Wie steht es mit der Nachhaltigkeit in der IT? Thomas Steirer, CTO bei Nagarro, im Interview. [...]
Sie unterscheiden zwischen Sustainability in IT und Sustainability by IT. Welche strategischen Konsequenzen ergeben sich daraus?
Der Unterschied zwischen Sustainability in IT und Sustainability by IT liegt in der Perspektive, aus der Nachhaltigkeit betrachtet wird. In IT bedeutet, dass wir die Nachhaltigkeit innerhalb der IT-Systeme und -Prozesse selbst optimieren. Dabei stehen Aspekte wie Energieeffizienz, Ressourcenschonung und Hardware-Lebenszyklen im Fokus. Laut den Vereinten Nationen verursacht die IT derzeit rund vier Prozent des weltweiten Energiebedarfs. In diesem Zusammenhang gewinnt die KI besondere Aufmerksamkeit – vor allem das energieintensive Training großer Modelle treibt den Verbrauch erheblich in die Höhe.
Sustainability by IT betrachtet die Rolle der IT als Hebel zur Reduktion von Emissionen und Energieverbrauch in anderen Sektoren – also in den restlichen 96 Prozent des weltweiten Energiebedarfs. Dabei verschiebt sich der Fokus: Zwar kann der relative Anteil der IT am Gesamtenergieverbrauch steigen, doch der eigentliche Gewinn liegt in der potenziellen Effizienzsteigerung im großen Ganzen.
Ein Beispiel dafür ist die smarte Navigation, bei der energieeffiziente Routen standardmäßig vorgeschlagen werden. Oder die Optimierung von Online-Shops: Wenn Nutzer schnell finden, was sie suchen, reduziert sich nicht nur die Rechenlast, sondern auch die Anzahl unnötiger Transportwege – etwa durch gebündelte Lieferungen in einem Paket. In der Summe lassen sich durch solche digitalen Hebel erhebliche Einsparungen erzielen.
Was bedeutet das konkret für Nagarro?
Bei Nagarro betrachten wir die beiden Ansätze nicht als getrennt, sondern als eng miteinander verzahnt. Es gibt natürlich unterschiedliche Schwerpunkte, aber sie greifen strategisch ineinander. Sustainability in IT betrifft vor allem den technischen Kern unserer Arbeit – etwa bei Themen wie AI-Ops oder DevOps. Diese wirken direkt in die Systemarchitektur und das Engineering hinein. Hier stellt sich beispielsweise die Frage, ob man auf eine serverlose Infrastruktur setzt oder mit klassischen, rund um die Uhr laufenden Rechenzentren arbeitet. Solche Architekturentscheidungen beeinflussen unmittelbar die Energieeffizienz und Performance der IT-Lösungen.
Gleichzeitig spielt das Design eine zentrale Rolle – und zwar auf beiden Ebenen. Im Bereich in IT bedeutet das, Prozesse so zu gestalten, dass sie in der IT effizient abgebildet werden können. Auf der anderen Seite geht es bei by IT darum, Prozesse so zu entwickeln, dass sie auch in der realen Welt möglichst geringe ökologische Auswirkungen haben. Design ist hier also eine verbindende Schicht, die sowohl technische als auch geschäftsrelevante Aspekte berücksichtigt.
In der praktischen Umsetzung – etwa bei E-Commerce-Plattformen, in der Logistik oder im Energiesektor – zeigt sich, wie stark beide Ebenen zusammenwirken. Eine Lösung, die technisch effizient aufgebaut ist, kann gleichzeitig dazu beitragen, in der Anwendung Ressourcen zu schonen. Diese strategische Verzahnung ist entscheidend: Sie ermöglicht es, Nachhaltigkeit sowohl innerhalb der IT-Systeme als auch durch IT-gestützte Geschäftsprozesse ganzheitlich zu denken und umzusetzen.
Sie sagen, die grünste Software ist die, die man gar nicht erst entwickelt.
Aus ökologischer Sicht ist das natürlich die nachhaltigste Option. Für uns als Technologieanbieter heißt das aber nicht, dass wir gegen Innovation oder Digitalisierung argumentieren. Im Gegenteil: Unser Anspruch ist es, Technologie gezielt, überlegt und wirksam einzusetzen.
Mit unserem Thinking Breakthroughs-Ansatz verfolgen wir genau diesen Zugang. Wir reden nicht nur über Technologien, sondern auch über das Geschäft unserer Kunden – über deren Ziele, Prozesse und Herausforderungen. Als Entwickler und Ingenieure haben wir ein natürliches Interesse an technischer Exzellenz, aber wir glauben auch, dass Technologie nur dann sinnvoll ist, wenn sie echten Mehrwert schafft.
Ein gutes Beispiel dafür ist eines unserer langfristigen Forschungsprojekte, das den Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Verbesserung der Softwarequalität untersucht. Ursprünglich wollten wir neun konkrete Fragestellungen mithilfe von KI lösen. Im Laufe der Arbeit haben wir allerdings festgestellt, dass nicht alle diese Herausforderungen tatsächlich den Einsatz von KI erfordern. Zwei der ursprünglich geplanten Themen haben wir ganz gestrichen, fünf andere ohne KI gelöst. Am Ende blieben drei Anwendungsfälle, bei denen der Einsatz von KI wirklich sinnvoll ist.
Diese Herangehensweise – kritisch zu prüfen, wo Technologie wirklich Nutzen stiftet – ist ein zentraler Teil unserer Arbeit. Es geht nicht darum, jedes Problem mit dem neuesten Werkzeug zu bearbeiten, nur weil es verfügbar ist.
Wie ist der aktuelle Stand beim Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der IT?
Das Bewusstsein wächst, aber es ist bei vielen Unternehmen noch nicht tief in die operativen Prozesse vorgedrungen.
In großen Unternehmen, etwa bei Banken oder Konzernen, sehen wir zunehmend strukturierte Initiativen, nicht zuletzt weil regulatorische Vorgaben greifen. Diese Firmen arbeiten mit den bekannten Emissions-Kategorien Scope 1, 2 und 3. Dabei reicht die Spannweite von direkten Energieverbräuchen über den Ressourcenbedarf von Produkten bis hin zur gesamten Lieferkette. Besonders die indirekten Emissionen, also Scope 2 und 3, sind jedoch schwer zu erfassen.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Entwicklung selbst. Viele Programmiererinnen und Programmierer schreiben heute hochqualitativen Code, aber selten unter dem Aspekt der Energieeffizienz. Der Begriff Clean Code, der traditionell für strukturierten und wartbaren Code steht, bekommt zunehmend eine zweite Bedeutung: sauber auch im Sinne von ressourcenschonend. Technische Eleganz ist nicht automatisch energieeffizient. Eine komplexe, aber brillante Lösung kann unnötig rechenintensiv sein – und damit einen deutlich höheren Energiebedarf verursachen, als nötig wäre.
Ein entscheidender Punkt bleibt die Messbarkeit. Unternehmen brauchen Transparenz, um fundierte Entscheidungen treffen zu können. Die Frage lautet nicht nur: Was zahle ich für dieses Cloud-Service? Sondern auch: Was verbraucht es an Energie? Wir haben dazu unter anderem ein Dashboard entwickelt, das genau diese Daten aggregiert. Es sammelt Informationen aus der Cloud, aus Produktionssystemen und laufenden Prozessen, stellt sie verständlich dar und ermöglicht ein gezieltes Monitoring. Damit können Unternehmen ihr Energiebudget verfolgen, Abweichungen erkennen und – entscheidend – Hotspots identifizieren.
Denn Optimierung macht dort am meisten Sinn, wo der größte Hebel liegt. Es bringt wenig, ein aufwendiges Spezialfeature zu verbessern, das einmal im Monat läuft, während ein täglich tausendfach genutzter Prozess trotz vermeintlich geringer Optimierungsreserven durch seine Masse enorme Einsparpotenziale bietet. Genau diese Priorisierung ist entscheidend, um Nachhaltigkeit in der IT nicht nur theoretisch zu begreifen, sondern konkret umzusetzen.
Gibt es bestimmte Branchen oder Anwendungsfelder, in denen das Bewusstsein für Energieeffizienz und Nachhaltigkeit in der IT bereits besonders ausgeprägt ist? Wo sehen Sie typische Vorreiter?
Ja, es gibt ganz klar Branchen, in denen ein höheres Sensorium für Energieverbrauch und Ressourceneffizienz vorhanden ist – nicht zuletzt, weil sie schon lange mit diesen Themen operativ konfrontiert sind. An erster Stelle ist hier sicherlich die Logistik zu nennen. Auch in der Industrie ist dieses Bewusstsein stark verankert. Hier sind Energieverbrauch und Materialeinsatz traditionell zentrale Steuerungsgrößen. Ein drittes Feld sind digitale Plattformen mit sehr hoher Transaktionsdichte – etwa große E-Commerce-Anbieter oder Tech-Unicorns, bei denen hunderttausende Transaktionen pro Minute verarbeitet werden. Auch hier ist das Bewusstsein inzwischen stark gewachsen, weil selbst kleine Optimierungsschritte in der Architektur oder im Datenhandling über die Masse hinweg große Effekte erzeugen können.
Branchen wie der Dienstleistungssektor oder das Finanzwesen holen aktuell auf – oft getrieben durch regulatorische Vorgaben oder ESG-Anforderungen. In diesen Bereichen war Energieverbrauch bisher selten ein entscheidender Kostenfaktor. Doch gerade durch die Diskussion um CO₂-Bilanzen, Rechenschaftspflichten und öffentliche Wahrnehmung entsteht auch hier zunehmend ein Umdenken.
Insgesamt lässt sich sagen: Überall dort, wo Energie bisher schon eine betriebswirtschaftliche oder strategische Rolle gespielt hat, ist das Bewusstsein für Eco-Digital Engineering deutlich ausgeprägter. Die Herausforderung besteht nun darin, dieses Denken flächendeckend in die digitale Transformation zu integrieren.
Was versteht Nagarro unter dem Begriff Eco-Digital Engineering? Handelt es sich dabei um eine neue strategische Ausrichtung?
Aus unserer Sicht ist Eco-Digital Engineering keine reine Reaktion auf einen Trend, sondern ein organisch wachsender Bestandteil unserer Arbeitsweise.
Die Basis dafür bildet das bereits erwähnte Zusammenspiel von Sustainability in IT und Sustainability by IT. Genau hier setzt Eco-Digital Engineering an – mit einem klar technischen Fokus, der aber bis ins Design und in die Geschäftsprozesse hineinreicht. Der Begriff Engineering signalisiert bewusst diese technische Tiefe, ohne dabei die strategische oder gestalterische Dimension auszublenden.
Ein zentraler Hebel dabei ist Bewusstseinsbildung – sowohl intern bei unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als auch extern in der Zusammenarbeit mit unseren Kunden. Wenn ein Nagarrian in einem Projekt mit einem konkreten Mindset für nachhaltiges Engineering auftritt, dann entstehen daraus oft ganz direkt neue Impulse, Ideen und sogar technische Maßnahmen. Umgekehrt bedeutet das: Unsere Leute müssen dafür befähigt sein. Sie brauchen die richtigen Werkzeuge, das Wissen über nachhaltige Architekturentscheidungen – und sie müssen die bestehenden Lösungen kennen, die wir anbieten können.
Was bedeutet nachhaltige Softwareentwicklung konkret für Programmiererinnen und Programmierer?
Der klassische Fokus auf Funktionalität bleibt wichtig: Software muss weiterhin das tun, wofür sie entwickelt wurde. Doch diese alleinige Zielsetzung greift zunehmend zu kurz. Es kommen neue Dimensionen hinzu, etwa die Frage nach der Effizienz, der Ressourcenschonung und der langfristigen Betriebskosten – und damit rückt Sustainability als zusätzliches Qualitätskriterium in den Fokus.
Das beginnt schon im Design. Bevor überhaupt eine Zeile Code geschrieben wird, stellt sich die Frage: Ist das geplante Feature notwendig, bringt es echten Nutzen, oder wird hier etwas gebaut, das zwar technisch möglich, aber faktisch überflüssig ist? Nachhaltigkeit heißt auch, unnötige Komplexität zu vermeiden. Wenn ein Feature beim Endnutzer etwa zu unverhältnismäßigem Energieverbrauch führt – sei es durch unnötige Prozesse oder durch zu hohe Rechenlast –, dann ist das schon auf konzeptioneller Ebene problematisch.
In der Umsetzung geht es weiter: Architekturentscheidungen haben direkte Auswirkungen auf Energieverbrauch und Systemverhalten. Ob eine klassische Server-Infrastruktur gewählt wird oder eine Serverless-Lösung – das hat nicht nur Einfluss auf Skalierbarkeit und Kosten, sondern auch auf die Nachhaltigkeit. Dasselbe gilt für den Einsatz von APIs, Datenbankabfragen oder Speicherstrukturen.
Und schließlich ist auch die Ebene des Codes selbst nicht zu unterschätzen. Jede ineffiziente Schleife, jede unnötig komplexe Datenstruktur kann sich in Form von erhöhter Rechenzeit und Speicherbedarf niederschlagen – und das korreliert fast immer mit einem höheren Energieverbrauch. Vieles davon ist nicht neu, aber bisher stand die Optimierung oft primär im Dienst der Performance. Heute wird klar: Gut geschriebener Code ist auch ressourcenschonend.
Nachhaltigkeit gilt oft als langfristiges Ziel, während wirtschaftlicher Erfolg in der Produktentwicklung häufig an kurzfristiger Time-to-Market gemessen wird. Entsteht hier ein Zielkonflikt?
Der Zielkonflikt ist real – zumindest in vielen Projekten, in denen Geschwindigkeit über alles gestellt wird. Gerade in der Produktentwicklung beobachten wir, dass unter dem Druck schneller Markteinführung häufig überdimensioniert wird: Systeme werden auf Lastspitzen ausgelegt, ohne dass Klarheit über die tatsächliche Nutzung besteht. Diese Sicherheitsreserven kosten Energie und führen zu einem unnötig großen ökologischen Fußabdruck.
Zudem steigt mit jedem Schnellschuss die Wahrscheinlichkeit technischer Schuld – also von Kompromissen, die im Code, im Design oder in der Architektur gemacht wurden. Diese technische Schuld begleitet ein System oft über Jahre hinweg, erschwert Wartung, verursacht Mehraufwand und bremst im schlimmsten Fall sogar künftige Innovation.
Und jetzt kommt eine neue Dimension dazu: Nachhaltigkeit. Sie bringt zusätzliche Anforderungen mit, die bislang selten mitgedacht wurden – etwa der Energiebedarf eines Features im Betrieb oder der ökologische Aufwand einer bestimmten Architekturentscheidung. Diese „nachhaltige Schuld“ ist ein Phänomen, das wir erst allmählich in seiner Tragweite erfassen. Sie baut sich zusätzlich zur bestehenden technischen Schuld auf und erhöht damit den Druck, Systeme im Nachhinein nicht nur funktional, sondern auch ökologisch zu überarbeiten.
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz im Kontext von Eco-Digital Engineering – ist sie eher Teil der Lösung oder Teil des Problems?
Künstliche Intelligenz bewegt sich in der Nachhaltigkeitsdebatte in einem Spannungsfeld. Einerseits ist sie ein Innovationsmotor mit hohem Potenzial, andererseits steht sie berechtigterweise in der Kritik – vor allem wegen des enormen Energieverbrauchs beim Training großer Modelle. Dass mittlerweile Infrastruktur im Maßstab eigener Kraftwerke zur Versorgung aufgebaut wird, zeigt die Größenordnung sehr deutlich.
Gleichzeitig muss man differenzieren: KI ist kein Selbstzweck. Der erste Hype, bei dem alles reflexartig mit KI gelöst werden sollte, flacht langsam ab – und das ist auch gut so. Der sinnvolle Einsatz beginnt dort, wo KI Dinge ermöglicht, die mit klassischen Methoden gar nicht oder nur mit hohem Aufwand lösbar wären. Entscheidend ist deshalb nicht die Technologie selbst, sondern ihr Wirkungsgrad in Bezug auf den ökologischen und wirtschaftlichen Nutzen.
Ein gutes Beispiel sind Anwendungsfelder wie Routenoptimierung in der Logistik, die Optimierung von Lieferketten oder Industrieprozesse. Hier kann KI ein entscheidender Hebel sein, um Energieverbrauch und Emissionen in der realen Welt messbar zu senken.
Insofern lautet die Antwort: KI kann Teil der Lösung sein, wenn sie zielgerichtet und effizient eingesetzt wird – gerade auch im Kontext von Eco-Digital Engineering. Der Schlüssel liegt darin, sie nicht als automatische Lösung für jedes Problem zu sehen.
Braucht es im Umgang mit KI und digitalen Technologien eine neue Kultur des bewussten Verzichts?
Ja, genau darin liegt ein zentraler Punkt der aktuellen Diskussion: Wir müssen lernen, bewusster mit digitalen Möglichkeiten umzugehen – nicht alles, was technologisch machbar ist, ist auch sinnvoll oder verantwortbar. Der freiwillige Verzicht, also die bewusste Entscheidung gegen eine übertechnisierte oder ressourcenintensive Lösung, ist kein Rückschritt, sondern Ausdruck von Reife und Gestaltungswillen.
Verzicht ist dabei nicht gleichbedeutend mit Verbot oder Stillstand. Er bedeutet vielmehr, die eigenen Erwartungen zu reflektieren und im Dialog mit gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Zielen neu zu gestalten. Das erfordert ein Bewusstsein dafür, welche Auswirkungen technologische Entscheidungen langfristig haben – auf den Energieverbrauch, auf Ressourcen, auf die Umwelt.
Ein Beispiel wie das autonome Fahren zeigt gut, wie dieses Denken funktionieren kann. Menschen fahren ineffizient, Autos stehen oft ungenutzt herum, es gibt redundante Fahrten, schlechte Auslastung. Wenn Systeme wie KI dazu beitragen können, Fahrverhalten netzwerkweit zu optimieren, Fahrzeuge besser zu teilen und insgesamt Verkehrsflüsse nachhaltiger zu gestalten, dann überwiegt der Nutzen den technischen Aufwand. Die Skalierung wirkt hier im positiven Sinne.
Lässt sich Verzicht im Unternehmenskontext auch konkret und systematisch umsetzen – jenseits von regulatorischen Vorgaben?
Verzicht lässt sich durchaus operationalisieren – aber nicht durch bloße Prozesse oder Checklisten. Er braucht ein klares Wertefundament, das tief im Selbstverständnis eines Unternehmens verankert ist. Nur dann wird aus einem abstrakten Prinzip wie „Verzicht“ eine greifbare Handlungsebene. Das gilt in der IT ebenso wie in vielen anderen Branchen.
Es muss definiert sein, was nicht gemacht wird – und warum. Das betrifft nicht nur technische Fragen wie den Einsatz bestimmter Tools oder Architekturen, sondern auch Partnerschaften und Auftragsannahmen. Bei Nagarro zum Beispiel gibt es für die Mitarbeitenden die Möglichkeit, individuelle ethische Grenzen zu ziehen.
Im Grunde ist Verzicht in der IT nichts Neues. Softwareentwicklung war immer von Entscheidungen geprägt, bei denen man bewusst etwas weggelassen hat, um etwas anderes zu ermöglichen. In der klassischen Architektur spricht man seit Jahrzehnten vom bekannten Dreieck aus Kosten, Qualität und Geschwindigkeit. Wer eine schnelle Lösung will, muss oft bei Qualität oder Budget Abstriche machen – wer höchste Qualität anstrebt, muss mit längeren Entwicklungszeiten rechnen. Diese Abwägung ist Teil jeder technischen Entscheidung.
Neu ist allerdings, dass dieses Dreieck jetzt um eine vierte Dimension erweitert wird: Nachhaltigkeit. Sie verändert die Gewichtung der klassischen Parameter.
Der entscheidende Punkt ist daher, einen Sweet Spot zu finden: eine Stelle, an der die Nachhaltigkeit stark verbessert ist, ohne das System unverhältnismäßig zu belasten oder das Budget zu sprengen. Diese Entscheidung ist im Grunde kein Verzicht, sondern Teil einer ganz normalen technischen und wirtschaftlichen Bewertung.
Was unterscheidet einen CTO bei Nagarro von CTOs in anderen Unternehmen? Gibt es eine besondere Haltung oder ein spezifisches Rollenverständnis?
Ein CTO bei Nagarro ist weniger klassischer Top-Down-Entscheider, sondern vielmehr ein aktiver Mitgestalter auf Augenhöhe – technisch tief verankert, operativ präsent und mit klarer inhaltlicher Ausrichtung. Wichtig dabei: Es gibt nicht den einen CTO, sondern ein global verteiltes CTO-Team. Jeder bringt eigene Schwerpunkte mit – ob Cloud, MedTech, Softwarequalität oder Architektur. Diese Vielfalt ist kein Zufall, sondern Ausdruck unseres dezentralen, nicht-hierarchischen Selbstverständnisses.
Was uns eint, ist die Hands-on-Mentalität. Wir sind nicht nur strategisch unterwegs, sondern steigen bei Bedarf tief in technische Diskussionen ein – bis hinunter auf Code-Ebene. Wenn ein Kollege oder Kunde ein Problem hat, setzen wir uns zusammen, analysieren es gemeinsam und erarbeiten pragmatische Lösungen. Dieser direkte, lösungsorientierte Zugang ist für uns zentral. Er spiegelt auch die Kultur von Nagarro wider: Wir organisieren uns ohne starre Hierarchien, setzen auf Eigenverantwortung und auf den Dialog – mit Kunden wie mit unseren eigenen Teams.
Was ein Nagarro-CTO unterscheidet, ist weniger die formale Rolle – sondern die Haltung. Nicht verwalten, sondern gestalten. Nicht dirigieren, sondern inspirieren. Und dabei immer so nah an der Technik, dass die Lösungen nicht nur visionär, sondern auch umsetzbar sind.

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