Neue Entwicklungen fordern von Herstellern die Neuausrichtung ihres Geschäftsmodells. Wer das Internet der Dinge nutzt, kann sogar davon profitieren. [...]
Nach Schätzungen von IDC betrugen die weltweiten Ausgaben für IoT-Lösungen (Internet der Dinge) im Jahr 2016 737 Milliarden Dollar (mehr als 700 Mrd. Euro). Als größten Abnehmer von vernetzten Geräten nennt IDC die Industrie, wo vor allem in Anwendungen für Fertigungsprozesse investiert wird (102,5 Mrd. Dollar), gefolgt von Asset Management und Wartung. Wenig überraschend ist, dass sich der Großteil der weltweiten IoT-Ausgaben auf Asien konzentriert, während Westeuropa mehr an IoT-Geräten für die breite Öffentlichkeit interessiert ist. Um weiter mit der Modernisierung und dem Wettbewerb mithalten zu können, sollten europäische Industrieunternehmen das Potenzial des IoT in der Produktion nutzen.
Zwar haben Fertigungsbetriebe erkannt, dass hoher Effizienz- und Wettbewerbsdruck sowie steigende Flexibilitätsanforderungen Investitionen in IoT-Projekte erfordern. Dennoch hinkt die Fertigungsbranche in Sachen IoT beispielsweise dem Logistiksektor hinterher. So gaben laut einer Befragung von PAC 48 Prozent der Logistikunternehmen, aber nur 13 Prozent der Fertigungsbetriebe an, ihre Anlagen bereits standortübergreifend vernetzt zu haben. Logistikunternehmen haben zudem bereits mehr IoT-Projekte umgesetzt als Fertigungsunternehmen.
Wie man die vierte industrielle Revolution übersteht
Aufgrund der großen Vielfalt an Betrieben und Produktionsgütern ist ein einheitlicher IoT-Ansatz schwer zu bestimmen. Doch überall teilen Führungskräfte die gleichen Sorgen wegen des immer stärker werdenden Wettbewerbs, des Kostendrucks, der Belastung durch Compliance und Gesetzgebung und der steigenden Preise für Rohmaterialien. Unterdessen verlangt der Markt, getrieben vom Verbraucherverhalten, nach immer größerer Effizienz und Reaktionsfähigkeit.
Individualisierung
Der Kunde von heute erwartet Produkte und Services, die genau auf seine Anforderungen zugeschnitten sind. Massenproduktion wird durch diesen Trend ineffizient, weshalb immer mehr Hersteller ihr Geschäftsmodell vom Prinzip „wir verkaufen, was wir produzieren“ auf „wir produzieren, was wir verkaufen“ umstellen. Doch die teilweise schier unendlichen Konfigurationsmöglichkeiten für individualisierte Produkte führen zu enormer Komplexität in der Fertigung, die leistungsstarke und zuverlässige Systeme erfordert, um die massive Datenflut korrekt und effizient verarbeiten zu können.
Geschäftsmodelle im Wandel
Unternehmen entfernen sich zugunsten von Pay-per-Use-Modellen zunehmend von Geschäftsmodellen, die auf Produktbesitz basieren, das heißt Fertigungsbetriebe verkaufen zunehmend Services und Ergebnisse statt Produkte, zum Beispiel Mobilität statt Autos. Kunden zahlen dann nur so lange für einen Dienst, wie sie ihn benötigen, und übertragen so Lagerungs- und Wartungskosten auf den Hersteller.
Das IoT vernetzt Hersteller mit Lieferanten, Kunden, ihren eigenen Mitarbeitern sowie Maschinen und Gütern entlang der gesamten Produktionskette und bietet ihnen Echtzeit-Transparenz über ihre Betriebsprozesse. Unternehmen, die das IoT nutzen, werden deshalb von den aktuellen Trends und Veränderungen in der Fertigungsbranche profitieren. Durch die Nutzung des IoT können Unternehmen ihren Service verbessern und ausbauen, da es ihnen beispielsweise ermöglicht, schneller auf Anfragen oder Probleme zu reagieren und damit die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.
Leistungsstarke IoT-Plattformen bieten die nötige Infrastruktur, um riesige Datenmengen zu verarbeiten und zu integrieren. Diese Plattformen sind unerlässlich zum Abbau der Komplexität, die etwa aus der Produktindividualisierung resultiert. Darüber hinaus ermöglicht das IoT vorausschauende Wartung und eine damit verbundene Reduktion von Produktionsausfällen und Betriebskosten.
Somit verändert das IoT Geschäftsmodelle nicht nur, es macht sie auch besser und widerstandsfähiger. Für Unternehmen könnte sich das IoT daher als ein unverzichtbares Werkzeug erweisen: Durch eine datengestützte Entscheidungsfindung und Produktivitätsgewinne ermöglicht es ihnen, in einem extremen Wettbewerbsumfeld zu bestehen und die Herausforderungen der Industrie 4.0 erfolgreich zu meistern.
* Ralf Schulze verantwortet bei Zebra Technologies Industry Solutions Group den Bereich produzierende Industrie auf EMEA-Ebene.
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