Während beim Wireless Charging vor allem Ladepads immer beliebter werden, könnte die Zukunft „ätherisch“ sein – im wahrsten Sinn des Wortes. [...]
Während kabellose Ladepads seit etwa einem Jahr zum Alltag gehören – angespornt durch Apples Veröffentlichung seiner iPhone 8 und X-Serie und des künftigen AirPower-Wireless-Ladegeräts –, liegt die Zukunft des kabellosen Ladens noch immer in der Luft.
Die Möglichkeit, Hardware über Entfernungen von mehreren Metern zu laden, schien immer schon in greifbare Nähe zu sein, auch wenn die ersten Ankündigungen bereits mehrere Jahre zurückliegen. Nun haben jedoch einige der Unternehmen, die sich mit dem Thema Wireless Charging befassen, Partnerschaften mit der Elektronikindustrie angekündigt, die den Weg für die tatsächliche Produktlieferung ebnen sollen.
Das in Israel ansässige Unternehmen Wi-Charge will auf der Mobile World Conference Americas vom 12. bis 14. September in Los Angeles die Namen seiner ersten Partner vorstellen, die die Technologie in ihre Produkte integrieren werden.
„Sobald das Unternehmen mit der Lizenzierung seiner Technologie beginnt, die Infrarot nutzt, um Strom zu übertragen, sollten die Produkte bald danach – voraussichtlich Anfang 2019 – ausgeliefert werden“, so Yuval Boger, Chief Marketing Officer von Wi-Charge. Letztes Jahr erhielt Wi-Charge für seine Technologie die Genehmigung der US-Food and Drug Administration.
Infrarot, das Wi-Charge verwendet, kann Strom (durch Sichtverbindung) von einem Ladehotspot, der wie ein Wi-Fi-Router aussieht, an Geräte in einem Umkreis von rund 4,5 Meter senden. Während das Unternehmen behauptet, dass es über 10 Meter übertragen kann, dauert der Ladevorgang länger, wenn die Entfernung zunimmt. Der Wi-Charge-Hotspot kann an einer Wand oder Decke montiert werden und einen mittelgroßen Raum abdecken, sodass sich Geräte automatisch aufladen.
Das Unternehmen sieht seinen Markt nicht nur beim Laden von mobilen Produkten, sondern auch von IoT-Geräten, wie z. B. bei Smart-Building-Lösungen. Der Vorteil besteht darin, dass IoT-Geräte nicht mehr für die Stromversorgung fest verkabelt werden müssen.
Ein einzelner Wi-Charge-Sender kann bis zu drei Watt an Geräte wie ein Smartphone oder Laptop oder weniger als ein Watt an ein IoT-Gerät senden. Das Unternehmen hat bereits einen kleinen Dongle entwickelt, der in ein Android-Smartphone eingesteckt wird und drahtlos lädt.
„Wir können viel mehr Strom liefern, genug, um ein Telefon in einer viel größeren Entfernung aufzuladen. Mit Infrarot können wir einen wirklich fokussierten Strahl liefern“, sagte Boger. „Das heißt, wenn Sie einen kleinen Empfänger haben, können Sie die gesamte Energie, die vom Sender kommt, an diesen Empfänger liefern. Sie haben also eine sehr hohe Effizienz und können viel Energie übertragen.“
Im Gegensatz dazu Radiofrequenzwellen (RF): „Die eignen sich dafür, wenn man mit dem Radioprogramm alle Empfänger in der Umgebung erreichen will. Sie eignen sich aber schlecht, wenn man kabellos arbeiten will. Die kleinen Empfänger nehmen nur einen winzigen Bruchteil der Leistung auf“, so Boger.
Der Preis für einen Wi-Charge-Smartphone-Dongle liege bei etwa 10 Dollar, meint Boger. Wie hoch der Verkaufspreis für einen Wi-Charge-Hotspot könne er jedoch nicht sagen. Die Einzelteile machen etwa 100 Dollar aus.
„Heute haben wir zwei Modelle, eines, das speziell für IoT-Geräte entwickelt wurde. Das können Smart-Home-Geräte sein, Sensoren an intelligenten Gebäuden oder ein smartes Türschloss. Diese Technologie kann Batterien und natürlich Netzkabel ersetzen“, sagt Boger. Er fügt hinzu, dass drahtlose Lautsprecher Musik sowohl über Bluetooth als auch über den Infrarotsender empfangen könnten. Das andere Modell des Unternehmens zielt eher auf den mobilen Einsatz ab und bietet mehrere Watt Leistung bis zu rund 4,5 Meter Entfernung an.
Ostia setzt auf Radiofrequenz
Ossia, ein weiteres Unternehmen, das sich dem Thema verschrieben hat, hat sich mit dem Elektronikhersteller Molex zusammengetan, um die Entwicklung seiner ersten Produkte voranzutreiben, die in diesem Jahr verfügbar sein sollen. Und noch bevor es ein einzelnes Ladegerät geliefert hat, kündigte Ossia diesen Monat Verbesserungen an seiner Firmware an, die die Menge an Geräten, die von einem Transmitter bedient werden können, um 50 Prozent erhöhen soll.
Ossias Cota-Technologie verwendet Radiofrequenz, um Energie und Daten über Entfernungen von mehr als 4,5 Meter zu senden. Cota Transmitter können Verbindungen herstellen, um Dutzende von Mobilgeräten innerhalb eines Radius von mehreren Metern zu laden. Die Sender sind in verschiedenen Formaten erhältlich, einschließlich einer Deckenplatte.
Durch die Verbindung von zwei Cota-Deckenplatten kann das System mobile Geräte in einem typischen Café, Büro oder anderen Räumen versorgen, so das Unternehmen. Es hat auch AA-Batterien entwickelt, die drahtlos aufgeladen werden können.
Ossia gab bekannt, dass das Cota Real Wireless Power System demnächst im 5,8 GHz ISM-Band verfügbar sein wird, eine Frequenz, die eine gezieltere Stromversorgung ermöglicht. Das Unternehmen hat nicht offengelegt, wie hoch die Übertragungsleistung sein wird. Bei vorangegangenen Iterationen ist es um ein halbes Watt gegangen.
„Nehmen wir an, ich bin acht bis zehn Stunden am Tag in einem Büro und erhalte ein halbes Watt oder ein Watt Leistung; es lädt mein Gerät ständig auf“, sagt Ossia-CEO Mario Obeidat. „Wenn es fünf Stunden dauert, das Gerät vollständig aufzuladen, ist das gut, weil Du die ganze Zeit da bist.“
Energous
Ein Ossia-Konkurrent, Energous, erhielt die FCC-Zulassung im Dezember, als die Agentur den WattUp Near Field-Sender des Unternehmens zertifizierte. Wie die heute bekannten Ladepads ermöglicht es kontaktbasierte Schnellladefunktionen für mobile Geräte wie Smartphones und Fitnessbänder. Michael Leabman, Gründer und CTO von Energous, zeigte, wie einer der kabellosen Lade–Router des Unternehmens auch Strom über mittlere und weite Entfernungen senden kann.
Wie Ossia hat sich Energous mit einem großen Elektronikhersteller, Dialog Semiconductor, zusammengetan, um den Vertrieb seiner Technologie zu unterstützen. „Ich habe Ossia und Energous getestet, die Technologie funktioniert“, sagt Rob Rückert, der Geschäftsführer von Sorenson Capital, einer Private-Equity- und Venture Capital-Firma.
Rückert ist der Meinung, dass das Laden aus der Ferne eine überzeugendere Technologie ist als das Aufladen von Pads oder sogar Boxen, bei denen ein Gerät immer noch relativ eng mit einer Ladequelle verbunden sein muss.
Was ist mit dem Qi-Standard?
Ein mögliches Hindernis für die Einführung des kabellosen Ladens aus der Ferne ist, dass weder Ossia noch Energous Qi-fähige Geräte laden können. Die Technologie ist proprietär.
Wi-Charge hat jedoch ein Qi-fähiges Ladepad entwickelt, das nicht angesteckt werden muss. Die Stromversorgung erfolgt über einen internen Akku, der über den WLAN-Hotspot geladen wird. Im Wesentlichen lädt der Wi-Charge-Hotspot das kabellose Ladegerät, das wiederum das Smartphone oder andere Qi-fähige Geräte mit Strom versorgt.
„Der Empfänger hat eine photovoltaische Zelle. Er ist wie eine kleine Solarzelle. Der Sender sucht im Raum nach Geräten, die er mit Strom versorgen kann und sobald er das Gerät findet, sendet er einen sehr fokussierten Strahl unsichtbaren Infrarotlichts“, sagt Boger.
Während ein Gerät, das durch Infrarot geladen wird, bewegt werden kann und immer noch Strom erhält, stoppt das Laden, sobald etwas den Infrarotstrahl abschneidet, bis wieder Sichtkontakt hergestellt ist.
Auch Apple hat seine Fühler in die Welt der kabellosen Ladetechnologie gestreckt. Einen Monat nach der Ankündigung des AirPower-Ladegeräts hat Apple das neuseeländische Unternehmen PowerByProxi gekauft, dessen kabellose Ladetechnologie mehrere Geräte von Kopfhörern bis zu Fernbedienungen mit Strom versorgen kann. PowerByProxy stellt eine Reihe von Ladegeräte-Varianten her, einschließlich einer Box, die zum Laden mehrerer Geräte verwendet werden kann.
Apple hat sich auf die Qi-Spezifikation für das kabellose Laden festgelegt – von seinen Smartphones bis zur Apple Watch und seinen drahtlos aufladbaren AirPod-Ohrstöpseln.
*Lucas Mearian ist Redakteur des US-Magazins Computerworld.
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