Karriere für CIOs – Erfolgreich vom IT-Chef zum CEO

Da Geschäft und IT immer mehr verschmelzen wagen viele CIOs den Schritt aus der reinen IT in Business-Führungspositionen hinein. [...]

Foto: pixabay.com

Die Grenzen zwischen IT- und Business-Funktionen verschwimmen. Es ist nicht mehr ungewöhnlich, dass Manager zwischen beiden Rollen hin- und herwechseln oder dass IT-Führungskräfte reine Geschäftsfunktionen anstreben.

Laut dem Bericht „State of the CIO 2022“ bezeichnen 84 Prozent der IT-Leiter den CIO als einen „Changemaker“, der zunehmend Business- und Technologieinitiativen leitet. Drei Viertel der Manager aus dem Business-Bereich stimmen dem zu. 58 Prozent der befragten Geschäftsbereiche beschreiben ihren CIO als strategischen Berater, gegenüber 28 Prozent im Jahr 2021.

Technologie-Know-how als zentrale Stärke

„CIOs und CTOs entwickeln sich schnell zu strategischen Führungspersönlichkeiten mit kritischem Wissen über das gesamte Technologie-Ökosystem, das für den Unternehmenserfolg von zentraler Bedeutung ist“, sagt Craig Stephenson, Managing Director der North America Technology Officers Practice bei der Personalberatung Korn Ferry.

Er beobachte immer häufiger, dass Führungskräfte mit Erfahrung in den Bereichen Technik, Produkt, Cloud, Daten und Sicherheit Nachfolgekandidaten für Positionen jenseits von CIO und CTO wird.

IT-Chefs, die in die Geschäftswelt oder in hybride Business-IT-Rollen wechseln, arbeiten häufig in der Technologiebranche. Doch das ändert sich bereits.

Dennis Baden, Global Managing Partner und weltweit zuständig für Technologie-Führungskräfte bei Personalberater Heidrick & Struggles, erinnert sich an drei CIO-Suchen aus dem letzten Jahr: “ Hier suchten CEOs einen Nachfolger aus der CIO-Funktion, an die der CIO berichten würde.“ Alle drei waren Fortune-500-Unternehmen, zwei aus dem Finanzdienstleistungssektor und eines aus dem Einzelhandel.

Laut Stephenson finden derartige Aufstiege in der Regel intern statt. Die technischen Führungskräfte, die in Geschäftsfunktionen wechseln, sind „bekannte Gesichter“.

Selbst wenn IT-Führungskräfte nicht vollständig auf die Geschäftsseite wechseln, erhalten immer mehr von ihnen Umsatzverantwortung. „Es handelt sich vermutlich um eine Kombination ihrer derzeitigen Aufgaben mit einigen neuen Herausforderungen,“ so Stephenson. Sie sollen den Geschäftswert steigern, die Kundenerfahrung verbessern und sicherstellen, dass die Technologiestrategie sich positiv auf die Bereichen Produkt, Software, Sicherheit und Technik auswirkt.

Geteilte Verantwortung

Das gilt auch für Ryan Douglas, der kürzlich zum Chief Operation Officer des E-Commerce-Anbieters Digital River wechselte. Zuvor war er dort über 16 Jahre lang als CIO tätig. Das Unternehmen hat seine Rechenzentren abgeschafft und nutzt mehrere Public Clouds. Laut Douglas macht das traditionelle IT-Aufgaben überflüssig, wie etwa Hardware zu beschaffen und zu warten.

Da Digital River mehr in Software investiert, habe sich laut Douglas die Denkweise über das Unternehmen geändert. Heute konzentriere man sich mehr darauf, Kunden bei der Lösung technischer Probleme zu helfen. „Es ist eine Kombination aus einer IT-Ausrichtung – der Entwicklung von Lösungen – und einer operativen Ausrichtung, um Kunden-Supportdienste auf Basis von Technologie anzubieten“, sagt er.

Die IT ist inzwischen Teil der Betriebsabteilung des Unternehmens und Douglas ist weiterhin für die Technologie zuständig. Seine Rolle ist aber um kundenorientierte Supportdienste erweitert. Er der Ansicht, dass die IT-Abteilung „schon immer mit einem Bein auf der Geschäftsseite stand“. Heutzutage durchdringe die Technologie so viele Aspekte des Geschäfts, dass es Sinn ergebe, die Grenzen zwischen den Abteilungen zu verwischen.

Zudem ist Douglas der Meinung, dass IT-Führungskräfte nahtlos in Geschäftsbereiche von Nicht-Tech-Unternehmen wechseln können. „Das ist heute mehr denn je möglich, weil sich die Rolle der IT verändert“, sagt er. Noch vor zehn Jahren sollte Technologie hauptsächlich Probleme lösen. Mit zunehmender Digitalisierung binden Business-Einheiten heute Technologie selbstständig ohne die Hilfe der IT-Abteilung ein.

Für die IT bedeutet das, eine beratende Rolle einzunehmen. Dazu muss sie sich stärker am Geschäft orientieren. Da Technologie sich immer mehr in das Business einbettet, sollte die IT anderen Teams helfen, die Lösungen, die sie verwenden, und deren Auswirkungen besser zu verstehen.

Baden von Heidrick & Struggles stimmt zu, dass immer mehr Kunden „darüber sprechen, die IT-Funktion als Unternehmenseinheit abzuschaffen und sie in Geschäftszweige einzugliedern“. Beides sei nicht getrennt, IT ist das Geschäft. Allerdings räumt er ein, dass dieser Wandel eher langfristig zu sehen ist. Heute eine IT-Organisation aufzulösen, wäre ziemlich kühn. „Aber: so schrittweise die Umstellung auf die Cloud in den letzten Jahren von statten ging, wird die IT in den nächsten zehn Jahren verschwinden und in das Unternehmen integriert werden“, sagt Baden.

Vom CIO zum CEO

Kevin Horner war CIO bei Bergbauunternehmen Alcoa, bevor er CEO und Vorstandsmitglied des IT-Personalvermittlers Mastech wurde: „Mein Ziel war es, etwas zu leiten“, erklärt er den Wechsel. Bei Alcoa habe er dazu keine Chance gehabt. Zwar kannte er sich gut mit Finanzen aus, da er dort das Services-Geschäft leitete. „Aber niemand verbringt Zeit mit dir und deinen Bilanzen,“ erinnert er sich.

Horner hat die IT bei Alcoa wie ein internes Dienstleistungsunternehmen geführt. Wenn jemand Services in Anspruch nahm, haben sie dafür gezahlt: „Wir haben alles pro Einheit und auf der Grundlage interner Kostenfaktoren in Rechnung gestellt .“

Bei Mastech blieb er etwa fünf Jahre lang, bevor er Partner bei Three Rivers Capital, einer privaten Beteiligungsgesellschaft in Pittsburgh, wurde. Horner habe nicht ein einziges Mal daran gedacht, wieder CIO zu werden. „Sobald ich auf der Seite der Geschäftsentscheidungen war, hatte ich nie den Wunsch, wieder als Angestellter zu arbeiten.“

IT-Führungskräfte, die auf die Business-Seite wechseln wollen, müssen verstehen, wie ein Unternehmen geführt wird. Das reicht vom Marketing über die Finanzen bis hin zum operativen Geschäft. Laut Gartner-Analystin Christie Struckman sollten sie auch eine Talentstrategie haben.

2019 führte sie eine Studie über CIOs durch, die in andere C-Level-Positionen gewechselt sind. Laut den Befragten reicht nicht aus, einen Sinn fürs Geschäft zu haben, man müsse es auch konsequent in den Fokus stellen. CIOs und CTOs wissen, wie sie mit Komplexität umzugehen haben, aber sie müssen auch in der Lage sein, die Strategie mit der Umsetzung zu verbinden.

Einige ehemalige CIOs raten dazu, die IT als Unternehmen im Unternehmen zu nutzen. Außerdem sollte man sich nicht vor den Finanzen scheuen. Zeit mit der Beschaffung und dem Einkauf zu verbringen trägt dazu bei, das Unternehmen zu verstehen. Die Studie ergab auch drei Dinge, die CIOs vermeiden sollten:

Seien Sie nicht risikoscheu. Der Ansatz der IT sollte sein, herauszufinden, wo Risiken eingegangen werden können, damit Unternehmen innovativ sein und ihre Strategie umsetzen kann.

Seien Sie keine Insel. Der CIO sollte sich mehr um Partnerschaftsbeziehungen kümmern und Zeit für Vertriebs- oder Marketingtermine aufwenden. Ziel ist, zu verstehen, wo Mehrwert liegt. Es geht weniger darum, mit anderen Geschäftsführern zusammenzuarbeiten, sondern aus dem eigenen Bereich herauszukommen. Was man als IT-Chef aus diesen Gesprächen lerne, helfe, wenn man eine Rolle außerhalb der IT übernimmt.

Bewerten Sie sich richtig. „Niemand will das zugeben, aber wenn Sie am Tisch sitzen und ein Gespräch führen, dürfen Sie nicht sagen: ‚Aus technischer Sicht‘.“ Damit kommuniziere die CIO-Funktion im Grunde, sie verstehe nur, was etwas aus technischer Sicht bedeute. Damit schränke man die eigene Sprache ein und verkaufe seine Person unter Wert. „Wenn Sie nur die technische Sicht beitragen, bleiben sie in ihrer Box,“ resümiert Struckman.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.

*Esther Shein schreibt für unsere US-Schwesterpublikation CIO.com.
**Moritz Iversen ist freier Journalist in München.


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