Von der SharePoint-Entwicklung bis zu maßgeschneiderten Cloud-Architekturen: Timewarp blickt auf zwei Jahrzehnte IT-Geschichte zurück. Geschäftsführer Rainer Schneemayer erklärt im Gespräch mit ITWelt.at den Wandel von Hardware zu Services, die Bedeutung digitaler Souveränität und warum Nachhaltigkeit immer öfter zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor wird. [...]
Das Wiener Unternehmen Timewarp feiert sein 20-jähriges Bestehen. Wie hat sich das Unternehmen seit Gründung entwickelt?
Timewarp wurde 2005 von Michael Pambalk-Rieger gegründet – zunächst mit Fokus auf On-Premise-SharePoint-Entwicklungen. Durch die Übernahme des Hosting-Anbieters Netmonic kam früh der Einstieg in Infrastructure-as-a-Service, ein Thema, das damals seiner Zeit voraus war.
Mit der strategischen Neuausrichtung ab 2014 hin zu Infrastruktur- und Plattform-as-a-Service begann der eigentliche Wachstumspfad. Aus einem kleinen Team von vier bis fünf Mitarbeitenden wurde ein Unternehmen mit heute rund 60 Beschäftigten. Der Umsatz stieg in diesem Zeitraum von etwa einer auf rund zehn Millionen Euro.
Wie hat sich seit 2014 die Nachfrage entwickelt, insbesondere in Hinblick auf Hardware und Services?
Im Jahr 2014, dem Zeitpunkt meines Einstiegs, war das Thema Housing und Co-Location noch stark gefragt. Viele Unternehmen verfügten über eigene Hardware, mieteten sich aber in externe Rechenzentren ein, weil die eigenen Serverräume nicht den nötigen Standards entsprachen. In den letzten drei, vier Jahren hat sich das deutlich verändert: Heute steht klar der Servicegedanke im Vordergrund. Die meisten Unternehmen möchten keine eigene Hardware mehr betreiben, sondern setzen auf flexible, skalierbare Services.
Auch das Bewusstsein für Verfügbarkeit hat sich stark gewandelt. Während es früher kein großes Problem war, wenn Systeme einmal einige Tage ausfielen, ist Business Continuity heute geschäftskritisch. Gleichzeitig sind klassische Angebote wie Mail- oder Webhosting längst zum Commodity-Geschäft geworden. Viele nutzen mittlerweile Standardlösungen wie Exchange Online in der Microsoft Cloud, und nur wenige Anbieter verdienen in diesem Bereich noch gutes Geld.
Vor rund sechs Jahren haben wir daher bewusst den Weg vom Massengeschäft hin zu individueller Kundenbetreuung eingeschlagen. Statt Standardleistungen zu verkaufen, fokussieren wir uns seither auf maßgeschneiderte, hochwertige Lösungen, die exakt auf die Anforderungen unserer Kunden abgestimmt sind.
Welche Meilensteine waren in der Transformation Ihres Unternehmens besonders prägend?
Ein entscheidender Moment war die Einführung der ISO-27001-Zertifizierung vor rund neun Jahren. Wir haben uns damals vom TÜV zertifizieren lassen und damit ein klares Signal an unsere Kunden gesendet, dass Datensicherheit und sorgfältiger Umgang mit Informationen höchste Priorität haben. Diese Zertifizierung war für viele Unternehmen der entscheidende Vertrauensfaktor und hat unser Servicegeschäft maßgeblich gestärkt.
Heute ist eine derartige Zertifizierung de facto Voraussetzung, um in diesem Bereich tätig zu sein. Ohne entsprechende Nachweise für Informationssicherheit lassen sich kaum noch größere Aufträge umsetzen. Aktuell entwickelt sich das Thema weiter – mit neuen Standards wie NIS2 und DORA-Compliance, die zunehmend verbindlich werden.
Wie bewerten Sie die Diskussion rund um lokale Cloud-Angebote und digitale Souveränität?
Man muss zwischen einem technischen und einem strategischen Aspekt unterscheiden. Auf der einen Seite steht die Frage, ob Unternehmen ihre Daten US-Anbietern anvertrauen wollen. Durch Gesetze wie den Cloud Act besteht das Risiko, dass amerikanische Behörden Zugriff auf Daten erhalten – für viele ein klares Ausschlusskriterium, wenn es um sensible Informationen geht.
Technisch spielen lokale Rechenzentren eine immer wichtigere Rolle. Früher waren große Entfernungen zu Datenzentren ein Problem, da hohe Latenzzeiten viele Anwendungen ausgebremst haben. Heute reagieren Anbieter wie Microsoft mit regionalen Datacenter-Standorten, auch in Österreich, während AWS weiterhin auf zentralisierte Regionen setzt.
Trotz dieser Fortschritte bleibt ein Restrisiko beim Datenschutz bestehen. Besonders im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz rückt Datensouveränität daher stärker in den Fokus. Viele Unternehmen entscheiden sich bewusst für europäische oder lokale Hosting-Modelle oder betreiben KI-Anwendungen direkt on-premise, um kurze Latenzzeiten und volle Datenkontrolle sicherzustellen.
Wird das Thema digitale Souveränität inzwischen aktiv von Kundinnen und Kunden angesprochen?
Ja, sehr deutlich – und zwar zunehmend auch von großen österreichischen Unternehmen. Viele beschäftigen sich intensiv mit der Frage, welche Abhängigkeiten sie gegenüber internationalen Anbietern haben und welche Alternativen es dazu gibt.
Neben Sicherheits- und Datenschutzaspekten spielen auch wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. Wiederkehrende Preiserhöhungen der großen Anbieter führen dazu, dass Unternehmen ihre Strategien überdenken und langfristig unabhängigere Lösungen bevorzugen. Hinzu kommt das wachsende Bewusstsein, dass selbst Hyperscaler nicht vor Ausfällen gefeit sind – etwa bei AWS, wo Störungen rasch weitreichende Folgen haben können.
Mit den neuen regulatorischen Vorgaben rund um Compliance und Risikomanagement steigt der Druck zusätzlich.
Welche Bedeutung hat Nachhaltigkeit heute für Ihr Unternehmen, und wie stark wird das Thema bereits von Kundenseite eingefordert?
Nachhaltigkeit spielt in unseren Projekten und Kundengesprächen eine immer wichtigere Rolle. Wir merken deutlich, dass Unternehmen zunehmend darauf achten, ihren CO₂-Footprint zu reduzieren und Partner suchen, die dieses Ziel glaubwürdig unterstützen. In einem konkreten Fall haben wir einen Kunden gewonnen, weil wir unsere eigene Nachhaltigkeitsstrategie überzeugend darlegen konnten.
Auch in der Infrastruktur wird das Thema spürbar relevanter. Immer mehr Kunden fragen gezielt nach, wie nachhaltig unsere Rechenzentrums-Partner agieren. Wir arbeiten hier mit Digital Realty und NTT zusammen, die beide konsequent auf erneuerbare Energien setzen und ihre Klimaziele transparent verfolgen.
Spüren Sie durch den KI-Boom eine steigende Nachfrage, oder ist das eher Teil einer allgemeinen Marktentwicklung?
Die Nachfrage nach KI-bezogenen Services steigt deutlich. Zahlreiche Start-ups entstehen derzeit in diesem Umfeld und suchen nach Möglichkeiten, ihre KI-Anwendungen effizient und kostengünstig zu hosten. Genau hier zeigt sich allerdings eine Herausforderung: Die hohen Energiepreise in Österreich schränken die Wettbewerbsfähigkeit ein, insbesondere im Vergleich zu anderen Ländern, wo der Betrieb von Rechenzentren deutlich günstiger ist.
Gerade bei KI ist der Energiebedarf ein zentraler Kostenfaktor. Das hat auch die Politik erkannt – zuletzt hat etwa der Finanzminister betont, dass die Senkung der Energiepreise ein wichtiger Schritt sei, um den Standort zu stärken. Wir merken in unseren Projekten konkret, dass Preisvergleiche bei Hosting-Angeboten oft zum ausschlaggebenden Kriterium werden.
Was meinen Sie konkret unter maßgeschneiderten Lösungen?
Maßgeschneiderte Lösungen entstehen vor allem im Bereich Hybrid-Cloud, wo Standardmodelle an ihre Grenzen stoßen. Wenn ein Unternehmen lediglich einen virtuellen Cloud-Server mietet, ist das meist ein klar definiertes, standardisiertes Produkt. Komplexer wird es, wenn ein Kunde seine gesamte Infrastruktur auslagern möchte – teils in die Public Cloud, teils lokal.
Viele Unternehmen nutzen heute eine Kombination etwa aus Azure Kubernetes Services, Exchange Online, Teams oder SharePoint in der Cloud und gleichzeitig lokale Systeme für sensible Daten. Hier braucht es individuelle Konzepte, die alle Komponenten miteinander verbinden, inklusive eines durchgängigen Sicherheits- und Monitoring-Ansatzes.
Ziel ist es, die gesamte Infrastruktur unter einem Dach zu vereinen und einen zentralen Ansprechpartner zu bieten, der sich um Verfügbarkeit, Support und Fehleranalyse kümmert. In solchen Szenarien sprechen wir nicht mehr von Lösungen von der Stange, sondern von echten, kundenspezifischen Architekturen.
In welchen Branchen sind Sie besonders stark vertreten?
Ein Schwerpunkt liegt klar bei den sogenannten Independent Software Vendors, also Unternehmen, die eigene Software entwickeln und diese als Service anbieten. Diese Anbieter möchten sich in der Regel nicht selbst um den Infrastrukturbetrieb kümmern, sondern konzentrieren sich auf die Entwicklung, während wir die gehostete Plattform bereitstellen, auf der ihre Anwendungen als SaaS-Lösungen laufen. Ein gutes Beispiel ist unser größter Kunde, der eine Flugroutenoptimierungssoftware entwickelt und über unsere Infrastruktur als Service anbietet.
Darüber hinaus sind wir zunehmend im Finanzbereich aktiv, wo durch Regulierungen wie DORA besonders hohe Anforderungen an Sicherheit und Compliance bestehen. Dort betreuen wir aktuell etwa ein Softwareunternehmen, das Bankensoftware entwickelt und für den Betrieb eine hochsichere, zertifizierte Hosting-Umgebung benötigt.
Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung ein? Sind nach Semadox weitere Beteiligungen geplant?
Aktuell spüren wir, dass das wirtschaftliche Umfeld das Wachstum etwas bremst. Nach sehr erfolgreichen Jahren sind Unternehmen derzeit bei größeren Investitionen vorsichtiger. Dennoch bleibt Wachstum für uns ein klares Ziel, allerdings mit stärkerem Fokus auf strategische Weiterentwicklung statt reinem Volumenwachstum.
Wir haben uns bei Semadox beteiligt, weil wir die Technologie interessant fanden und das Team bereits kannten – auch wenn sich daraus nur begrenzte Synergien mit unserem Kerngeschäft ergeben haben. Anders ist es bei der Acronum, an der wir 50 Prozent halten. Das Unternehmen deckt den gesamten On-Premise-Betrieb ab und liefert Infrastrukturlösungen direkt zum Kunden, wo sie auch betrieben werden.
Damit ergänzen wir unser Portfolio ideal: Während wir uns primär um den Rechenzentrumsbetrieb kümmern, können wir durch diese Beteiligung nun auch Lösungen auf Client-Ebene anbieten. So entsteht eine durchgängige Betreuung – vom Endgerät bis zur Cloud.
Planen Sie auch eine geografische Expansion?
Ja, wir haben vor einigen Monaten in Deutschland eine eigene GmbH gegründet. Zum einen, weil wir bereits Mitarbeitende haben, die von dort aus im Homeoffice tätig sind, und zum anderen, um den deutschen Markt gezielt zu erschließen. Deutschland ist wirtschaftlich sehr attraktiv, und viele unserer Leistungen lassen sich ohne geografische Grenzen anbieten – die Cloud kennt bekanntlich keine Landesgrenzen.
Mit der neuen Gesellschaft schaffen wir die organisatorische Basis, um künftig auch lokal Geschäft zu entwickeln, Vertriebsteams aufzubauen und das bestehende Netzwerk unserer Mitarbeitenden zu nutzen. Das erleichtert den Markteintritt und wird uns helfen, dort langfristig eine stabile Kundenbasis aufzubauen.
Wie schätzen Sie den Schweizer Markt ein?
Die Schweiz ist für uns bislang ein schwieriger Markt. Wir haben dort bisher keinen nachhaltigen Erfolg erzielt, und aktuell steht das Land auch nicht ganz oben auf unserer Expansionsliste. Stattdessen richten wir unseren Blick eher nach Osten – in Länder wie Ungarn, Tschechien oder die Slowakei.
Diese Märkte sind für uns besonders interessant, weil Wien dort als zentrale IT-Drehscheibe wahrgenommen wird. Viele Unternehmen aus der Region bevorzugen es, ihre IT-Dienstleistungen von hier aus zu beziehen, und zeigen gleichzeitig Zurückhaltung bei der vollständigen Auslagerung ins Ausland. Genau in diesem Umfeld sehen wir gute Chancen, unsere Position weiter auszubauen.
Setzen Sie künftig stärker auf organisches oder auf anorganisches Wachstum?
Im vergangenen Jahr sind wir durch den Zukauf von ShareVision anorganisch gewachsen und haben damit gezielt Microsoft-Kompetenz in unser Unternehmen geholt. Mit rund 13 bis 14 neuen Mitarbeitenden konnten wir unser Know-how deutlich erweitern. Gleichzeitig hat uns die Integration gezeigt, dass anorganisches Wachstum auch seine Tücken hat – insbesondere, was Kultur, Prozesse und Abläufe betrifft. Aktuell liegt unser Fokus daher klar auf organischem Wachstum.

Be the first to comment