„Jedes Digitalisierungsprojekt ist ein Menschenprojekt“

Anatomie eines Unternehmens, das den Leitgedanken Human Centered Technology mit Leben füllt. Im Porträt: Dr. Gerlinde Macho und Manfred Pascher, Geschäftsführung von MP2 IT-Solutions. [...]

Dr. Gerlinde Macho und Manfred Pascher, Geschäftsführung von MP2 IT-Solutions (c) Erich Reismann
Dr. Gerlinde Macho und Manfred Pascher, Geschäftsführung von MP2 IT-Solutions (c) Erich Reismann

Der Weg in die Selbstständigkeit begann nicht mit einem festen Gründungsdatum, vielmehr entwickelte sich alles Schritt für Schritt. „Erste Aufträge kamen durch Empfehlungen, und irgendwann war der Punkt 1999 erreicht, an dem Gerlinde Macho und ich gesagt haben: Machen wir etwas daraus“, sagt Manfred Pascher im Gespräch mit transform!

„Der nächste Meilenstein war die Gründung der GmbH im Jahr 2002. Auch das hat sich aus einem konkreten Kundenauftrag ergeben – mit einem größeren Volumen und einer klaren Anforderung an eine stabile rechtliche Struktur. Es war der logische Schritt, das Unternehmen formal auf eine breitere Basis zu stellen. Ab da sind wir kontinuierlich gewachsen, sowohl strukturell als auch personell. Heute besteht das Team aus rund 60 Personen“, so Dr. Gerlinde Macho.

Obwohl der Gesundheitsbereich einen wichtigen Bereich von MP2 ausmache, „lautet unser Anspruch, professioneller IT-Partner für alle Unternehmen zu sein, die Wert auf Qualität, Verlässlichkeit und maßgeschneiderte Lösungen legen – unabhängig von der Branche. Ob es um IT-Security, Digitalisierung, Prozessberatung oder Softwareentwicklung geht: Wer eine langfristige Partnerschaft sucht, ist bei uns richtig.“ Laut Manfred Pascher betreut MP2 als Systemhaus eine sehr breite Kundenbasis – über 400 Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen vom klassischen Mittelständler über Rechtsanwaltskanzleien bis hin zu internationalen Fitnessketten oder auch ganz speziellen Projekten. „Aber wenn man alle Leistungen zusammennimmt – also Systembetreuung, Softwareentwicklung, Support – dann ist der Gesundheitsbereich heute klar unser wirtschaftlich bedeutendster Sektor.“

Hohe Verantwortung

Was die Herausforderungen in der Medizinbranche betrifft, so sieht Macho diese in der Vielzahl an Beteiligten mit sehr unterschiedlichen Anforderungen. „Es gibt zahlreiche Disziplinen, Fachabteilungen und Berufsgruppen, die alle mit den IT-Systemen arbeiten müssen – von der technischen Infrastruktur bis hin zu benutzerfreundlichen Anwendungen. Dazu kommt der Anspruch, dass auch der Service an den Patienten und Patientinnen bestmöglich unterstützt wird. Eine funktionierende Lösung muss nicht nur intern greifen, sondern auch externe Schnittstellen, etwa zu Sozialversicherungen oder anderen Systemen im Gesundheitsnetzwerk, zuverlässig bedienen. Genau deshalb ist es so schwierig, eine Gesamtlösung zu entwickeln, die allen Anforderungen gerecht wird.“

Angesichts der hohen Verantwortung in einem Bereich, der direkt das Leben von Menschen betrifft, hat das Unternehmen in Zwettl ein eigenes Competence Center für Digital Healthcare etabliert. „Dort konzentrieren wir uns gezielt auf die Prozesse im medizinischen Umfeld – mit einem klaren Fokus auf die Bedürfnisse von Patienten und Patientinnen, medizinischem Fachpersonal sowie den Datenschnittstellen zu externen Systemen.“

„Wir betrachten den Gesundheitsbereich aus mehreren Blickwinkeln“, sagt Pascher, „“denn wir bedienen ihn sowohl mit klassischer IT-Infrastruktur als auch mit spezialisierter Softwareentwicklung. Auf der Infrastruktur-Seite betreuen wir viele Einrichtungen wie jedes andere Unternehmen auch – mit dem Unterschied, dass im medizinischen Umfeld besondere technische Anforderungen gelten.“

Die Softwareentwicklung kam erst im Laufe der Zeit dazu – wieder einmal ausgelöst durch Kundenanfragen. Als ein langjähriger, sehr zufriedener Infrastrukturkunde mit dem Problem auf das Team zukam, keine passende Software zu finden, hat MP2 unter anderem damit begonnen, eigene medizinische Dokumentationssysteme zu entwickeln. „Anfangs arbeiteten wir ausschließlich für private Gesundheitsanbieter, später haben wir unseren Marktanteil so weit ausgebaut, dass wir auch bei öffentlichen Ausschreibungen erfolgreich teilnehmen konnten und in bestimmten Bereichen Marktführer in Österreich sind“, so Pascher. „Unser Ziel ist es, die enorme Komplexität im Gesundheitsbereich nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch zu reduzieren – mit Lösungen, die aufeinander abgestimmt sind und im Praxisalltag funktionieren.“

Prozessoptimierung

Der Gesundheitsbereich gilt nicht gerade als Muster schlanker Prozesse. Pascher: „Nach über 20 Jahren Erfahrung kennen wir sehr viele interne Abläufe in medizinischen Einrichtungen und sehen immer wieder ein ähnliches Muster. Viele Prozesse sind historisch gewachsen und oft unnötig komplex. Das wird den Beteiligten oft erst bewusst, wenn sie die Abläufe selbst im Detail erklären. Und genau da setzen wir an.“

Es gehe dabei nicht darum, Zuständigkeiten infrage zu stellen, sondern Prozesse zu optimieren, ohne die Qualität zu gefährden. „Wir helfen unseren Kunden, ihre bestehenden Strukturen kritisch zu reflektieren und gegebenenfalls anzupassen. Oft reichen schon kleine Änderungen, um Abläufe schlanker und effizienter zu gestalten – das ist der Hebel, mit dem wir organisatorisch Wirkung erzielen.“ „Jedes Digitalisierungsprojekt ist in erster Linie ein Menschenprojekt“, bringt es Gerlinde Macho auf den Punkt. „Das ist uns sehr bewusst und prägt unsere Herangehensweise von Anfang an. Unsere Experten und Expertinnen beziehen die künftigen Anwenderinnen und Anwender sehr früh in den Prozess ein. Nur wer den Grund für eine Neuerung nachvollziehen kann, ist auch bereit, sie zu unterstützen.“ Hinzu kommt, dass kein Gesundheitsbetrieb dem anderen gleicht. „Oft gibt es ganz spezielle Anforderungen. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, die digitale Lösung exakt auf die jeweilige Einrichtung zuzuschneiden. Und genau das ist unser Anspruch: Digitalisierung, die den Menschen dient und nicht über sie hinweggeht.“

Unterschiedliche KI-Ansätze

Kürzlich hat MP2 das auf KI spezialisierte Unternehmen DC1 übernommen. „Dort unterscheiden wir sehr klar zwischen KI-Anwendungen im allgemeinen Unternehmenskontext und solchen im medizinischen Umfeld. Im klassischen Businessbereich setzen wir bereits eine Vielzahl an Lösungen ein, mit denen wir Prozesse automatisieren oder Entscheidungsgrundlagen verbessern. Im Gesundheitswesen allerdings stoßen wir schnell an regulatorische Grenzen. Der entscheidende Punkt ist das Medizinproduktegesetz – und hier insbesondere die Anforderung, dass medizinische Software in ihrem Output nachvollziehbar und reproduzierbar sein muss. Eine generative KI, deren Entscheidungsweg nicht exakt vorhersehbar ist, lässt sich unter den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen in Europa schlicht nicht als Medizinprodukt zertifizieren“, so Manfred Pascher.

Daher seien KI-Anwendungen im Gesundheitsbereich heute meist sehr spezialisiert und eng begrenzt – etwa zur Unterstützung in der Radiologie bei der Tumorerkennung. „Wir arbeiten derzeit an einem KI-Projekt zur Einschätzung von Wunden – ein hochspezialisiertes Thema. Ziel ist es, anhand vorhandener Bilddaten eine Vorhersage zu treffen, wie sich eine Wunde entwickelt. Genau diese fokussierten Projekte sind aktuell sinnvoll und umsetzbar – auch unter den regulatorischen Bedingungen.“

Nachhaltig auf mehreren Ebenen

Der Fokus auf den Menschen zeigt sich nicht nur im Umgang mit den Kunden und Kundinnen, sondern auch MP2-intern – Stichwort Nachhaltigkeit. „Für uns ist das kein isoliertes Thema, sondern ein grundlegendes Prinzip unternehmerischer Verantwortung – gegenüber der Gesellschaft, unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und letztlich auch uns selbst. Wir haben aktuell rund 60 Beschäftigte – Menschen, für die wir als Arbeitgeber Verantwortung tragen, und indirekt auch für deren Familien. Das geht weit über wirtschaftliche Stabilität hinaus. Wir verstehen Nachhaltigkeit in erster Linie menschenzentriert – es geht um langfristige Entwicklung, um Gesundheit, um Arbeitsfähigkeit und darum, wie wir unsere Mitarbeitenden dabei unterstützen können, dauerhaft leistungsfähig und motiviert zu bleiben.“

Das Unternehmen fördert zudem Initiativen, die über den reinen Arbeitsalltag hinausgehen. Ein Beispiel dafür ist ein Kunstprojekt mit dem Kinderhospiz MOMO, für das MP2 vor kurzem den Wirtschaft-hilft-Award gewonnen hat. „Gemeinsam mit Künstlern und Künstlerinnen haben unsere Mitarbeitenden in Workshops eigene Werke geschaffen. Solche Projekte ermöglichen Perspektivwechsel, stärken Kreativität und holen die Menschen auch einmal aus ihrem fachlichen Tunnel heraus. Genau diese Kombination aus technischer Exzellenz und sozialer Verantwortung verstehen wir unter zeitgemäßer Nachhaltigkeit“, so Macho.

Ein weiteres Thema, das der Geschäftsführerin am Herzen liegt, ist die Steigerung der Frauenquote in der IT, die derzeit bei mageren 18 Prozent liegt. „Das Thema begleitet uns schon lange. Wir haben bereits 2006 am Töchtertag teilgenommen und seitdem regelmäßig junge Mädchen eingeladen, unser Unternehmen kennenzulernen. Diese Initiative ist für uns ein wichtiges Instrument, um früh Interesse für IT zu wecken – und um zu zeigen, dass Technologie kein männlich geprägter Raum sein muss. Denn eines ist klar: Wenn man eine Personengruppe systematisch außen vor lässt, ist das nicht nur ungerecht, sondern auch wirtschaftlich und gesellschaftlich kurzsichtig.“ Außerdem unterstützt MP2 Initiativen wie She goes Digital und Women in ICT. „Letztere habe ich mitgegründet – heute ist es eines der größten Netzwerke in Österreich im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie mit über 200 aktiven Botschafterinnen. Dort bieten wir unter anderem ein Mentoring-Programm an. Mir ist besonders wichtig, dass dieses Engagement nicht nur Frauensache bleibt. Es braucht die Unterstützung aller – auch Männer – wenn wir echte Chancengerechtigkeit erreichen wollen. Bei uns im Unternehmen ist das gelebte Praxis: Das Team unterstützt diese Maßnahmen aktiv.“

Manfred Pascher ergänzt: „Dass Gerlinde Macho unter anderem den Frauenpreis beim Staatspreis 2022 in der Kategorie MINT erhalten hat, zeigt, dass man mit Engagement auch wirklich etwas bewegen kann. Aber klar ist auch: Es braucht noch viele Schritte, damit aus 18 Prozent irgendwann echte Gleichstellung wird – und damit alle jungen Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht den Beruf wählen können, der zu ihnen passt.“

Vom richtigen Gefühl

Die zuvor genannte Übernahme von DC1 spiegelt einen organisch gewachsenen Entwicklungsweg wider. Manfred Pascher: „Das heißt, wir wachsen mit eigenen finanziellen Mitteln, ohne Fremdkapital oder externe Investoren. MP2 ist technisch sehr stark aufgestellt – unsere Softwarelösungen und IT-Infrastruktur sind technologisch tief verankert. Aber gerade deshalb war uns bewusst, dass ein ergänzender Fokus auf Beratung, Prozessbegleitung und Changemanagement fehlt. Und genau dort liegt die Stärke von DC1.“ „Man könnte sagen, unsere Strategie ist vielleicht ein wenig altmodisch – aber sie fühlt sich für uns richtig an. Wir wollen auf solider Basis wachsen, aus eigener Überzeugung und mit einem klaren Blick auf die Menschen, die bei uns arbeiten und deren Familien. Das schafft nicht nur Stabilität, sondern auch Entscheidungsfreiheit“, so Gerlinde Macho abschließend.

Der Artikel erschien in transform! 02/2025.


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