Alfred Hiebl, Managing Director und Miteigentümer der MIC Group, schildert im Gespräch mit der COMPUTERWELT, was wir aus dem Jahr 2021 für die Zukunft mitnehmen können, erklärt, wie sich die Corona-Krise und New Work auf uns auswirken und skizziert die wichtigsten IT-Trends für das kommende Jahr. [...]
Wie wird sich die Corona-Krise Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf die IT-Branche, auf Unternehmen bzw. auf unsere Gesellschaft auswirken?
Ich denke, die Coronakrise hatte auf viele Themen in der IT-Branche in erster Linie ein enormen Verstärkungs- und Beschleunigungseffekt. In vielen Bereichen schreitet die Digitalisierung dadurch viel schneller voran, als das vielleicht sonst passiert wäre. Um nur ein kleines Beispiel zu nennen: Für unsere Kunden war es vor der Krise selbstverständlich, dass Workshops für größere Implementierungsprojekte persönlich und vor Ort stattfinden. Heute ist es normal, dass Projekte fast ausschließlich über Online-Meetings abgewickelt werden. Ich würde glauben, dass vor-Ort-Besuche vielleicht wieder mehr werden, aber kaum mehr auf das vor-Corona Ausmaß kommen.
Was waren Ihre beruflichen bzw. persönlichen Highlights im Jahr 2021?
Die Digitalisierungsinitiativen sind in unserem Geschäftsbereich wieder auf vor-Corona-Niveau. Im Gegenteil erleben wir sogar noch zusätzlich eine Art Nachholeffekt. Für uns war 2021 daher ein sehr herausforderndes, aber auch ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir werden heuer deutlich stärker wachsen als erwartet, wir werden eines unserer besten Ergebnisse erzielen und schauen sehr positiv ins nächste Jahr.
Welche Themen sollten Ihrer Meinung nach im kommenden Jahr auf der Agenda von IT-Managern ganz oben stehen und warum bzw. welche IT-Themen werden 2022 eine besonders wichtige Rolle spielen?
Wie medial zuletzt oft beleuchtet, ist es nach der Krise für multinationale Unternehmen essenziell, ihre globalen Lieferketten wieder in Gang zu bekommen und abzusichern. Dabei müssen natürlich auch die IT-Lösungen entsprechend unterstützt werden, z.B. bei Sourcing-Entscheidungen usw. Gleichzeitig müssen sie weiterhin Zoll- und Trade-Compliance-Kosten reduzieren, um wettbewerbsfähig zu sein, also unter anderem weiter in Software (Global Trade Management), IT-Infrastruktur, Automatisierung usw. investieren. Digitalisierung bleibt daher auf absehbare Zeit das zentrale Thema in unserem Geschäftsbereich, mit einem prognostizierten Wachstum von 8 bis 10 Prozent.
Die letzten beiden Jahre standen im Zeichen der Pandemie und beschleunigten die Digitalisierung und brachten uns Hybrid-Arbeitsmodelle. Nach der Pandemie gilt es die nächste – größere – Krise zu bewältigen, die Klimakrise. Wie schätzen Sie müssen sich Unternehmen in punkto Nachhaltigkeit umstellen? Welche konkrete Maßnahmen planen sie/plant Ihr Unternehmen für 2022 und darüber hinaus?
Mit dem globalen Ziel von max. 2° Celsius, möglichst 1,5° Celsius Erwärmung aus dem Paris Agreement liegen ja mittlerweile auch klare Commitments der EU (minus 55 Prozent CO2 bis 2030) und Österreichs (minus 55 Prozent bis 2030, Klimaneutralität im Jahr 2040) auf dem Tisch. Um das zu erreichen, haben wir letztes Jahr unser CSR-Programm (Corporate Social Responsibility) aufgesetzt, in dem wir das gesamte Thema Nachhaltigkeit betrachten, im Speziellen aber auch unsere CO2-Ziele definieren, Maßnahmen formulieren und verfolgen. Wir wollen unseren CO2-Footprint sauber messen und planen, die gesetzten Reduktionsziele deutlich vor 2030 bzw. 2040 zu erreichen.
Um auch möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter persönlich zu involvieren und zu begeistern, sind wir unter anderem Mitglied der Glacier Community und bilden einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Climate Rangern aus.
Wie gut ist ihr Unternehmen bzw. wie gut sind österreichische Unternehmen im Allgemeinen für New Work – also verteilte Teams, Home Office, hybride Arbeitsmodelle etc. – aufgestellt?
Als wir im ersten Lockdown innerhalb eines Tages alle Kolleginnen und Kollegen ins Home Office geschickt haben, waren wir zugegebener Maßen schon etwas nervös. Aber eigentlich hat das ab Tag eins super funktioniert. Wir haben derzeit eine dauerhafte 60-zu-40-Regelung (40 Prozent Home Office), die wir auch nach Corona weiterführen wollen. Jetzt im Lockdown haben wir Home Office wieder komplett freigegeben. Wir zahlen eine Home-Office-Pauschale bzw. bieten auch Zuzahlungsmodelle für IT-Ausstattung und ergonomische Ausstattungen.
Geographisch verteilte Teams hatten wir aufgrund unserer internationalen Standorte bereits vor Corona, ebenso mit unseren mittlerweile vier Standorten in Österreich (Headquarter in Linz, Salzburg, Hagenberg, Wien). Wir errichten gerade unser neues Headquarter für 500 Arbeitsplätze in Linz, das wir bereits voll auf ein hybrides Arbeitsmodell auslegen. Das Gebäude wird außerdem besonders nachhaltig (ÖGNI Gold Standard) errichtet.
Glauben Sie, dass sich die angespannte Situation beim Thema IT-Fachkräftemangel in den kommenden Jahren bessern wird? Was kann man in diesem Bereich tun?
Ich denke, dass der Mangel an IT-Fachkräften in den kommenden Jahren eher noch größer wird. Die meisten Experten scheinen sich einig zu sein, dass der aktuelle Digitalisierungstrend weiter gehen wird. Ebenso ist die demographische Entwicklung der nächsten Jahre absehbar. In Kombination ist schwer zu erkennen, wie sich die Situation kurzfristig bessern könnte.
MINT-Ausbildungen zu bewerben, die Ausbildungsmöglichkeiten auszubauen (z.B. wie die derzeit in Oberösterreich geplante Technische Universität), IT-Lehren usw. sind sicher ein Gebot der Stunde. Solche Maßnahmen wirken meiner Einschätzung nach aber eher langfristig, denn zusätzliche Absolventinnen und Absolventen werden frühestens in einigen Jahren auf den Jobmarkt kommen. Kurzfristig könnte man eventuell noch stärker den Zuzug von IT-Fachkräften forcieren und die Ausbildung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern in die IT unterstützen.
Dieser Artikel ist Teil einer Interviewserie, für den die COMPUTERWELT rund 50 Top-Manager aus der IT-Branche befragt hat. Weitere Interviews lesen Sie in den nächsten Wochen auf itwelt.at.
Sehr löblich. Gerade in der IT-Branche bekommen wir mit, dass Anreize für Homeoffice Jobs gezahlt werden. Diese Effekte zahlen sich langfristig auch aus.