Der Europäische Gerichtshof hat sein Urteil im Fall Fall kino.to gefällt. Von einem Internetanbieter können demnach Sperrmaßnahmen gegen eine Website verlangt werden. Die Sperrungen müssen nach europäischem Recht jedoch ausgewogen sein. In einer Aussendung zieht der Verband der österreichischen Internetprovider ISPA Parallelen zur Sperrung von Twitter in der Türkei durch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und warnt, dass so etwas nach dem EuGH-Urteil theoretisch auch in Österreich möglich wäre. [...]
Der Fall kino.to, bei dem Rechteinhaber erwirkt haben, dass der österreichische Internetprovider UPC seinen Kunden den Zugang auf diese Webseite, auf der illegal urheberrechtlich geschützte Inhalte zugänglich gemacht wurden, sperren musste, ist abgeschlossen. Der Europäische Gerichtshof hat sein Urteil gefällt und den Schlussanträgen des Generalanwalts weitgehend gefolgt: Von einem Internetanbieter können Sperrmaßnahmen gegen eine Website verlangt werden. Der konkrete Fall ist zwar hinfällig, da kino.to seit 2011 nicht mehr existiert. Der Sperrung ihrer Nachfolger wurden damit aber die Steine aus dem Weg geräumt.In einer Aussendung zieht der Verband der österreichischen Internetprovider ISPA (der schon im Vorfeld vor den möglichen Auswirkungen des Urteils gewarnt hatte) Parallelen zur Sperrung von Twitter in der Türkei durch Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und warnt, dass so etwas nach dem EuGH-Urteil theoretisch auch in Österreich möglich wäre. „An sich ist auch Twitter nur eine Website und es braucht im Prinzip nur jemanden, der findet, dass dieser Nachrichtendienst dazu genutzt wird urheberrechtlich geschütztes Material zu verteilen“, skizziert Maximilian Schubert, Generalsekretär der ISPA, ein Worst-Case-Szenario. Derartige Bedenken würden der ISPA zufolge von den Verwertungsgesellschaften und sonstigen Vertretern der wirtschaftlichen Interessen der Kunstschaffenden als völlig unrealistisch abgetan, geht es nach deren Ansicht ja lediglich um eine eher geringe Anzahl von Seiten, denen jetzt eine Sperre droht.
BÜCHSE DER PANDORA
„Man kann nicht die Büchse der Pandora öffnen und glauben, dass man die Auswirkungen maßvoll und gezielt steuern kann. Die Einführung von Netzsperren, zu welchem Zweck auch immer, wird zu zahlreichen weiteren Begehrlichkeiten und Maßnahmen in dieser Richtung führen“, warnt Schubert, der auch auf einen umstrittenen Passus im Entwurf der Europäischen Kommission zum Telekom-Binnenmarkt hinweist. In diesem ist vorgesehen, dass zur Durchsetzung von Gerichtsurteilen und Gesetzen sogenannte Netzwerkmanagement-Maßnahmen – sprich Netzfilter bzw. –sperren eingesetzt werden dürfen.
Darüber hinaus stellt das Urteil aus Sicht der ISPA die Interessen einer kleinen Gruppe, nämlich jener der Kunstschaffenden, über die Interessen der Allgemeinheit und könnte dadurch fatale Auswirkungen auf das Internet und speziell auf die Meinungsfreiheit haben. Dass diese kleine Gruppe auch andere Unterstützungen von der Allgemeinheit fordert – ganz aktuell sind hier Festplattenabgabe oder Haushaltsabgabe im Gespräch – anstatt sich darum zu bemühen, dass ihre Werke so vermarktet werden, wie es die Konsumentinnen und Konsumenten im 21. Jahrhundert erwarten, sorgt bei Schubert für Unverständnis.
Wie sich das Urteil konkret auswirkt, werden die nächsten Monate zeigen. Aus Sicht der ISPA haben die Verwertungsgesellschaften die Meinungsfreiheit im Internet niedergerungen, was sie als „Rückschritt und große Gefahr für die weitere Entwicklung des Internets speziell in Österreich“ sieht. (pi/rnf)
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