Automatisierung durchzieht scheinbar jeden Aspekt der IT. Fragt sich nur, wie weit man es mit den Softwarerobotern treiben sollte. [...]
Künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) sollen heute möglichst auf allen Ebenen eines modernen IT-Stacks zur Anwendung kommen. Automatisierung scheint allgegenwärtig zu sein, von Datenbanken über Applikationen bis hin zu Services, die alles miteinander verbinden und die Synapsen moderner Systeme bilden. Doch an welchem Punkt zügeln wir Softwareroboter? Diese Dinge sollten Sie nicht automatisieren.
Automatisierung – es gibt keine Regeln
Zunächst gilt es festzuhalten: In Sachen Automatisierung gibt es keine Regeln, keine Industriestandards und somit auch keine Grenzen. Es gibt nicht einmal eine Art De-facto-Industrie-Lackmus-Test, der Aufschluss darüber gibt, wo die Grenze gezogen werden sollte.
Automatisierungs-Use-Cases sind in jeder vertikalen Branche unterschiedlich. Trotz der Popularität von „Accelerator“-Technologien für Templates, die helfen sollen, Software-Implementierungen auf Infrastruktur-, Plattform- und Anwendungsebene zu verkürzen, müssen Unternehmen jeden Workflow innerhalb ihrer Organisationsstruktur untersuchen. Nur so lässt sich bestimmen, wie viel Automatisierung darauf angewendet werden soll.
Automation Readiness – 4 Maßnahmen
Jon Knisley, Principal of Automation and Process Excellence bei FortressIQ, empfiehlt vier wichtige Maßnahmen – beziehungsweise Tests – um festzustellen, wo Automatisierung am effektivsten ist.
„Zunächst müssen Sie die Gesamtkomplexität des Prozesses bewerten. Einblicke in die involvierten Anwendungen und den Umfang des erforderlichen menschlichen Fachwissens helfen, die Technologieauswahl zu lenken und die Machbarkeit des Erfolgs zu bestimmen. Im nächsten Schritt müssen Sie entscheiden, ob der Prozess unternehmenskritisch ist oder ob Sie nur um der Automatisierung willen automatisieren. Schließlich sollten Sie die Schlüsselkennzahlen identifizieren, die ein erfolgreiches Ergebnis definieren.“
Knisleys vierte Notwendigkeit besteht in einer detaillierten Prozessdokumentation. Ohne das Wissen darüber, welche genau vorliegen und wie sie verwendet werden, solle sich kein Unternehmen in eine Automatisierungsoffensive stürzen, so der Experte. „Mein Team und ich haben zu viele Szenarien gesehen, in denen Organisationen daran scheitern, einen Prozess zu automatisieren, den sie bereits vor der Automatisierung nicht vollständig verstehen.“
Automatisierung – zwischen Hype und Nutzwert
Wenn man bedenkt, wie sich die Process- und Task-Mining-Technologien im Vergleich mit unserer frühen, „einfachen“ Vorstellung von Dokumentenmanagement weiterentwickelt haben, zeigt die Innovationskurve steil nach oben. Kombiniert man diese Technologien mit modernem Workflow und Robotic Process Automation (RPA), ist man schon mitten im Hype-Umfeld.
„Um jede , die massive Akzeptanz erfährt, entsteht ein gewisser Hype. RPA war in den letzten drei Jahren die am schnellsten wachsende Kategorie für Unternehmenssoftware und bildet hier keine Ausnahme. Der erste große Trugschluss ist der Begriff selbst: Es handelt sich nämlich nicht um robotergestützte Prozessautomatisierung, sondern viel eher um die Automatisierung von Aufgaben durch Roboter“, so Knisley.
Knisley argumentiert, die unzutreffende Nomenklatur werfe einige Herausforderungen auf, etwa wenn es um die Skalierung im Unternehmen geht. Seiner Ansicht nach hätte die überwiegende Mehrheit der RPA-Anwenderunternehmen es immer noch geschafft, mehr als zehn Bots in den Produktivbetrieb zu nehmen.
Eine weitere große Herausforderung für die Wahrnehmung von RPA: Automatisierungsprogramme senken die Betriebskosten, indem sie zuvor manuelle Tätigkeiten übernehmen. Zwar besteht kein Zweifel daran, dass RPA es einem Team ermöglicht, mehr mit weniger zu tun – aber das Versprechen vom geringeren Ressourcenbedarf wird allzu oft nicht gehalten.
Das kann auch daran liegen, dass RPA immer noch menschliches Zutun bei Übergabeverfahren benötigt. Etwa, wenn Bots nicht über das Training oder die verfügen, um eine Aufgabe komplett zu erledigen. Es kann aber auch darin begründet sein, dass Mitarbeiter in der Regel ohnehin in anderen Rollen eingesetzt werden oder es kann ganz einfach an einer schlechten Automatisierungspraxis auf Systemarchitekturebene liegen.
IT-Automation – Software-Bots und technische Schulden
Trotz ihres Rufs als Allheilmittel für viele Unternehmensleiden, behaupten manche, dass RPA oft zu den technischen Schulden eines Unternehmens beitrage.
„Es besteht kein Zweifel daran, dass RPA schnell, effizient und kostengünstiger als andere Methoden ist. Dennoch handelt es sich eher um ein Pflaster als ein Allheilmittel. Insbesondere bei Analytics-Workloads werden die oft in Legacy-Mainframes generiert, wo RPA eingesetzt wird, um kostspielige API-Integrationen und andere Korrekturen zu vermeiden.
Es handelt sich somit um eine temporäre Lösung, um ein paar Jahre mehr aus einem Altsystem zu quetschen und ein kostspieliges, zeitaufwändiges und fehleranfälliges System-Upgrade zu vermeiden. Allerdings werden dabei die weniger offensichtlichen Kosten und Ineffizienzen ignoriert, die mit dem Betrieb der Legacy-Anwendung verbunden sind – beispielsweise Performance, Compliance und . Diese Probleme würden typischerweise durch ein Upgrade angegangen, werden aber zu oft durch den Einsatz einer RPA-Zwischenlösung aufgeschoben“, ist Knisley überzeugt.
Natürlich sind viele Automatisierungsimplementierungen hocheffizient – das erfolgreiche Wachstum spezialisierter Anbieter wie UiPath, Automation Anywhere oder Blue Prism zeugen davon. Doch neben den Vorteilen gibt es auch einige Automatisierungs-Herausforderungen zu meistern. Ohne die nötige Sorgfalt und Aufmerksamkeit, werden Sie mit Ihrer Automatisierungsinitiative nicht zufrieden sein.
Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer Schwesterpublikation IDG Connect.
*Adrian schreibt unter anderem für unsere Schwesterpublikation IDG Connect.
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