Connected Garden: IoT macht aus Hochbeeten Smartbeete

Mit dem smarten Hochbeet steht urbanen Gärtnern mit wenig Zeit ein autarker, mit Regenwasser und Sonnenenergie betriebener Connected Garden zur Verfügung, der sich selbst steuert und sich auch über ein Smartphone managen lässt. [...]

Sensoren im Greenbeet messen unter anderem die Feuchtigkeit des Substrats. Ist sie zu niedrig, versorgt eine Pumpe das Hochbeet mit Wasser. (c) Smartgreen Solutions
Sensoren im Greenbeet messen unter anderem die Feuchtigkeit des Substrats. Ist sie zu niedrig, versorgt eine Pumpe das Hochbeet mit Wasser. (c) Smartgreen Solutions

Am Anfang des Wiener Startup-Unternehmens Smartgreen Solutions stand die Frage, wie man Grünflächen in der Stadt intelligent betreiben kann. Typische Szenarien sind private Terrassen oder kleine Flächen, die von der Stadt bereitgestellt werden und sich gut in Grünflächen umfunktionieren ließen. Das scheitert jedoch oft daran, dass solche Flächen über keine Infrastruktur für Bewässerung verfügen.

21 smarte Beete zieren seit Beginn der Gartensaison 2017 das Dach der Unternehmenszentrale von T-Mobile Austria. Eine Schlüsselrolle in dem Connected Garden spielt dabei die IoT-Box von T-Mobile sowie das von Smartgreen Solutions entwickelte Smartbeet-System. Dank dieser Kooperation gedeihen nun unterschiedlichste Gemüsesorten und Kräuter mitten in Wien.

Kennengelernt haben sich die beiden Unternehmen im Rahmen von Industry meets Makers 2016. Damals suchte T-Mobile Austria praktische Anwendungen für die gerade eben erst gelaunchte IoT-Box. Bei einem spontan ausgelobten SMS-Publikumsvoting im Rahmen des Industry meets Makers Finales gewann Smartgreen Solutions mit dem Smartbeet. Inzwischen haben die beiden Gründer von Smartgreen Solutions, Manfred Czujan und Robert Veselka ihr Konzept schon praktisch mehrfach umgesetzt, unter anderem eben am Dach von T-Mobile Austria. Dort stehen 19 Hochbeete und 2 Pflanzentische.

Connected Garden für urbane Gärtner

Der Nutzen der Lösung ist schnell erklärt: Mit dem smarten Hochbeet steht urbanen Gärtnern mit wenig Zeit ein autarker, mit Regenwasser und Sonnenenergie betriebener Connected Garden zur Verfügung, der sich selbst steuert und sich auch über ein Smartphone managen lässt. Das Funktionsprinzip in Kürze: in und an den Hochbeeten angebrachte Sensoren messen für das Pflanzenwachstum relevante Daten, wie Temperatur, Feuchtigkeit des Substrates oder Sonneneinstrahlung. Wenn beispielsweise das Substrat zu trocken ist, dann öffnet die Steuerung ein Ventil und bewässert damit das Beet aus dem Wasserleitungsanschluss. Die Steuereinheit sendet über die IoT-Box zudem Daten an die Smartgreen-Cloud. Von dort kann sie der User über eine eigene App abrufen und kontrollieren, ob es den Pflanzen an irgendetwas fehlt.

Die Lösung von Smartgreen Solutions klingt zunächst einmal recht einfach. Die Technik dahinter ist es allerdings nicht. Auch deswegen, weil Smartgreen Solutions darauf geachtet hat, die Produktion und den Betrieb der Beete so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Es lohnt sich also, einen genauen Blick auf die Lösung zu werfen:

1. Das Hochbeet

Das Beet ist aus österreichischem Lerchenholz gefertigt. Lerchenholz deshalb, weil diese Art besonders resistent gegen Verwitterung ist. Das Design hat die Nut & Feder gemeinnützige GmbH entwickelt, die geflüchtete Menschen integrieren und beschäftigen will. Die Produktion der Hochbeete selbst ist Sache der Tischlerei Job.Transfer, für die langzeitarbeitslose Menschen über 50 tätig sind.

Das Beet selbst ist zweigeteilt: Oben befindet sich eine 60 cm dicke Schicht aus Pflanzensubstrat (Strauch- und Holzschnitt, abgelegter Pferdedung sowie biologische Hochbeeterde). Unten ist die Wasserversorgung sowie die Elektronik untergebracht. Dort befindet sich auch noch genug Platz für Gartengeräte. Jeweils eine Teich- und Noppenfolie schützen das Holz vor Feuchtigkeit.

2. Die Wasserversorgung

Die Beete, die sich auf dem Dach von T-Mobile Austria befinden, werden über einen Hauswasseranschluss versorgt. In jedem Smartbeet befindet sich ein Magnetventil samt Wasserzähler. Damit wird die Wasserzufuhr geregelt. Ein Perlschlauch führt dann das kühle Nass direkt in die oberste Schicht des Pflanzensubstrats.

3. Die Sensoren

Das smarte Hochbeet kann mithilfe zahlreicher Sensoren nicht nur die Feuchtigkeit der Erde, sondern auch zahlreiche andere, für die Pflanzen relevante Größen messen. Die am und im Beet verbauten Sensoren können folgendes erheben: Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Stromverbrauch, Spannungspegel, Wasserdurchfluss und die Temperatur sowie die Feuchte des Substrates.

4. Die Smartbeet-Steuerung

Die elektronische Steuereinheit hat Smartgreen Solutions selbst entwickelt. Diese fragt die Daten der Sensoren alle 10 Sekunden ab und bildet daraus einen Durchschnittswert über zwei Minuten. Unterschreitet die Feuchtigkeit des Substrates einen vordefinierten Wert, dann öffnet die Steuerung das Magnetventil und bewässert so das Substrat zwei Minuten lang. Nach 10 Minuten erfolgt eine weitere Messung. Ist der untere Grenzwert immer noch nicht erreicht, startet die Steuerung einen neuerlichen Bewässerungszyklus. Dieser Kreislauf wird so lange wiederholt, bis die Pflanzen wieder genug Wasser haben.

Die Aufgabe der Steuerung ist es auch, das gesamte System zu überwachen. Wenn sich ein Sensorwert nicht innerhalb zuvor festgelegter Grenzen bewegt, vermeldet das die Steuerung in einem Beet-Log. So kann der Controller eruieren, ob eine Über- oder eine Unterspannung bzw. ein zu hoher Stromfluss herrscht. Oder ob mit der Wasserversorgung etwas nicht in Ordnung ist. Der Beet-Log ist auch über die SmartphoneApp abrufbar.

Damit die von den Sensoren gemessenen Daten vom Controller über die Smartgreen-Cloud und damit auch aufs Smartphone gelangen, ist die IoT-Box notwendig. Sie sendet alle gemessenen und im Beet-Log verzeichneten Daten an die Smartgreen-Cloud. Die IoT-Box versorgt die Steuerung allerdings auch mit Daten, etwa solchen zum Wetter. Wenn das Substrat zu trocken ist, aber die Wettervorhersage baldigen Regen für den genauen Standort ankündigt, dann unterbleibt das automatische Gießen aus der Wasserleitung. Damit unterstützt das Smartbeet die Gärtner also auch beim Wassersparen und verschwendet kein Wasser. Da die IoT-Box mit einem stromsparenden GSM-Modul arbeitet, wird auch der Verbrauch von elektrischer Energie so niedrig wie möglich gehalten.

5. Die Stromversorgung

Dabei stammt die für den Betrieb der Smartbeete notwendige Energie von der Sonne. Insgesamt 4 semitransparente Photovoltaik Module mit einer Gesamtfläche von acht Quadratmetern erzeugen Strom. Der wird teilweise gleich direkt verwendet oder in Österreichs erster kommerziell genutzten Salzwasserbatterie gespeichert.

6. Die Smartphone-App

Über eine Anwendung, die als native Android-App im Google Play Store oder als Web-App zur Verfügung steht, behält der User den Überblick über seine Gemüsepflanzen und deren Zustand. Um die für jedes einzelne Hochbeet verfügbaren, mit Datum und Uhrzeit versehenen Daten wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sonneneinstrahlung, Wasserdurchfluss, Substratfeuchte abzufragen, muss er sich allerdings erst authentifizieren. Schließlich sollen nur dazu Berechtigte auf das System zugreifen können.

Die App kann auch historische Daten darstellen. So lässt sich etwa die Erdfeuchtigkeit an einem Tag, in einer Woche oder innerhalb eines ganzen Monats anhand von Diagrammen und Fieberkurven anzeigen. In der App kann der User die Werte für die Substratwerte anpassen. Dies ist deshalb wichtig, weil verschiedene Gemüsepflanzen eben auch unterschiedliche Ansprüche haben. Der Nutzer kann auch die automatische Bewässerung deaktivieren und auf Wunsch selbst steuern.

7. Das reife Gemüse

Schon bald werden die Smartbeete am Dach von T-Mobile Austria auch messen können, ob das dort gezogene Gemüse schon reif für den Verzehr ist. Dazu werden noch rechtzeitig vor der Erntezeit spezielle Nahinfrarot-Spektrometer verbaut. Dieser so genannte „SCiO“-Sensor erkennt die molekulare Signatur der Pflanzen und damit auch ihren Reifegrad. Das Startup Consumer Physics aus Tel Aviv hat diese Technologie entwickelt.

Fazit

T-Mobile Austria steht für Nachhaltigkeit. Das eigene Dach mit einer smarten Lösung zu begrünen, die noch dazu Produkte und Services des Unternehmens selbst nutzt, erschien völlig logisch. Aber vor etwas mehr als einem Jahr hätte im Unternehmen wohl niemand an eine solche Innovation gedacht. Schließlich fand T-Mobile Austria erst beim Industry meets Makers 2016 mit Smartgreen Solutions den richtigen Partner dafür. Für T-Mobile Austria stiftet die Realisierung des Connected Garden gleich mehrfach Nutzen:

  • Der Connected Garden ist ein anschauliches Anwendungsbeispiel einer wichtigen eigenen Innovation, der IoT-Box.
  • Durch die Zusammenarbeit mit Smartgreen Solutions erhält T-Mobile wertvolles Feedback für die weitere Entwicklung von Produkten und Services im Internet der Dinge.
  • Der Dachgarten ist so gestaltet, dass er einen abteilungsübergreifenden Austausch der T-Mobile-Mitarbeiter untereinander fördert.
  • Die im Headquarter beschäftigten Mitarbeiter haben direkten Zugang zu frischem und gesundem Bio-Gemüse.

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