Der ERP-Spezialist Proalpha sieht eine seiner Aufgabe darin, eine Balance zwischen Fortschritt und Kundenintegration zu finden, damit die Reise in die digitale Zukunft für alle Beteiligten erfolgreich wird. ITWelt.at sprach mit Alexander Krauter, Product Strategy Manager bei Proalpha. [...]
Wie hat die Cloud-Technologie die Arbeitskultur verändert? War sie eher ein unterstützender Faktor oder der eigentliche Treiber dieser Veränderung?
Ich würde sagen, die Cloud hat die Arbeitskultur vor allem unterstützt. Wir waren in vielen Bereichen schon vor der Pandemie mit Cloud-Anwendungen unterwegs. Denken Sie beispielsweise an Reisekostenabrechnungen oder die Buchung von Urlaubszeiten – solche Prozesse liefen häufig über kleine, cloud-native Apps, die sich problemlos an bestehende Systeme anbinden ließen.
Ein großer Wandel bestand darin, dass wir in der Entwicklung nun komplett auf Cloud-Plattformen arbeiten. Unsere Deployment-Systeme und Entwicklungsumgebungen hosten wir bei Hyperscalern wie AWS.
Ein deutlicher Vorteil dieser Infrastruktur ist ihre Flexibilität. Wenn wir beispielsweise für einen Lasttest kurzfristig mehr CPU-Leistung oder Arbeitsspeicher benötigen, können wir das mit einem Knopfdruck skalieren. Innerhalb von 30 Minuten starten wir den Test – und das für überschaubare Kosten. Sobald wir die Ressourcen nicht mehr benötigen, schalten wir sie einfach wieder ab.
Das ist eine enorme Erleichterung, wenn man bedenkt, dass man früher eventuell einen Mainframe im eigenen Keller stehen haben musste, nur um ihn zwei Mal im Jahr für einen Lasttest zu nutzen. Diese Flexibilität und Effizienz sind klare Vorteile, die uns die Cloud bietet.
Lange Zeit galt die Meinung, dass ERP-Systeme und die Cloud nicht zusammenpassen. Hat sich diese Einstellung geändert?
Noch vor acht Jahren war tatsächlich die Meinung verbreitet, dass ERP-Systeme und Cloud- Technologien schwer miteinander vereinbar seien. Doch wir haben damals mit den ersten Kundenprojekten begonnen – und das oft aus einem ganz praktischen Bedürfnis heraus. Viele Kunden, vor allem kleinere und mittelständische Unternehmen, hatten schlicht nicht die personellen Ressourcen, um ihre ERP-Systeme vor Ort zu betreuen. Häufig ist es so, dass ein einzelner IT-Verantwortlicher im Unternehmen für alles zuständig ist – von der E-Mail-Verwaltung über Office-Lösungen bis hin zu Hardwareproblemen. Einen ERP-Server zusätzlich zu managen, ist da schlicht nicht machbar.
So entstand die Idee, diese Unternehmen durch Cloud-basierte Lösungen zu entlasten. Heute bieten wir eine Cloud-Plattform, die auf AWS basiert und alle Anforderungen im ERP-Bereich abdeckt. Immer mehr Unternehmen ziehen diese Option in Betracht, gerade wenn ein größeres Update ansteht. Dann wechseln viele gleich in die Cloud.
Natürlich gibt es auch Unternehmen, die der Meinung sind, dass die Daten im Haus bleiben sollen. Das ist eine Denkweise, die langfristig zurückgehen wird, aber momentan noch stark verbreitet ist.
Es gibt aber auch Gegenentwürfe in Unternehmen, die die Vorteile von Mietmodellen schnell nutzen wollen: keine hohen Einmalinvestitionen, immer aktuelle Hard- und Software, planbare Kosten und eine schnelle Bereitstellung. Das sind die Unternehmen, die SaaS-Lösungen schätzen und sich aktiv für die Cloud entscheiden. Hier spielt die Flexibilität der Cloud eine zentrale Rolle, denn sie ermöglicht es, moderne ERP-Systeme effizient und bedarfsgerecht zu nutzen.
Welche Rolle spielt der CFO bei der Entscheidung für Cloud-Lösungen?
Ich denke, dass man die Rolle des CFO in diesem Zusammenhang nicht unterschätzen sollte. Während die IT-Abteilung oft ein bis zwei Schritte voraus ist und die Cloud primär aus einer technischen Perspektive betrachtet, gestaltet sich der Transformationsprozess für die restliche Organisation häufig langsamer. Hier kommt der CFO ins Spiel, denn finanzielle Überlegungen sind bei der Einführung von Cloud-Lösungen ein zentraler Aspekt.
Gerade im ERP-Bereich stellt sich für CFOs die Frage: Kann ich ein entsprechendes System zukünftig für einen kalkulierbaren, überschaubaren Betrag mieten, statt große Investitionen zu tätigen und Kapital langfristig in Hardware zu binden? Der Gedanke, keine teuren Server mehr anschaffen und warten zu müssen, sondern eine flexible, skalierbare Lösung zu nutzen, die auf Bedarf anpassbar ist, spricht viele Finanzentscheider an. Das macht die Cloud nicht nur aus technischer Sicht, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Perspektive besonders attraktiv.
Sind CFOs auch aus vertrieblicher Sicht interessant?
Ja, CFOs stehen bei uns definitiv im Fokus. Der Wettbewerbsdruck für Unternehmen wird immer intensiver, die Märkte und politische Regulatorik verändern sich mit hoher Geschwindigkeit, und wir sehen uns zusätzlich mit geopolitischen Herausforderungen konfrontiert. In diesem Kontext spielt das Thema Finanzen eine zentrale Rolle.
Unternehmen müssen wettbewerbsfähige Preise anbieten und zugleich ihre Margen sichern, um den eigenen Betrieb am Laufen zu halten. Genau hier setzen wir an. Unser Ansatz lautet „Empower the CFO“, das auch bei unserem Gruppenunternehmen Corporate Planning verfolgt wird. Es geht darum, der Rolle des CFOs mehr Gewicht zu verleihen und sie gezielt mit den richtigen Werkzeugen auszustatten.
Gleichzeitig schauen wir natürlich auf die technologische Basis. Mit einer einheitlichen Cloud-Plattform, unterstützt durch KI, schaffen wir die Voraussetzungen, um Unternehmen agiler und effizienter zu machen. Diese Kombination ermöglicht es, Finanzprozesse nicht nur zu optimieren, sondern auch strategisch besser aufzustellen – und genau das kann einen großen Unterschied im Wettbewerb machen.
Wie helfen Sie Unternehmen beim Umstieg auf die Cloud?
Unsere Plattform ist darauf ausgelegt, Unternehmen auf ihrer Cloud-Reise gezielt zu unterstützen, und wir haben dafür ein neues Angebot entwickelt: ein sogenanntes Trial-Paket. Damit möchten wir Kunden den Übergang in die Cloud erleichtern – insbesondere diejenigen, die seit vielen Jahren auf ein bewährtes und stabiles On-Premise-ERP-System setzen. Diese Systeme laufen rund um die Uhr zuverlässig, und die Kunden wissen genau, was sie daran haben.
Gleichzeitig rückt die Cloud immer mehr in den Fokus. Viele Unternehmen nutzen bereits Cloud-basierte Anwendungen, insbesondere im Bereich CRM, was heute nahezu Standard ist. Wir beobachten, dass die Akzeptanz der Cloud zunimmt, je weniger eine Anwendung produktionskritisch ist. CRM, Belegverarbeitung oder Wissensmanagement sind Beispiele für Bereiche, in denen Cloud-native Systeme wie GEDYS, DIG oder Empolis in unserem Proalpha Ökosystem schon heute erfolgreich eingesetzt werden.
Wenn es jedoch um produktionssensitive Themen wie Produktionsplanung oder -steuerung geht, agiert der Mittelstand oft noch zurückhaltend. Besonders heikel sind CAD-Daten – das Gold des Maschinenbaus. Hier zeigt unsere Erfahrung, dass die Mehrheit der Kunden ihre Daten vorerst nicht in die Cloud verlagern möchte.
Unsere Plattform vereint daher die Flexibilität der Cloud mit den spezifischen Anforderungen unserer Kunden. Mit KI-gestützten Funktionen bieten wir entlang der Wertschöpfung zudem neue Möglichkeiten, etwa im Bereich Wissensmanagement oder Serviceprozesse. So schaffen wir eine hybride Lösung, die sowohl modern als auch sicher ist.
Stichwort Sicherheit: Welche Rolle spielt diese in Ihrer Strategie?
Sicherheit ist ein zentrales Thema, besonders in der Cloud. Bei der Ursachenanalyse von Cybervorfällen zeigt sich oft, dass die Schwachstellen nicht an der Cloud selbst liegen, sondern an der Nutzung. Ein Beispiel: Wenn Passwörter auf Notizzetteln unter der Schreibtischunterlage aufbewahrt werden, bietet das Einfallstore, die nichts mit der Cloud-Technologie an sich zu tun haben.
Deshalb setzen wir stark auf Sensibilisierung und Sicherheitsstandards. Multifaktor-Authentifizierung ist bei unseren Cloud-Systemen verpflichtend. Einfaches Login mit Nutzername und Passwort ist nicht mehr akzeptabel. Trotzdem begegnen wir in der Praxis immer wieder Unternehmen, die diese Standards nicht umsetzen können – sei es aus technischen oder organisatorischen Gründen. Wir beraten, begleiten und finden gemeinsam Lösungen.
Ein Beispiel aus der Pandemiezeit: Kunden, die eine Zwei-Faktor-Authentifizierung per App nicht umsetzen konnten, weil die Endgeräte fehlten, haben wir Alternativen wie eine E-Mail-basierte Lösung angeboten. Nicht perfekt, aber ein Fortschritt gegenüber reinem Passwortschutz. Wichtig ist, die Kunden auf dieser Reise mitzunehmen, statt sie mit überstürzten Maßnahmen zu überfordern.
Darum verfolgen wir den Ansatz der Evolution statt Revolution. Mit Angeboten wie Trial-Services ermöglichen wir Unternehmen, die Cloud risikofrei zu testen. Sie können beispielsweise eine vollständige ERP-Installation in der Cloud für drei Monate ausprobieren, inklusive aller Zugänge und Funktionen. So erleben sie selbst, wie sich die Arbeit mit einem Web-Frontend anfühlt.
Doch es geht nicht nur um Technologie. Der Mensch bleibt ein entscheidender Faktor. Wenn Mitarbeitende ablehnend reagieren – sei es wegen VPN-Verbindungen oder neuen Arbeitsweisen – entstehen Reibungen, die den Wandel bremsen können. Deshalb sehen wir es als unsere Aufgabe, nicht nur sichere Systeme zu schaffen, sondern auch die Akzeptanz zu fördern und Hindernisse gemeinsam zu überwinden.
Wie erleichtern Sie Unternehmen den Einstieg in die Cloud und den Test der Systeme unter realen Bedingungen?
Wir bieten Unternehmen die Möglichkeit, unsere Cloud-Lösungen ganz praktisch zu testen – entweder mit einer Proalpha-Testdatenbank oder, wenn gewünscht, auch mit den eigenen Echtdaten. Letzteres setzt voraus, dass die Daten kompatibel sind, was nicht immer zu 100 Prozent der Fall ist. Dennoch können Unternehmen so etwa 95 Prozent ihres Tagesgeschäfts simulieren und erhalten ein sehr realistisches Bild davon, wie die Cloud in ihrem speziellen Umfeld funktioniert.
Dieses Angebot stößt auf großes Interesse. Bei unserer letzten Anwenderkreistagung in Frankenthal war die Resonanz äußerst positiv. Viele Kunden sagten direkt, sie würden es gerne ausprobieren. Oft stellt sich dabei die Frage nach der Performance, insbesondere in Bezug auf die lokale Bandbreite.
Deutschland hat nicht überall flächendeckend schnelles Internet – Fiber to the desk, wie man so schön sagt –, ist vielerorts noch Zukunftsmusik.
Genau hier setzen wir an: Mit unserem Testangebot können Unternehmen an ihrem eigenen Standort ausprobieren, ob die Cloud zuverlässig funktioniert und die Performance stimmt. Wir liefern dafür nicht nur die technischen Systeme, sondern auch ausführliche Dokumentationen und Empfehlungen.
Das direkte Testen vor Ort schafft oft die nötige Sicherheit. Kunden erleben selbst, wie stabil und effizient die Lösung läuft, und merken, dass Sorgen – etwa vor Hardwareausfällen – der Vergangenheit angehören. Dieses praxisnahe Vorgehen erleichtert die Entscheidung für die Cloud und gibt unseren Kunden die Bestätigung, dass sie auf dem richtigen Weg sind.
Wie beeinflusst die Umstellung auf Cloud-ERP die Denkweise von Unternehmen hinsichtlich Standardsoftware und individueller Anpassungen?
Im ERP-Bereich haben wir es traditionell mit sehr langen Laufzeiten zu tun. Kunden nutzen ihre Systeme oft sieben bis zehn Jahre oder länger. Daher geht es bei der Entscheidung für die Cloud selten darum, das bestehende System einfach zu migrieren. Vielmehr sehen wir, dass solche Projekte einen größeren Fokus erhalten: Kunden wollen gleich das neueste ERP-Release einzuführen.
Dabei analysieren sie auch, welche individuellen Modifikationen in der Vergangenheit vorgenommen wurden. Oft stellen sie fest, dass Funktionen, die früher individuell entwickelt werden mussten, inzwischen im Standard des Produkts enthalten sind. Dies führt zu einem Umdenken: Statt die Software umfassend anzupassen, erkennen viele Unternehmen die Vorteile, die Standardsoftware bietet – sei es durch geringeren Wartungsaufwand oder eine höhere Zukunftssicherheit.
Das Konzept „back to the roots“ wird zunehmend populär. Die Einsicht, dass es sinnvoller ist, die eigenen Prozesse an die Software anzupassen, statt umgekehrt, gewinnt an Bedeutung. Dies gilt umso mehr im Cloud-Umfeld, wo individuelle Anpassungen komplexer und kostenintensiver sein können.
Warum sollte man bei einer Cloud-Migration die eigenen Prozesse kritisch prüfen?
Eine Cloud-Migration, insbesondere in Kombination mit einem Release-Wechsel, ist ein idealer Zeitpunkt, um bestehende Prozesse zu hinterfragen. Es lohnt sich, kritisch zu prüfen, ob die Abläufe, die vor zehn Jahren implementiert wurden, heute noch zeitgemäß und effizient sind.
Mit unserer umfassenden Beratungserfahrung, speziell in der fertigenden Industrie, empfehlen wir, einen genauen Blick auf die vorhandenen Industrietemplates zu werfen. Die Standards basieren auf Best Practices und wurden über Jahre hinweg optimiert. Sie bieten eine solide Grundlage, um Prozesse effizient zu gestalten und die Einführung der Cloud-Software zu beschleunigen.
Welche Rolle spielt Proalpha in diesem Prozess?
Wir übernehmen hier bewusst eine beratende Funktion. Das ist auch der Grund, warum wir spezialisierte Industriepakete anbieten, sei es für den Maschinenbau, den Großhandel oder stark regulierte Branchen wie die Automobilindustrie. Diese Pakete basieren auf tiefgehendem Knowhow und spezifischer Expertise. Sie ermöglichen es uns, Unternehmen zielgerichtet zu unterstützen und ihre Migration auf Cloud-Technologien nicht nur technisch, sondern auch prozessseitig optimal zu begleiten.
Wie kann künstliche Intelligenz bei der Optimierung von Prozessen helfen?
Künstliche Intelligenz ist ein großartiges Werkzeug, wenn sie gezielt eingesetzt wird. Sie ist sicherlich kein Allheilmittel, genauso wenig wie die Cloud ein universeller Problemlöser ist. Aber KI kann ein entscheidender Enabler sein, der insbesondere bei wiederkehrenden Aufgaben enorme Vorteile bietet.
Ein klassisches Beispiel ist die Verarbeitung von Belegen. In unseren Produkten unterstützt KI bereits dabei, solche Aufgaben erheblich zu beschleunigen. Wenn beispielsweise täglich 350 Eingangsrechnungen digitalisiert und mit den Wareneingängen abgeglichen werden müssen, spart KI hier nicht nur Zeit, sondern auch Ressourcen.
Ein weiterer spannender Anwendungsfall ist die Prozessoptimierung bei komplexen Produktionsanfragen. Stellen wir uns vor, ein Kunde möchte 5.000 Fahrräder mit einer speziellen Schaltung bestellen. Hier setzt KI an, indem sie verschiedene Systeme vernetzt und Abläufe automatisiert.
Zunächst könnte eine Wissensdatenbank abgefragt werden: Gibt es bereits Erfahrungen mit einem ähnlichen Auftrag? Sind technische Zeichnungen vorhanden? Parallel prüft das ERP-System, wann solche Fahrräder zuletzt bestellt wurden und wie lange die Lieferzeit betrug.
Anschließend kommen weitere Tools ins Spiel: Ein System wie DIG könnte Marktplätze analysieren und alternative Lieferanten vorschlagen, die Komponenten schneller liefern können. Tisoware übernimmt die Personalplanung, um die Montage sicherzustellen. Schließlich könnte eine Plattform wie Enit analysieren, welche Produktionsvariante am energieeffizientesten oder CO₂-neutralsten ist.
Mit solchen intelligenten Anwendungen ermöglicht KI nicht nur reibungslose Abläufe, sondern auch die schnelle Umsetzung komplexer Use Cases, die ohne diese Unterstützung deutlich länger dauern würden. Und genau dafür haben wir erst kürzlich im Rahmen unseres größten Kundenevents mit über 750 Teilnehmenden die Proalpha Industrial AI Platform vorgestellt. Wir sprechen hier von einem durchgängigen Angebot für den konkreten, praxisgetriebenen und replizierbaren Einsatz von Artificial Intelligence im industriellen Mittelstand.
Die Plattform stellt einen Katalog von mehr als 30 AI Business Apps für Kernprozesse entlang zentraler Geschäftsbereiche für die unternehmerische Wertschöpfung bereit – vom Einkauf und der Produktion, über den After-Sales bis hin zum Service. Weitere 100 AI Apps sind bereits identifiziert und in der Entwicklung. Sie kann zudem auch nahtlos an Drittanbieter-Systeme angebunden werden. Die Plattform bietet Unternehmen eine ganzheitliche Datenintelligenz und kann über die jeweiligen vorpaketierten AI Apps – je nach Einsatzszenario – sowohl strukturierte (wie Tabellen im Einkauf) als auch unstrukturierte Daten (wie Dokumente oder Notizen und Wissen aus dem Service) verarbeiten. Damit wird das ready-to-use AI App-Portfolio auch für den industriellen Mittelstand einfach zugänglich, und somit zum echten Game Changer in einer zunehmend wirtschaftlich herausfordernden Zeit.
Wie hilft Proalpha Home Unternehmen dabei, ihre Prozesse zentral zu organisieren?
Proalpha Home fungiert als zentrales Dashboard, das eine Vielzahl von Funktionen und Aufgaben an einem zentralen Ort bündelt. Das Besondere daran: Jeder neue On-Premise-Kunde hat damit bereits einen Einstieg in die Cloud-Welt. Proalpha Home ist eine vollständig Cloud-native und plattformbasierte Anwendung, die in der gesamten Proalpha Gruppe eingesetzt wird. Eine Installation auf einem lokalen Server, etwa im Keller des Kunden, ist nicht vorgesehen. Damit bieten wir unseren Kunden bereits ein Stück Cloud-Technologie, das sicher und einfach genutzt werden kann.
Wichtige Sicherheitsstandards wie Multifaktor-Authentifizierung sowie Identity- und Access- Management sind hier direkt integriert. Zusätzlich ermöglichen wir, bestehende Systeme wie die Entra ID des Kunden zu föderieren. Das bedeutet, Single Sign-On kann über die gesamte Applikationskette hinweg genutzt werden – ein großer Vorteil für eine nahtlose Benutzererfahrung.
Proalpha Home ist mehr als nur ein Einstiegspunkt in unsere Business-Welt – es bietet echte Personalisierung. Statt mit einer unübersichtlichen Stammdatentabelle konfrontiert zu werden, können Nutzer ihre Widgets so konfigurieren, dass sie genau die Informationen erhalten, die sie benötigen.
Das Dashboard gleicht einem Cockpit im Auto: Während der Tacho oder Drehzahlmesser unverzichtbar sind, entscheidet der Fahrer, ob die Anzeige der Öl- oder Wassertemperatur wichtiger ist. Ähnlich kann jeder Anwender in Proalpha Home rollenbasiert festlegen, welche Kennzahlen und Aktionen für ihn relevant sind.
So entsteht ein personalisiertes Arbeitsumfeld, das nicht nur die Effizienz steigert, sondern auch eine schnelle Reaktion ermöglicht – beispielsweise, wenn ein rotes Warnsignal aufleuchtet und Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Wie sieht es mir einer branchenübergreifenden Nutzung aus?
Proalpha Home ist nicht nur der zentrale Einstiegspunkt ins Proalpha-Ökosystem, sondern auch eine Schnittstelle, die Anwendern den Zugang zu weiteren, spezialisierten Systemen ermöglicht. Über entsprechende Verlinkungen können Nutzer von einer Übersichtsebene in dedizierte Anwendungen eintauchen, die detaillierte Informationen und Funktionen zu spezifischen Sachverhalten bereitstellen.
Was Fremdsysteme betrifft, ist die Technologie bereits so ausgelegt, dass nahezu alles integriert werden kann – theoretisch sogar eine Wetter-App. Dieser Ansatz zeigt, wie flexibel und vielseitig die Lösung ist. Wenn man diesen Ansatz weiterdenkt: Proalpha versteht sich heute als Cloud- und KI-Anbieter, der über die Grenzen des eigenen ERP hinausgeht. Das zeigt sich besonders in der Zusammenarbeit mit unseren Gruppenunternehmen.
Ein Beispiel dafür ist Corporate Planning, dessen Kunden größtenteils keine Proalpha ERP-Nutzer sind. Viele von ihnen verwenden beispielsweise SAP. Trotzdem können sie unsere Lösungen wie Nemo oder Empolis problemlos nutzen. Hier setzen wir an: Unser Ziel ist es, eine universelle Industrieplattform zu schaffen, die allen Unternehmen offensteht – unabhängig von ihrem bestehenden ERP-System.
Natürlich wäre es kein Nachteil, wenn ein SAP-Kunde durch den Einsatz unserer Produkte langfristig zu Proalpha wechseln würde. Wenn ein Kunde beispielsweise Empolis für Wissensdatenbank- oder Content-Management einsetzt und feststellt, dass unsere Technologie seine Anforderungen optimal erfüllt, steht einer Zusammenarbeit nichts im Weg. Wir sehen uns als Partner für Unternehmen, die durch KI und moderne Cloud-Technologien ihre Prozesse optimieren möchten – unabhängig von ihrer aktuellen Systemlandschaft.
Inwieweit kann Proalpha Unternehmen mittels Automatisierung und Standardisierung entlasten?
Das Thema Automatisierung im Reporting, besonders bei Routineaufgaben und regulatorischen Anforderungen, ist ein Bereich, in dem wir als ERP-Anbieter definitiv unterstützen können. Der Schlüssel liegt dabei in der Standardisierung: Durch den Einsatz standardisierter Verfahren und Produkte lassen sich Prozesse effizienter gestalten und Unternehmen werden spürbar entlastet. Gleichzeitig ist es wichtig, klar zu trennen, welche Bereiche zum Standard gehören und wo individuelle Anpassungen notwendig sind, um spezifische Anforderungen zu erfüllen.
Diese Transformation ist jedoch keine Aufgabe, die allein durch den Hersteller bewältigt werden kann. Es handelt sich um eine Lernkurve, die wir gemeinsam mit unseren Kunden durchlaufen müssen. Der Erfolg hängt stark davon ab, wie eng wir mit unseren Kunden zusammenarbeiten und sicherstellen, dass wir nicht zu weit voraus sind. Denn die digitale Transformation ist ein Prozess, den wir nur gemeinsam meistern können. Wir müssen uns den unterschiedlichen Digitalisierungsgeschwindigkeiten unserer Kunden anpassen, sonst entstehen unnötige Hürden, die den Fortschritt hemmen könnten.
Unsere Aufgabe ist es, eine Balance zwischen Fortschritt und Kundenintegration zu finden, damit diese Reise in die digitale Zukunft für alle Beteiligten erfolgreich gestaltet wird.
Wie prägt die neue ERP-Abteilung mit Michael Wüstemeier an der Spitze das Selbstverständnis und die Weiterentwicklung von Proalpha?
Die Etablierung einer eigenen, dedizierten ERP-Abteilung ist ein zentraler Schritt, der nicht nur organisatorisch, sondern auch kulturell etwas verändert. Mit Christoph Kull haben wir einen Präsidenten für den Bereich Business Applications, der diesen neuen Geist in die gesamte Organisation trägt. Es geht dabei nicht mehr um eine hierarchische Sicht, in der das ERP-System als „Sonne“ im Mittelpunkt steht, um die sich alles dreht. Vielmehr verstehen wir uns heute als Plattform mit gleichwertigen Komponenten entlang der Wertschöpfung, die Hand in Hand arbeiten. Dieser Wandel im Mindset ist essenziell.
Natürlich bleibt das ERP wichtig, vor allem, weil es geschäftskritische Daten enthält. Aber die moderne Herangehensweise, beispielsweise mit Data Lakes, erlaubt es uns, Daten aus verschiedenen Systemen – ob ERP, CRM oder Personalmanagement – zu sammeln und zu nutzen. Diese Daten sind der Treibstoff für Innovationen, insbesondere im Bereich künstlicher Intelligenz. Mit KI können wir Muster und Anomalien erkennen und konkrete Handlungsempfehlungen geben.
Ein gutes Beispiel: Wenn ein Kunde über Jahre hinweg ein bestimmtes Bestellverhalten zeigt, kann die KI Vorhersagen treffen. Das ermöglicht es, Verkaufsstrategien zielgerichtet zu gestalten. Dabei sehen wir KI nicht als Selbstzweck, sondern als Werkzeug, das echten Mehrwert im Tagesgeschäft liefert.
Das Ziel von Proalpha ist es, solche KI-gestützten Anwendungen gemeinsam mit unseren Kunden zu entwickeln und sicherzustellen, dass diese Technologie ihren Arbeitsalltag messbar verbessert. Nur so entfaltet KI ihr volles Potenzial und rechtfertigt den Hype, den sie derzeit erfährt.
Welche Strategie verfolgen Sie mit der Übernahme des niederländischen ERP-Anbieters MKG?
Die Übernahme von MKG war für uns ein strategischer Schritt, um ein Marktsegment zu erschließen, das bisher nicht im Fokus von Proalpha stand. Mit MKG können wir Unternehmen mit bis zu 100 Anwendern ansprechen – vor allem in der metallverarbeitenden Industrie, einer sehr spezialisierten Branche. Hier geht es um Bereiche wie Zerspanung oder Schweißen, eine Welt mit ganz eigenen Anforderungen, die MKG hervorragend abdeckt.
Darüber hinaus war MKG auch technologisch ein perfekter Fit. Es handelt sich um ein Cloud-basiertes Multi-Tenant-ERP-System, das – wie Proalpha – auf Progress-Technologie basiert. Diese gemeinsame Grundlage ermöglicht uns, Synergien zu schaffen, sowohl in der Produktentwicklung als auch bei der Integration. Die Entscheidung, MKG ins Boot zu holen, war daher aus mehreren Perspektiven sinnvoll.
Welche strategischen Schwerpunkte setzt Proalpha mittelfristig?
Gruppenstrategisch gibt es drei zentrale Themen, die uns derzeit beschäftigen und auch weiterhin prägen werden: künstliche Intelligenz, Cloud-Lösungen und Integration.
KI ist für uns ein Bereich, der sukzessive in all unsere Produkte einfließen wird. Es ist ein integraler Bestandteil unserer Weiterentwicklung und wird künftig überall in unserem Portfolio zu finden sein.
Das zweite große Thema ist die Cloud. Einige unserer Gruppenunternehmen arbeiten bereits vollständig Cloud-nativ, das entsprechende Angebot wollen wir weiter ausbauen. Ein Beispiel aus der Praxis: Viele On-Premise-Kunden wünschen sich ein Warm-Standby-System in der Cloud. Sie möchten ein Backup, das in regelmäßigen Abständen – beispielsweise alle fünf oder zwölf Stunden – aktualisiert wird. Der Vorteil: Dieses Backup befindet sich außerhalb des eigenen Netzwerks. Das schützt im Fall eines Hackerangriffs, wenn das lokale Netzwerk kompromittiert wird. Solche Lösungen helfen Kunden, die Vorteile der Cloud Schritt für Schritt kennenzulernen. Häufig starten sie mit einem Backup und entscheiden sich später, bei einem Update, für einen vollständigen Wechsel in die Cloud. Unsere Strategie ist es, diese Migration behutsam und flexibel zu begleiten.
Ein Sonderfall sind Applikationen wie Empolis, die ausschließlich als Cloud-native Anwendungen verfügbar sind. Hier haben die Kunden keine Wahlmöglichkeit, während beim ERP weiterhin Flexibilität herrscht. Wer sein ERP vor Ort betreiben möchte, kann dies tun und es gleichzeitig mit cloud-basierten Services verknüpfen.
Der dritte zentrale Punkt unserer Strategie ist die Integration. Kunden benötigen zuverlässige Vernetzung, sowohl auf Datenebene mit standardisierten Schnittstellen für Drittsysteme als auch über eine harmonisierte Benutzeroberfläche. Hier kommt, wie bereits beschrieben, Proalpha Home ins Spiel. Unsere Kunden schätzen diese Integration sehr und bestätigen, dass wir mit diesem Ansatz genau die richtige Richtung eingeschlagen haben.
Bedeutet das, dass Sie Kunden auf hybride Cloud-Reise führen, um das Vertrauen in diese Technologie zu stärken?
Ganz genau. Bei uns gibt es nicht den einen, starren Weg in die Cloud – wir bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, abgestimmt auf die Bedürfnisse und den Reifegrad unserer Kunden. Das Ziel ist es, Vertrauen zu schaffen. Schließlich kommen wir aus einer Historie von über 30 Jahren als On-Premise-ERP-Anbieter. Da fragen sich manche Kunden verständlicherweise: Könnt ihr das überhaupt?
Unsere Antwort lautet: Ja, wir können es – und wir beweisen es täglich. Wir haben ein dediziertes Cloud Operations Team, das ausschließlich die Cloud-Systeme betreut. Ein interner Security-Beauftragter überprüft kontinuierlich die Sicherheit unserer Infrastruktur. Darüber hinaus führen wir regelmäßige Penetrationstests durch, wobei wir die beauftragten Agenturen bewusst wechseln, um von unterschiedlichen Perspektiven zu lernen. Diese Maßnahmen haben sich bewährt, unsere Cloud-Systeme sind stabil und sicher. Wir bewegen uns auf Augenhöhe mit anderen führenden Anbietern.
Das Vertrauen unserer Kunden ist uns besonders wichtig, gerade weil wir in einer traditionell konservativen Branche unterwegs sind. Unsere Kunden schätzen es, dass sie sich bei uns gut aufgehoben fühlen und mit uns auf Augenhöhe sprechen können. Wenn wir empfehlen, den nächsten Schritt in Richtung Cloud zu gehen, tun wir dies aus einer fundierten Beratungsperspektive heraus. Und wir setzen auf Wahlmöglichkeit: Wo das ERP-System läuft, entscheidet der Kunde.
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