Junge Wirtschaft Wien kritisiert Architektur der E-Zustellung

Ab Anfang 2020 gilt für Unternehmen das Recht auf elektronische Zustellung von behördlichen Informationen oder Bescheiden. Die Junge Wirtschaft Wien (JWW) begrüßt diesen Schritt grundsätzlich. Sie fordert jedoch, dass die E-Zustellung umfangreicher und auch für Privatpersonen umgesetzt wird. [...]

Das von der Jungen Wirtschaft Wien geforderte digitale Postfach entspricht im Grunde einem E-Mail Postfach, mit dem Unterschied, dass es behördlich an jeden einzelnen Staatsbürger vergeben wird und durch moderne Verschlüsselungstechnologien absolut sicher ist. Mit der eigenen ID, die ein Leben lang gleich bleibt, loggt man sich ein und hat Zugriff auf behördliche Schriftstücke und andere sensible Informationen. (c) ferkelraggae - stock.adobe.com

Was in Estland funktioniert und in Dänemark verpflichtend ist, ist in Österreich noch Zukunftsmusik: ein digitales Postfach für jeden Staatsangehörigen direkt vom Staat vergeben. Im Rahmen der Umsetzung einer EU-Richtlinie wird vorerst Anfang 2020 die E-Zustellung verpflichtend – aber nur für Unternehmen und nur für Nachrichten von Bundesbehörden. Die Junge Wirtschaft Wien sieht die EU-Vorgabe nur rudimentär umgesetzt und schlägt zusätzliche Implementierungsmöglichkeiten vor.

Ab Anfang 2020 gilt für Unternehmen das Recht auf elektronische Zustellung von behördlichen Informationen oder Bescheiden. Das heißt, alle Bundesbehörden informieren Unternehmen über ein eigens dafür eingerichtetes Postfach, die Unternehmen wiederum müssen die Möglichkeit schaffen, elektronische Zusendungen empfangen zu können. So werden etwa die Finanzämter Bescheide direkt digital zustellen, ebenso Ministerien oder andere Bundesbehörden. Die Junge Wirtschaft Wien (JWW) begrüßt diesen Schritt grundsätzlich. Sie fordert jedoch, dass die E-Zustellung umfangreicher und auch für Privatpersonen umgesetzt wird. Das digitale Postfach soll dabei ein zusätzlicher Kommunikationskanal sein, der so gut ist, dass er freiwillig genutzt wird.

Umsetzung mangelhaft

„Wir haben mehrere Verbesserungsvorschläge, was die E-Zustellung betrifft. Erstens: Es handelt sich aktuell lediglich um eine Einwegkommunikation. Das heißt, Unternehmer können Post von Bundesbehörden empfangen, sie können aber nicht über den gleichen Kanal antworten. Das sollte dringend geändert werden. Zweitens: Ausschließlich Bundesbehörden sind eingebunden. Wieso nicht gleich auch alle Länder und Gemeinden? Und drittens: Wieso wird die E-Zustellung nicht für alle juristischen und natürlichen Personen, also auch für Privatpersonen, eingeführt?“, fragt Barbara Havel, Vorsitzende der Jungen Wirtschaft Wien. „Wir fordern, dass die E-Zustellung in Form eines digitalen Postfaches für alle eingeführt wird.“

Vereinfachung von Behördenwegen

Das von der JWW geforderte digitale Postfach entspricht im Grunde einem E-Mail Postfach, mit dem Unterschied, dass es behördlich an jeden einzelnen Staatsbürger vergeben wird und durch moderne Verschlüsselungstechnologien absolut sicher ist. Mit der eigenen ID, die ein Leben lang gleich bleibt, loggt man sich ein und hat Zugriff auf behördliche Schriftstücke und andere sensible Informationen.

„Das digitale Postfach kann ganz einfach auf bestehende Systeme in Österreich, wie die Bürgerkarte und die E-Zustellung, aufgebaut werden“, erklärt Vincenz Leichtfried, Digitalisierungssprecher und stellvertretender Vorsitzender der JWW. „Unsere Anwendungsszenarien sehen eine deutliche Vereinfachung für alle Bürger, Unternehmen und Behörden vor. Mit dem digitalen Postfach wird eine sichere elektronische Kommunikation von und zu Behörden und Institutionen, zwischen Unternehmen sowie zwischen Kunden und Unternehmen ermöglicht. Auch die Übermittlung anderer sensibler Informationen, etwa von Ärzten, Anwälten oder Steuerberatern, sind über das digitale Postfach möglich“, skizziert Leichtfried einen Teil der Einsatzmöglichkeiten der neuen Kommunikationsform.

Doch die Anwendungsbereiche sind noch deutlich weitreichender: „Mit der Einrichtung von Clearingstellen für den Versand, etwa über das Melderegister, könnten alle Bürger, die an einer Adresse gemeldet sind, zum Beispiel über die Termine des Rauchfangkehrers informiert werden oder über Gasgebrechen. Mit der Einbindung von Bankinstituten ist der elektronische Rechnungsversand statt der Papierrechnung bei Bankomat- oder Kreditkartenzahlung über einen sicheren und gleichzeitig einfachen Kanal garantiert“, führt Leichtfried aus. Für Unternehmen sei die Möglichkeit, Rechnungen digital und sicher zu verschicken, sehr attraktiv. Gleichzeitig könnte man auch der wachsenden Bedrohung der Cyberkriminalität entgegenwirken sowie einige Grundanforderungen der EU-DSGVO leichter umsetzen.

Die Benachrichtigung für neue Unterlagen im digitalen Postfach ist denkbar einfach: Der Adressat oder die Adressatin wird via SMS oder E-Mail informiert. Die digitale Post kann dann jederzeit und völlig ortsunabhängig abgerufen werden. Neben der Vereinfachung von Behördenwegen und der Zeitersparnis ist die digitale Kommunikation auch umweltschonend, da die Papierberge, die etwa durch Rechnungsläufe oder die Zusendung von Versicherungsunterlagen entstanden sind, der Vergangenheit angehören.

Sichere Kommunikation

Das digitale Postfach bietet eine einfache, sehr sichere Möglichkeit der Kommunikation ohne Spam oder Malware. Allerdings müsse es unbedingt unternehmerfreundlicher gestaltet werden, als es bei der E-Zustellung derzeit geplant sei, ergänzt Havel: „Hier schließt sich der Kreis zur digitalen Bürokratie. Beide Seiten – Behörden und Unternehmer – profitieren, wenn Anträge und Genehmigungen rascher abgewickelt werden können.“ Auch Dokumente wie Lohnzettel, Rechnungen, Verträge oder Kontoauszüge können über das digitale Postfach absolut sicher übermittelt werden.

Aus Sicht der Jungen Wirtschaft Wien führt über kurz oder lang kein Weg an der vollständigen Digitalisierung der Kommunikation vorbei. „Wir können es uns schlichtweg nicht leisten, den Anschluss zu verlieren. Was in Dänemark bereits Pflicht ist und auch in Estland weitreichend umgesetzt ist, steckt bei uns noch in den Kinderschuhen. Das muss sich ändern“, so Havel und Leichtfried abschließend.


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