„Jetzt zählt Leadership“

Confare-Boss Michael Ghezzo spricht im Interview über Arbeiten in Zeiten des Coronavirus, die Zukunft des CIO Summits und Homeoffice mit drei Kindern, die ebenfalls daheim sind. [...]

Michael Ghezzo ist Unternehmer, Veranstalter des CIO Awards und Vater dreier Kinder. (c) Confare

Wie hart trifft das Coronavirus ein Event-Unternehmen wie Confare?
Offen gesagt hat uns die Krise rund um Covid-19 sofort und hart getroffen. Wir mussten unsere größte Veranstaltung, das Confare CIOSUMMIT, und weitere wichtige Events kurzfristig verschieben. Die Krise trifft uns auf ganz unterschiedlichen Ebenen. Als Unternehmer, deren Kerngeschäft massiv gestört wird, als Arbeitgeber, der den Mitarbeitern Perspektiven bieten will, als Eltern, mit Kindern, deren Schulausbildung eingeschränkt wird.

In so einer schwierigen Situation war es persönlich sehr berührend, wie hilfsbereit und treu unser Netzwerk ist. Wir waren wirklich begeistert von der Reaktion der IT-Community. Wie sehr die IT-Manager im DACH-Raum am Weiterbestand unserer Plattform interessiert sind und bereit sind uns mit Content, Tipps und aufmunternden Reaktionen zu unterstützen. Auch die Partner unterstützen die Verschiebung und es sind sogar neue Anmeldungen dazu gekommen, so dass wir im September wahrscheinlich doch noch unseren Anmelderekord feiern können.

Ist euer Fortbestand gefährdet?
Wir haben 2008 gegründet, wir haben also schon einmal eine gröbere Krise erfolgreich überstanden. Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich würde mir deswegen keine Sorgen machen. Aber solange wir im September unsere Events abhalten dürfen, werden wir das Jahr gut überstehen. Es sind vier Gründe, warum ich an unsere Fähigkeit glaube, die Krise zu bewältigen: Liquidität, ein eingespieltes Team, thematische Fokussierung und unsere Plattformausrichtung.

Wir haben sehr erfolgreiche Jahre hinter uns, und sind dabei bescheiden geblieben. Dadurch hat das Unternehmen eine hohe Liquidität und damit verbunden das notwendige Durchhaltevermögen. Die Mitarbeiter sind begeistert bei der Sache und unterstützen das Unternehmen und uns als Unternehmer dabei, diese Krise zu überstehen.

Der thematische Fokus auf IT und Digitalisierungsthemen ist natürlich auch günstig, da diese Bereiche jetzt an Bedeutung gewinnen, weil sich Unternehmen mit modernen Arten der Zusammenarbeit befassen.

Außerdem kommt uns zu Gute, dass wir uns in den letzten Jahren davon weg entwickelt haben, reiner Konferenzanbieter zu sein. Wir sehen uns als Community Plattform. Über unseren Blog auf www.confare.at und unsere Social-Media-Aktivitäten tauschen sich DACH weit CIOs aus und nutzen das Ecosystem rund um die Veranstaltungen, Auszeichnungen und Netzwerkaktivitäten wie unseren CIO Think Tank. So haben wir eine enorme Social Media Reichweite aufgebaut. Damit verbunden ist eine Digitalisierung unseres Geschäftsmodells mit spannenden Content Marketing Maßnahmen und diese Online Komponente gewinnt jetzt sicherlich noch an Bedeutung.

Kurz gesagt: Ich denke wir sind gut darauf vorbereitet, diese Krise zu bewältigen und den Fortbestand des Unternehmens zu ermöglichen.

Was bedeutet die Verschiebung des CIO Summit für das Event?
Im September haben wir auch unsere CIO Events in Deutschland und der Schweiz, das wird also ein ziemlich turbulenter Monat! Der Herbst ist ohnehin ein Zeitraum mit sehr vielen Veranstaltungen, nun kommen auch alle verschobenen Events des ersten Halbjahres hinzu, die jetzt alle um die Zeit von Führungskräften buhlen. Ich gehe davon aus, dass der Veranstaltungswildwuchs der letzten Jahre damit einen Dämpfer erhält und nur mehr die Formate und Events punkten, die wirkliche Relevanz zu bieten haben. The Winner takes it all, heißt es im Plattform-Business. Es geht wieder um den Kern dessen, was Veranstaltungen wirklich ausmacht. Purpose, also das Positive, das eine Veranstaltung bewirken kann, wird im Vordergrund stehen. Für reine Vertriebsshows und oberflächliches Schlagwort-Dreschen reicht der Online-Kanal.

Eine Folge der vielen verschobenen Events des ersten Halbjahres ist auch, dass wir in Bezug auf Location und Termin keine Auswahlmöglichkeiten hatten, und so erstmals mit einem Termin in den Sommerferien liegen. Da diesen Sommer die Reisewut wohl nicht allzu hoch sein wird, und jeder damit befasst ist, die verlorene Zeit wieder einzuholen, scheint sich das aber nicht allzu negativ auszuwirken. Auch wir haben den Sommerurlaub als eine erste Notmaßnahme vorgezogen, damit wir unseren September Veranstaltungsmarathon entsprechend bewältigen können. Wie gesagt, die befürchtete Abmeldungsflut ist ausgeblieben und es sind sogar neue Anmeldungen dazu gekommen. So gesehen haben wir Zeit gewonnen, um Menschen von einer Teilnahme am Event zu begeistern.

Was arbeitet ihr derzeit? Wie gut seid ihr für Homeoffice aufgestellt?
Zwei gute Fragen. Was macht man bei einem Eventanbieter, wenn keine Events stattfinden dürfen? Dazu muss man sagen, dass das Event selbst in unserer Tätigkeit ohnehin nur die Spitze des Eisbergs ist. Unseren Mitarbeitern ist praktisch nie fad, denn es gilt das Online und Social Media Marketing auszureizen, um Teilnehmer zu gewinnen, Partner und Sponsoren zu finden um die Finanzierung sicher zu stellen, laufend mit den Teilnehmern zu kommunizieren, um die Ausfallsquote niedrig zu halten. Dazu kommt unser Schwerpunkt auf spannende Inhalte, sowohl auf unseren Events, als auch auf der Web-Plattform.

Grundsätzlich sind wir auf mobiles Arbeiten ganz gut vorbereitet gewesen. Alle lebenserhaltenden Systeme wie CRM und CMS sind via AWS Cloud oder Hostinganbieter remote erreichbar. Generell möchte ich aber nicht in die aktuellen Jubelrufe, dass sich Home-Office jetzt endlich zeitgemäß durchsetzt, einstimmen. Viel von unserer Kreativität und Agilität bei Confare kommt durch die Diversität unserer Mitarbeiter und den ständigen Ideenaustausch zusammen.

Außerdem habe ich aus eigener Erfahrung die Ansicht, dass Home-Office mit Kindern nur schwer machbar ist. Auch noch, wo die Kinder und Lehrer dank der Schulspeere mit halbgaren E-Learning Konzepten zu kämpfen haben. Wir helfen den Kindern natürlich dabei. Meine Tochter hat den Umgang mit insgesamt sechs unterschiedlichen Tools zu bewältigen, auf die weder sie noch ihre Lehrer ausreichend eingeschult sind. Von Microsoft Teams, Office 365 bis zu speziellen Mathematik- und Englisch- Plattformen reicht die Bandbreite. Eine gängige Cyberhomework Plattform wurde schon in der ersten Woche von zu vielen Zugriffen und Hackerangriffen in die Knie gezwungen. Als Ersatz wurde ein 28 MB großes pdf File zum Ausdrucken geschickt.

Also bin ich zwar froh, dass wir die notwendige Ausstattung und Fähigkeit zum Remote Arbeiten haben, aber ich werde mich auch wieder sehr glücklich schätzen, wenn wir wieder im Büro bei einem Kaffee die nächsten Pläne schmieden.

Tipps für heimische KMU zum Umgang mit der Krise?
Dazu habe ich mich mit zahlreichen Unternehmerkollegen und Geschäftsführern ausgetauscht. Ich denke, Österreich wird erstmals seit 2009 eine Rezession erleben. Insolvenzen und steigende Arbeitslosigkeit werden die Folge sein. Als Geschäftsführer gilt es im ersten Schritt das Überleben des Unternehmens sicherzustellen. Liquidität entscheidet, insbesondere, wenn die starken Einschränkungen des Wirtschaftslebens lange anhalten. Man muss die eigenen Kapazitäten an die reduzierten Umsätze anpassen. Da helfen vor allem die Modelle der Kurzarbeit, die extra für diese Krise geschaffen wurden. Es gilt die staatlichen Hilfsleistungen für Unternehmen auf ihre Anwendbarkeit im eigenen Unternehmen zu prüfen. Es macht auch Sinn, Ausfälle für etwaige Versicherungsfälle zu dokumentieren.

Man sollte aber nicht außer Acht lassen, sich für einen neuerlichen wirtschaftlichen Aufschwung fit zu halten. Jetzt zählt Leadership. Schönwetter Manager scheitern an der Krise. Wer ausreichend langen Atem hatte, realistisch-optimistisch führt, kann dann durchstarten. Wer jetzt mit der entsprechenden Weitsicht handelt, wird dann in der ersten Liga mitspielen.


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