternehmen gemeinsam mit Partnern einen prestigeträchtigen mehrjährigen Rahmenvertrag „IT-Dienstleistungen 2022“ der österreichischen Bundesbeschaffung GmbH (BBG) mit einem Volumen von über 680 Millionen Euro gewinnen. Die Kundenbasis umfasst mehr als 2.500 Institutionen, darunter Ministerien, Energieversorger und zahlreiche andere öffentliche und private Einrichtungen.

Wie positioniert sich Consileon im Markt der Management- und IT-Beratung, und welche Ansätze verfolgen Sie, um sicherzustellen, dass Ihre Konzepte erfolgreich umgesetzt werden?

Wir sind eine mittelständische, eigentümergeführte Management- und IT-Beratung mit den Ankerbranchen Finanzsektor, Automobilindustrie, Einzelhandel und Gesundheitswesen. Diese Branchen bilden auch die Grundlage für unsere strategische Positionierung. Bei Consileon verstehen wir die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen der jeweiligen Branchen. Wir sind keine Boutique-Beratung, die sich auf ein spezielles Thema wie Risikomanagement oder CRM konzentriert, und wir sind auch kein Technologiefollower, der ausschließlich als Partner von SAP oder Microsoft agiert. Stattdessen bieten wir ein breites Leistungsspektrum, das gezielt auf unsere vier Schwerpunktbranchen ausgerichtet ist.

Wir bearbeiten strategische Themen wie die Entwicklung von Business-Strategien sowie IT-Strategien. Dabei decken wir sowohl Produkt- als auch Prozessebenen ab. Der Anspruch von Consileon ist es, nur Konzepte zu entwickeln, die funktionieren. Dies stellen wir sicher, indem wir diese entweder selbst umsetzen oder mit erfahrenen Umsetzungspartnern zusammenarbeiten. Bereits in der Strategiephase lassen wir dazu technische Machbarkeiten mit einfließen, um die Realisierbarkeit sicherzustellen.

Consileon hat mit der BBG eine großvolumige Rahmenvereinbarung für die kommenden fünf Jahre abgeschlossen. Was beinhaltet der Vertrag und warum ist Consileon der richtige Anbieter?

Wir haben 28 Lose, die wir mit unseren rund 50 Partnern betreuen. Zu unseren Partnern zählen auch Firmen wie die Lufthansa oder NTT Data. Und aus dieser Struktur heraus können wir natürlich alles beliefern und haben die Expertise in vielen Bereichen. Das ist ein Riesenvorteil für die Kunden. 

Stellen Sie sich vor, Sie sind das Bundesrechenzentrum oder ein Ministerium und arbeiten an einem Transformationsprojekt, etwa in den Bereichen Digitalisierung oder Plattformentwicklung, beispielsweise für eine Fördergeldplattform für den Energiezuschuss. In der Vergangenheit standen Sie vor dem Problem, dass Sie für ein solches Projekt ein komplettes Team benötigten: einen Product Owner, einen Projektleiter, einen Coach, Architekten, Entwickler und Desk Manager. Dafür mussten Sie in der Regel sieben verschiedene Firmen beauftragen, die in den verschiedenen Losen gelistet waren. Keines dieser Unternehmen ist jedoch so breit aufgestellt wie wir, die wir in 28 Losen gelistet sind. Wenn ein Kunde etwas benötigt, kann er sagen: “Wir brauchen von Consileon aus Los 7 drei Leute und aus Los 8 zwei Leute.” Das bedeutet für den Kunden einen enormen Vorteil, da der Koordinationsaufwand deutlich reduziert wird. Anstatt mit sieben verschiedenen Firmen zu arbeiten, hat der Kunde nur mit einer zu tun und auch nur einen Ansprechpartner. Wir agieren stets als Generalunternehmer.

Wo liegt der Kern in der Struktur von Consileon und wo der Schwerpunkt der zukünftigen Ausrichtung?

Unser klarer Fokus liegt auf dem Thema Innovation. Diese ist eng verbunden mit den Bereichen Cloud, Data Science, Datenmanagement und Künstliche Intelligenz. Warum? Künstliche Intelligenz kann nur auf der Grundlage einer soliden Datenbasis und eines effizienten Datenmanagements funktionieren. Und ein effizientes Datenmanagement ist in der Regel nicht mit On-Premise-Lösungen realisierbar. Daher sind verlässliche Cloud-Lösungen unverzichtbar.

Und wie können wir hier als Beratungsunternehmen ein Bewusstsein schaffen, insbesondere in Ministerien, die oft noch Vorbehalte gegenüber der Cloud haben? Viele befürchten, dass die Cloud nicht sicher ist. Diese Bedenken sind auch im Bereich der Sozialversicherung, bei Arbeitsmarktservice (AMS) und anderen öffentlichen Einrichtungen präsent. Es ist wichtig zu erkennen, dass es auch alternative Lösungen zur Cloud gibt, die dennoch die Möglichkeit bieten, große Datenmengen zu strukturieren und zu verarbeiten, sodass Künstliche Intelligenz überhaupt erst realisierbar wird.

Es gibt schon zahlreiche Lösungen, die bereits einsatzbereit sind. Allein von unseren 50 Partnern gibt es Projekte, die problemlos übernommen und in Österreich implementiert werden könnten, da sie sich bereits zum Beispiel in der Polizei in Dresden oder in Schweizer Krankenhäusern bewährt haben. Dennoch ist dies oft nicht möglich, da Themen wie Datenmanagement und Datenschutz die Umsetzung erheblich bremsen.

Wie könnte die Umsetzung einfacher werden?

Wir benötigen einen umfassenden KI-Masterplan. Dieser Plan sollte klar aufzeigen, welche Projekte bereits umsetzbar sind und wo wir in Zusammenarbeit mit Ministerien sofortige Implementierungen vornehmen können. Ein solcher Masterplan ist aus mehreren Gründen wichtig. Erstens stehen Wahlen an, und ein Regierungsprogramm, das einen Masterplan beinhaltet, könnte die Weichen für zukünftige Budgets und Reservierungen stellen. Indem wir diese Pläne klar definieren, schaffen wir die Grundlage für eine gezielte und effiziente Umsetzung von KI-Projekten. Ich halte es für essenziell, dass wir die Digitalisierungskompetenz nicht alle fünf Jahre verlagern. Eine solche Stabilität ist genauso wichtig, wie die Kompetenz selbst. Daher sehe ich es als Aufgabe der Wirtschaft an, die Politik aktiv zu unterstützen und voranzutreiben.

Es gibt bereits viele Lösungen und Technologien, die heute verfügbar sind. Die Möglichkeiten sind vorhanden, und die Politiker befinden sich in der Position, Entscheidungen zu treffen. Allerdings müssen die entsprechenden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen geschaffen werden, um diese Möglichkeiten effektiv zu nutzen. Österreich verfügt über ausgezeichnete Forschungseinrichtungen, qualifizierte Fachkräfte und hervorragende Ausbildungsprogramme. Der Flaschenhals liegt jedoch oft im politischen Bereich, der die Fortschritte in diesen Bereichen bremsen kann.

Welche konkreten Schritte sind dafür notwendig?

Zunächst muss die Struktur so gefestigt werden, dass die digitale Kompetenz nicht als Verschiebebahnhof zwischen den Ministerien betrachtet wird, sondern durch ein eigenständiges Ministerium gewürdigt wird, das diesen Namen auch verdient. Wir benötigen zudem so eine Art Innovationsministerium als Dachbehörde, das alle relevanten Bereiche koordiniert. Dies betrifft den Sicherheitsbereich, das Gesundheitswesen und alle anderen Sektoren. Ein solches Ministerium könnte die Koordination der verschiedenen Fachministerien übernehmen und prüfen, welche aktuellen Projekte und Initiativen realisierbar sind. Es ist wichtig, diese Projekte nicht isoliert, sondern parallel zu betrachten und agil umzusetzen. Dabei sollten wir uns auf die sogenannten „Low-Hanging Fruits“ konzentrieren, also auf die Projekte, bei denen die Voraussetzungen bereits geschaffen sind und die sofort gestartet werden können, um schnell erste Erfolge zu erzielen.

Welche Rolle könnte hier Consileon einnehmen?

Unsere Rolle ist es, als Treiber voranzugehen. Eine Idee ist, im Spätherbst eine große Konferenz zu organisieren, bei der wir gemeinsam mit unseren 50 bestehenden Partnern Projekte und Referenzen präsentieren. Wir sollten auch die Politik und die Beamtenschaft einladen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich über die Projekte zu informieren und die Fortschritte direkt zu sehen. Ziel ist es, das Interesse und die Begeisterung der Teilnehmer zu wecken, damit sie selbst aktiv werden und ihre Minister sowie andere Entscheidungsträger für die Digitalisierung und Innovation sensibilisieren.


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