IT-Fachkräftemangel: Hohe Studien-Dropout-Quote gefährlich für IT-Standort

Aktueller IKT-Statusreport des FV UBIT zeigt: Reformen in der IT-Bildung weiterhin dringend notwendig. [...]

Norbert Wohlgemuth, Alfred Harl, Maria Pernegger und Martin Zandonella (c) FV UBIT/LIEB.ICH Productions
Norbert Wohlgemuth, Alfred Harl, Maria Pernegger und Martin Zandonella (c) FV UBIT/LIEB.ICH Productions

Mit mehr als 24.000 fehlenden IT-Fachkräften bleibt der IT-Fachkräftemangel in Österreich weiterhin bestehen, Tendenz steigend. Dies schadet der Wettbewerbsfähigkeit der gesamten heimischen Wirtschaft. Für den Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) liegt eine der Hauptursachen in der IT-Bildung, wie Fachverbandsobmann Alfred Harl klar macht: „Der aktuelle IKT-Statusreport zeigt eindeutig, dass hier ein Umdenken stattfinden muss, wie neue Fachkräfte für den IT-Standort Österreich gewonnen und bestehende im Job gehalten werden können.“

Kopfzerbrechen bereiten die seit Jahren sehr hohen Dropout-Quoten an Österreichs Hochschulen, die im Durchschnitt bei 37,5 Prozent und an einzelnen Institutionen sogar über der 50- Prozent-Marke liegen. „Seit Jahren beobachten wir eine besorgniserregend hohe Dropout-Quote an den Universitäten und Fachhochschulen im IKT-Bereich. Die Studierenden, die abbrechen, sind genau die IT-Expertinnen und -Experten, die den Unternehmen am Ende fehlen“, erläutert Martin Zandonella, Obmann-Stellvertreter des Fachverbands UBIT und meint weiter: „Die tertiäre Ausbildung im IKT-Bereich muss umgestaltet werden, damit die Abbruch-Quoten sinken.“ Tatsächlich würde schon eine Senkung um 10 Prozent, nach aktuellem Stand, gut 2.000 weniger Studienabbrecherinnen und -abbrecher bedeuten, die dann der IT-Branche zur Verfügung stünden. „Wir sind der Meinung: Eine Senkung der Abbruchquote um 10 Prozent ist machbar“, betont Harl.

Dropout-Quoten an den Universitäten weiterhin hoch

Laut IKT-Statusreport 2022 gab es 18.021 belegte IKT-Studien im Wintersemester 2021/22 an den Universitäten. Sie machen rund 6 Prozent aller belegten Studienplätze aus. Zwar nahmen die Dropout-Quoten bei den Informatikstudien leicht ab, bleiben aber dennoch hoch: In den Masterstudien Informatik liegt die Dropout-Quote mit 47,7 Prozent im Studienjahr 2020/21 doch deutlich über der Dropout-Quote der Bachelorstudien, was zumindest teilweise auf sogenannte ‚Jobouts‘, also Studierende, die das Studium abbrechen, um direkt in einen Job zu wechseln, zurückzuführen sein dürfte. Die gesamten Dropouts der IKT-Bachelorstudien belaufen sich an den Universitäten auf 4.318 Studenten (Dropout-Quote von 40,1 Prozent). „Die Dropouts bei den Bachelorstudien sind insbesondere schmerzhaft, da diese der IT verloren gehen“, sagt Zandonella.

Erstmalig enthält der IKT-Statusreport einen Vergleich von ausgewählten OECD-Staaten. So betrug im Jahr 2020 der Anteil von IKT-Studien im gesamten tertiären Bereich, unter 16 betrachteten Staaten, 4,5 Prozent (im Jahr 2014 waren es 3,8 Prozent). Diese Anteile reichen von 1,9 Prozent in der Türkei bis zu 8,1 Prozent in Israel, 9,9 Prozent in Finnland und 10,1 Prozent in Estland. Österreich liegt mit 5,4 Prozent im Mittelfeld. „Diese Zahlen zeigen die Herausforderungen, vor denen Österreich steht, um zu den IT-Spitzenreitern aufzuschließen“, so Studienleiter Norbert Wohlgemuth vom Kärntner Institut für Höhere Studien (KIHS).

Frauenquote und Ausbau der Informatikbildung als Quelle neuer IT-Expertise

Die fehlenden Stellenbesetzungen resultieren gemäß aktueller Daten in einem jährlichen Wertschöpfungsverlust von 4,2 Milliarden Euro oder 175.000 Euro pro unbesetzte Stelle. Unternehmen können ihre offenen IT-Positionen nur noch durchschnittlich zu 75 Prozent besetzen. „Bildung und eine hohe Qualifikation sind das Grundfundament für eine Karriere im IT-Sektor. Genau deswegen ist es nun Zeit, diese zu reformieren, um Dropout-Quoten zu drücken“, fordert Zandonella. „Es müssen rasch alternative Wege in die IT gefördert werden, etwa andere Einstiegsmöglichkeiten in die IT-Branche, wie die IT-Lehre oder die Duale Akademie der WKÖ für Maturanten und Studienabbrechern, verstärkt zu bewerben. Ein Fokus muss zudem weiter am Ausbau der informatischen Grundbildung ab der Volksschule, einhergehend mit einer Reform der Berufsberatung in der Sekundarstufe, liegen“, betont Zandonella.

Wichtig sei es, hier kurzfristige sowie langfristige Anreize zu schaffen, meint Maria Pernegger, Initiatorin von CoderDojo Steyr: „Kinder lernen spielerisch und sie brauchen den Zugang zu Technik und IT in einem jungen Alter. Es braucht bereits in der Elementarpädagogik institutionelle Angebote, die diesen Umgang fördern.“ Von solchen Angeboten gibt es allerdings aktuell zu wenige.

Eine Erhöhung des Frauenanteiles bei IKT-Studienabschlüssen um 10 Prozent könnte nach aktuellem Stand ein Plus von mehr als 1.500 Absolventinnen bringen. Diese potenziellen Absolventinnen müssen jetzt aktiviert werden, unterstreicht Harl abschließend: „Angesichts der schon fehlenden Fachkräfte und jener, die in den kommenden fünf Jahren in Pension gehen werden, ist es unabdingbar, alle verfügbaren Potenziale, die der IT-Branche zu Verfügung stehen, zu aktivieren.“


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