Das iPhone 14 «Pro» wird zu Weihnachten kaum mehr zu bekommen sein. Sehen wir uns an, was das kleinere iPhone 14 als Alternative taugt. [...]
Wer sich erst heute nach einem iPhone 14 Pro umsieht, das an Weihnachten Freude machen soll, hat schlechte Karten. Vor allem durch die restriktiven Covid-Maßnahmen in China wird es nicht genügend Geräte geben, um alle Wünsche ans Christkind zu erfüllen.
Deutlich besser sieht es beim iPhone 14 aus, also den Modellen ohne «Pro» im Namen: Sie sind gut lieferbar. Doch auf welche Eigenschaften muss dabei verzichtet werden?
Die folgende Gegenüberstellung konzentriert sich auf die relevanten Unterschiede. Weggelassen wurden hingegen die Details, die nur für eine kleine Zielgruppe von Interesse sind. So arbeitet im iPhone 14 das A15-SoC vom letzten Jahr, während im iPhone 14 Pro das brandneue A16-SoC seinen Dienst verrichtet.
Die Unterschiede im normalen Alltag? Geschenkt.
Und noch mehr Kleingedrucktes: Mit dem 6,1 Zoll großen iPhone 14 ist immer auch das iPhone 14 «Plus» gemeint, das dieselben Eigenschaften mitbringt, aber mit seinem 6,7-Zoll-Display einen eigenen Reiz ausübt.
Die Kamera
Beginnen wir mit dem Wichtigsten. Wenn die Zielperson begeistert fotografiert, warten hier die größten Abstriche. Das soll aber nicht heißen, dass die Kamera im iPhone 14 nicht überzeugt, im Gegenteil: Die Fotos gefallen mit ihren knackigen Kontrasten und den natürlichen Farben. Selbst bei extremen Kontrasten sind in den tiefsten Schatten und den Spitzlichtern noch Zeichnung zu sehen, wie in diesem Beispiel:
Bei Nachtaufnahmen punktet auch das iPhone 14 mit nahezu rauschfreien Aufnahmen und einer ausgewogenen Belichtung:
Kurz, das Kamera-Modul des regulären iPhone 14 kann durchs Band überzeugen – doch ihm fehlen einige Eigenschaften, die das Pro-Modell für Fotografen so begehrenswert macht.
Das Offensichtlichste ist die fehlende dritte Kamera. Während das iPhone 14 mit den Brennweiten von 14 mm («0.5×» in der Kamera-App) und 26 mm (1×) auskommen muss, liefert das Pro-Modell 14 mm (0.5×), 24 mm (1×), 48 mm (2×) und 78 mm (3×) – wobei die längste Brennweite eine verlustfreie Ausschnittvergrößerung ist, die der neue 48-Mpx-Sensor der Hauptkamera ermöglicht – und auch der fehlt dem iPhone 14.
Das Pro hat ihm aber auch die Makroaufnahmen voraus, die auch sehr feine Strukturen herausschälen – und das sogar bei Freihandaufnahmen. Hier das Motiv in der Übersicht:
Hier stößt das iPhone 14 an seine Grenzen:
Und so weit schafft es das iPhone 14 Pro:
Außerdem kann nur das Pro-Modell Fotos im ProRAW-Format und Videos im ProRes-Format aufzeichnen. Hier wird es allerdings etwas nischig, denn es braucht eine ausgeprägte Leidenschaft für Film und Foto, um diesen sperrigen Formaten ihren professionellen Nutzen abzuringen.
Genauso interessant ist die Frage, welche Eigenschaften die beiden Modelle teilen. Zu den Highlights dieser Generation gehört der «Action-Modus», bei dem die iPhones in Echtzeit ein Video so beschneiden, dass es butterweich daherkommt – fast so, als wären sie mit einem Gimbal aufgenommen worden.
Auch die neue «Photonic Engine» teilen sich beide Modelle: diese Software-Optimierung liefert natürlichere und rauschärmere (Nacht-) Aufnahmen, ohne dass sie ein wenig überschärft wirken, wie es zuweilen vorkam.
Empfehlung. Es gibt noch einige weitere Unterschiede, die vor allem auf dem Papier gut aussehen – aber oft nur wenig Bezug zur Praxis aufweisen, etwa eine minim größere Blendenöffnung. Und so bleiben vor allem die dritte Kamera und der 48-Mpx-Sensor der Hauptkamera als schwergewichtige Merkmale des Pro-Modells.
Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch das kleinere iPhone 14 zwei Kameras bietet, die für beste Erinnerungen und spektakuläre Videos sorgen.
Das Display
Beide Modelle warten mit hervorragenden HDR-Displays auf, die den kompletten P3-Farbraum abdecken. Die Farben leuchten, die Kontraste sind herausragend und jeglicher Medienkonsum wird zum Genuss. An den Displays gibt es nichts auszusetzen.
Der grösste Unterschied liegt bei der maximalen Helligkeit. Das iPhone 14 liefert 800 Nits typische Helligkeit und 1200 Nits Spitzenhelligkeit bei HDR-Inhalten.
Das Pro-Modell liefert hingegen 1000 Nits typische Helligkeit, 1600 Nits bei HDR-Inhalten und im Freien sagenhafte 2000 Nits, was das Ablesen im Sonnenlicht deutlich einfacher macht. Aber auch hier gilt: Im ganz normalen Alltag und in Innenräumen ist ein Unterschied nur im direkten Vergleich und beim angestrengten Hinstarren auszumachen.
Empfehlung: 2000 Nits im Freien sind Rekord und im hellen Sonnenlicht eine sehr angenehme Erleichterung. Doch was die Darstellung der Farben und die Qualität allgemein betrifft, schenken sich die beiden Modelle nichts.
Dynamic Island
Doch allen den technischen Feinheiten zum Trotz zieht eine Eigenschaft des iPhone 14 Pro viel Aufmerksamkeit auf sich: die «Dynamic Island», also die dynamische Insel. Diese Neuerung genießt auch deshalb einen hohen Stellenwert, weil sie so unglaublich typisch für Apple ist: Wie kaschiert man eine Schwachstelle? Indem man sie zu einer Funktion umbaut, die bei Anderen den puren Neid erweckt.
So geschehen bei der «dynamischen Insel» der beiden Pro-Modelle. Dabei wird die neue, pillenförmige Aussparung für die Kamera und die Sensoren von einer schwarzen Fläche umgeben.
Sie verhält sich normalerweise brav und unauffällig, wirft sich aber bei der erstbesten Gelegenheit höchst dynamisch in Pose. Dieses Video von Apple sagt eigentlich alles innerhalb weniger Sekunden:
Die Dynamic Island agiert mit der Apple-typischen Detailversessenheit, indem bei der Musikwiedergabe der Pegel auf der rechten Seite farblich an das Mini-Cover angepasst wird – um nur ein Beispiel zu nennen. Ein Tippen auf die Anzeige wechselt zum aktiven Player. Und so weiter.
Empfehlung. Die «Dynamic Island» ist ein Hingucker – aber auf den Kern reduziert, handelt es sich dabei «nur» um eine neue, erstaunlich flexible Anzeige, die gleichzeitig ein Bedienelement ist. Sie bietet hingegen keine technischen Möglichkeiten, die dem iPhone 14 vorenthalten werden.
Das Always-On-Display
Das iPhone 14 Pro kommt als erstes Apple-Mobilgerät mit einem «Always-On-Display», will heißen: Das Display zeigt bei stark reduzierter Helligkeit immer noch die Uhrzeit, das Hintergrund-Bild, die Widgets und mehr – aber nur, wenn das iPhone nicht mit dem Gesicht nach unten auf dem Tisch liegt.
Weitere Maßnahmen verhindern, dass die Batterie nach kurzer Zeit leergelutscht ist. So wird die Wiederholfrequenz auf 1 Hz reduziert, was gerade noch reicht, um einen Sekundenzeiger nachzuführen.
Der neue Tiefeneffekt auf dem Sperrbildschirm von iOS 16 wird außerdem deaktiviert, damit nichts den Blick auf die Uhrzeit trübt.
Es ist praktisch, stets die Uhrzeit im Blick zu haben, doch das geht auch zulasten der Batterie. Als diese Zeilen geschrieben wurden, zeigt Apple in den Betaversionen von iOS 16.2 weitere Möglichkeiten, um die Darstellung weiter abzuspecken.
Auf der anderen Seite ist die Batterielaufzeit des iPhone 14 geradezu sensationell und geht weit über das hinaus, was das iPhone 14 Pro mit aktiviertem Always-On-Display liefert.
Was dem iPhone 14 leider fehlt, ist das Pro-Motion-Display mit 120 Hz. Allerdings muss auch gesagt, werden, dass diese Technologie auf einem iPad Pro einen wesentlich größeren Unterschied macht als auf dem relativ kleinen iPhone-Display. Ich würde diesen Punkt also nicht zu stark gewichten.
Empfehlung. Das Always-On-Display des iPhone 14 Pro kann praktisch sein, aber ich bevorzuge mein Display abgeschaltet; das Gerät genießt jetzt schon zu viel Aufmerksamkeit.
Wenn außerdem die Batterielaufzeit eine Rolle spielt, dann gewinnt hier ganz klar das iPhone 14.
Die kleinen Details – und ein Fazit
Gehäuse. Zu den augenfälligen Unterschieden gehört das Gehäuse: Während das iPhone 14 in glänzendem Glas und frische Farben gewandet ist, zeigt das iPhone 14 Pro eine dezente Milchglas-Oberfläche in edlen, aber auch etwas langweiligen Farben.
MagSafe. Beide Geräte sind jedoch MagSafe-kompatibel, das heißt: Sie haften magnetisch an kompatiblem Zubehör – und MagSafe gehört in meinen Augen zu den überzeugendsten Argumenten für ein Apple-Gerät.
Speicher. Das iPhone 14 kann mit maximal 512 GB Speicher bestellt werden, das Pro-Modell mit bis zu 1 TB. Eine solche Speichermenge kann meistens nur dann sinnvoll genutzt werden, wenn im großen Stil die Fotos in ProRAW und/oder die Filme in ProRes aufgezeichnet werden – und beide Möglichkeiten fehlen dem iPhone 14 sowieso.
LiDAR-Scanner. Zum Kamerafeld des iPhone 14 Pro gehört auch der LiDAR-Scanner, der seine Umgebung in 3D abtastet. Der Scanner bietet eine etwas bessere Tiefenmaske, wenn Fotos im Porträt-Modus aufgenommen werden.
Vor allem aber soll er in der Lage sein, Objekte in drei Dimensionen zu digitalisieren. damit sie sich später in einer 3D-Software weiterverarbeiten lassen. Das sieht in der Werbung beeindruckend aus – aber ich bin bis jetzt bei jedem Versuch krachend gescheitert.
Fazit
Der Entscheid hängt einmal mehr an der Kamera. Doch wenn man die fehlende Linse und den 48-Mpx-Sensor aus der Gleichung entfernt, verlieren die Unterschiede etwas an Relevanz: Das iPhone 14 ist ein tadelloses Smartphone und besser als das Gros dessen, was die Konkurrenz zu bieten hat.
Was am meisten wurmt, sind die Preise, oder besser: deren Unterschiede. Bei gleicher Grösse (Plus oder Max) und bei gleichem Speicher beträgt der Unterschied zwischen dem regulären iPhone 14 und dem «Pro» in jedem Fall 250 Euro.
Und das ist einfach ein Tick zu wenig, um sich vom Pro-Modell abzusetzen.
Schlussendlich ist das Problem weniger ein technisches oder ein finanzielles, sondern ein mentales. Wenn die Kamera eine wichtige Rolle spielt, bestellen Sie das iPhone 14 Pro und feiern Sie Weihnachten mit einem Gutschein und viel Vorfreude auf das neue Gerät.
Wenn es hingegen genügt, dass die Kamera einfach «nur hervorragend, aber nicht an der Spitze» ist, greifen Sie bedenkenlos zum iPhone 14.
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