Der Verband der österreichischen Internet-Service-Provider appelliert an die Verantwortung der EU-Abgeordneten für die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte des Internets und unterstreicht die Gefahr für den Wettbewerb im Netz durch die geplante EU-Copyright-Richtlinie. [...]
„Österreichs EU-Abgeordnete sollten sich bitte bewusst machen, dass sie am Donnerstag zu Totengräbern des freien Internets und europäischer Startups werden könnten“, warnt Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA. Stimmen die Mandatare in Straßburg dem Entwurf der EU-Copyright-Richtlinie ohne Änderungen zu, nimmt ein ausgesprochen gefährliches Gesetzesvorhaben weiter seinen Lauf, das zu erheblichen Einschränkungen und tiefgreifenden negativen Veränderungen im Internet führen würde. „Hätte es vor 20 Jahren bereits die geplanten Upload-Filter gegeben, würde Wikipedia heute nicht existieren“, ist Schubert überzeugt.
Bereits am Donnerstag stehen die EU-Abgeordneten in Straßburg vor einer wichtigen Entscheidung. Stimmen sie dem Entwurf der EU-Urheberrechtsreform in der geplanten Form zu, laufen wir Gefahr, dass es das Internet in der Form, wie wir es bisher kannten, in Zukunft nicht mehr geben wird. Darin sind sich zahlreiche Experten einig. Gefordert sind die 751 EU-Mandatare, darunter 18 aus Österreich. Dass sich etliche darunter mit der Sache intensiv auseinandergesetzt haben und sich mittlerweile skeptisch zeigen bzw. immer mehr Mandatare den Entwurf offen ablehnen, sieht Schubert als erstes positives Zeichen.
Breite Allianz gegen die Upload-Filter
Vor den Gefahren für die Meinungsfreiheit durch die geplanten Upload-Filter im Internet warnen nicht nur die ISPA und zahlreiche andere Verbände aus ganz Europa. Mehr als 70 Informationstechnologie-Koryphäen hatten sich zuletzt in einem offenen Brief an EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani gewandt, um die lückenlose Überwachung und Kontrolle des Internets zu verhindern – darunter niemand geringerer als Tim Berners-Lee, Erfinder des HTML-Codes für das World Wide Web und Wikipedia-Mitbegründer Jimmy Wales. Auch die unzähligen Blogs, das Teilen von Schnappschüssen in Internetforen und viele andere Dinge, die durch Entwicklungen von Startups einer ganzen Generation längst zur Selbstverständlichkeit geworden sind, würde es mit Upload-Filter in der heutigen Form gar nicht geben. „Es steht außer Frage, dass wir uns für eine faire Entlohnung aller Kulturschaffenden aussprechen, mit den in Artikel 13 geplanten Maßnahmen wird viel Negatives erreicht werden, aber das mit Sicherheit nicht“, gibt der ISPA-Generalsekretär zu bedenken.
Vermessene und widersprüchliche Forderungen der Befürworter
Die Forderung der Presseverleger nach einem Leistungsschutzrecht frei nach dem Motto „bewirb meine Inhalte und zahl‘ mir auch noch dafür“ hält Schubert nicht nur für vermessen, sondern auch für klar widersprüchlich. Der Experte spielt damit darauf an, dass es zwar im Interesse der Medien sei, wenn ihre Inhalte über Suchmaschinen gefunden und verbreitet werden. Zugleich wollen sie aber von den Betreibern der Suchmaschinen Geld dafür kassieren, dass ihre Inhalte überhaupt angezeigt werden dürfen. Dabei wäre es mittels trivialer Robots.txt-Dateien ganz einfach möglich, das Erscheinen in Suchmaschinen zu unterbinden. Von dieser Möglichkeit würde aber nur sehr selten Gebrauch gemacht. „Anstatt die Provider als Gegner zu sehen, wäre wohl allen Seiten deutlich mehr geholfen darüber nachzudenken, wie man zusammenarbeiten könnte, um für Nutzerinnen und Nutzer den Erwerb von Presseinhalten, ungeachtet der Größe des Verlags, reizvoller und einfacher zu machen“, so Schubert.
Versuche der Entschärfung sind zum Scheitern verurteilt
Auch den erfolgten kleinen Anpassungen als Versuch der Entschärfung der EU-Copyright-Richtlinie kann Schubert nichts abgewinnen. „Vielfach handelt es sich um ein und dieselbe Idee, nur unter anderen Bezeichnungen. Letztendlich sind die Formulierungen dadurch auch schwammiger geworden, was alles nur noch langwieriger, komplizierter und rechtlich unsicherer macht“, so Schubert weiter. Die neuen Upload-Filter seien vergleichbar mit einem Stammtisch, bei dem permanent jemand daneben steht und alles sieht, alles hört und alles kontrolliert. Obwohl diese Maßnahme vorerst nur dazu dienen soll, Urheberrechtsverletzungen zu verhindern, so öffne dies klar Tür und Tor für Missbrauch und stelle eine Gefahr für unsere Demokratie dar, die in absolut keinem Verhältnis zu den wirtschaftlichen Forderungen der Rechteinhaber stehe. Schubert appelliert daher eindringlich an die EU-Abgeordneten sich dafür einzusetzen, die geplante Copyright-Richtlinie zu verhindern, das freie Internet zu erhalten und europäische Startups zu fördern.
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