Kein Befehlsempfänger: 6 Tipps für die CIO-Karriere

Wie machen CIOs den nächsten Karriereschritt? IT-Führungskräfte und Berater erläutern praxiserprobte Strategien. [...]

Für CIOs gibt es viele Möglichkeiten, sich vom "Befehlsempfänger" zum "Change Maker" zu entwickeln (c) pixabay.com

Viele CIOs übernahmen während der COVID-19-Krise eine führende Rolle. Sie beschleunigten die digitale Transformation ihrer Unternehmen, um die Pandemie und deren wirtschaftliche Auswirkungen zu überstehen. Doch längst nicht alle IT-Führungskräfte haben diesen Stellenwert erreicht. Manche CIOs stecken weiterhin in der Rolle des Befehlsempfängers fest. Zwar unterstützen sie die Initiativen ihres Unternehmens und dessen strategische Agenda. Aber einen wirklichen Wandel treiben sie nicht oder nur in geringem Maße voran.

Dabei gibt es viele Möglichkeiten für CIOs, sich vom „Befehlsempfänger“ zum „Change Maker“ zu wandeln. Das berichten auch erfahrene IT-Leiter und Management-Berater. Die folgenden sechs Strategien und Tipps für CIOs haben sich in der Praxis bewährt.

Tipp 1: Eigeninitiative zeigen

Bryan M. SastokasCIO der Los Angeles County Metropolitan Transportation Authority, ist immer auf der Suche nach Problemen und Schwachstellen. Um für Verbesserungen zu sorgen, hat er sogar Programme entwickelt, mit denen er Ideen und Anregungen von sämtlichen Mitarbeitern sammeln kann.

Laut Sastokas hilft ihm dieser Ansatz, diejenigen Bereiche frühzeitig zu erkennen, die Aufmerksamkeit benötigen. Anschließend könne er die zugrundeliegenden Probleme analysieren, Strategien zur Verbesserung entwickeln (sei es durch neue Technologien, Prozessänderungen oder beides) und dann die Pläne umsetzen. Diese Methode sei viel effektiver, als darauf zu warten, dass Kollegen ihn bitten, eine vom Anbieter vorgeschlagene Software zu implementieren.

Tipp 2: Deep Dive ins eigene Unternehmen wagen

CIOs hören seit Jahren, dass sie das Geschäft verstehen müssten. Auch William Perry, US-Manager für den Bereich Cloud-Innovation und -Entwicklung bei PwC, glaubt, dass viele IT-Chefs tiefer in die Materie eindringen müssen, wenn sie wirklich zum Wegbereiter für Change werden wollen.

Laut Perry sollten CIOs sowohl Kunden als auch die Führungskräfte, mit denen sie zusammenarbeiten, besser verstehen lernen. Sie sollten etwa deren Planungsprozesse kennen und wissen, wie Projektbudgets entstehen. Es geht somit nicht länger um die reine Bereitstellung von Mitteln und die Frage: ‚Wie kann ich das Unternehmen unterstützen?‘ sondern viel mehr um die aktive und gemeinsame Gestaltung der Zukunft zusammen mit anderen Führungskräften.

Der PwC-Experte räumt ein, dass dieser Ansatz nur langfristig funktionieren kann. CIOs müssten sich auch um Gespräche und die Teilnahme an Meetings bemühen, zu denen die IT bisher nicht eingeladen war.

Als Beispiel berichtet er vom CIO eines großen Non-Profit-Gesundheitsunternehmens, das eine mehrjährige Modernisierungs- und Transformationsinitiative durchläuft. Der CIO verbrachte Monate damit, von seinen Führungskollegen etwas über den Markt, die Gesundheitsbranche und deren Visionen für die eigene Organisation zu erfahren. „Er ließ nichts unversucht, um zu lernen“, betont Perry.

Nach etwa sechs Monaten schlug der CIO Pläne vor, um die Umstrukturierung zu beschleunigen, zusätzliche Wertschöpfungsbereiche zu schaffen und Risiken zu minimieren. Er überzeugte seine Kollegen etwa, ihre strategischen Pläne zu überarbeiten, um ein neues Finanzplanungssystem einzuführen, indem er dessen positive Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen darlegte. Perry: „Er verknüpfte Aspekte, die die anderen nicht gesehen hatten.“

Tipp 3: Flexibilität als Erfolgsfaktor nutzen

CIOs, die ihre Organisation verändern wollen, müssen diese Fähigkeit zunächst bei sich selbst unter Beweis stellen. „Es geht darum, flexibel zu sein, wenn es am nötigsten ist“, sagt Isaiah Nathaniel, CIO von Delaware Valley Community Health in Philadelphia und Empfänger des Change Maker Awards in Health 2021, verliehen von der Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS).

Als die Geschäftsführung im März 2020 aufgrund der Pandemie an allen neun Standorten den persönlichen Kontakt untersagte, musste Delaware Valley Community Health sehr schnell Telemedizin-Funktionen implementieren. Nathaniel und sein Team hatten bereits am nächsten Arbeitstag einen funktionierenden Prototypen. Die nächsten drei Monate verbrachten sie damit, ein Hyperconverged Network zu skalieren und zu optimieren. Außerdem stellten sie Hardware bereit und implementierten ein neues Intake-Management-System, mit dem Patienten Dokumente ausfüllen und Zahlungen online vornehmen konnten. Nathaniel setzte zudem künstliche Intelligenz und Automatisierung in den Versicherungsabrechnungssystemen ein, um die Bearbeitungszeit für Zahlungen zu verkürzen und die Zahl der abgelehnten Anträge zu verringern.

Nathaniel hatte bereits 2019 einen Fünfjahresplan entwickelt, der die Nachfrage nach telemedizinischen Diensten voraussah. Er wusste daher, welche Technologien und Prozessänderungen erforderlich waren. Diese Weitsicht gab ihm die Möglichkeit, schnell zu handeln, als der Bedarf unerwartet dringend wurde. Er vergleicht die Entwicklung mit dem Aufstieg eines Stars, der über Nacht berühmt wurde, aber in Wirklichkeit jahrelang darauf hingearbeitet hat.

Tipp 4: Das große Ganze zeigen

CIOs, die ihre Vision umsetzen wollen – und nicht nur auf Technologie-Anfragen reagieren – müssen wissen, wie sie ihre Ideen verkaufen können, erklärt Christie Struckman, Research Vice President bei Gartner: „Die größte Herausforderung für CIOs besteht darin, Verständnis für Veränderungen zu wecken.“

CIOs tun dies, indem sie den Wandel zunächst mit der Strategie des Unternehmens verknüpfen, so Struckman. Dabei sollten sie bei den Bedürfnissen der Kunden beginnen und eine Verbindung aufzeigen. Mitarbeiter wollten sich immer dann verändern, wenn sie die Bedeutung der Change-Maßnahmen verstünden. Viele Mitarbeiter haben Schwierigkeiten, die kritischen Prioritäten zu verstehen und diese mit den operativen Teilen ihrer Arbeit in Einklang zu bringen, so die Gartner-Frau.

Als Beispiel verweist Struckman auf einen CIO, der ein Unternehmen erfolgreich auf agile Softwareentwicklung umgestellt hat. Um neue technologiegestützte Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen, brauchte es vor allem eine engere Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen und der IT-Abteilung. In diesem Fall zeigte der CIO den Zusammenhang zwischen den Net Promoter Scores und den sinkenden Werten der Kundenbindung auf. Er erklärte, warum die schnellere Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen erfolgsentscheidend für eine Verbesserung der Kundenbindung war.

Tipp 5: Strategisch statt reaktiv entwickeln

Mike Vance hatte sich bereit erklärt, CIO zu werden, wohl wissend, dass es sich dabei vorerst um eine Befehlsempfängerrolle handelte. Um zum Change Maker zu werden, den das Unternehmen brauchte, analysierte er die strategischen Fünfjahrespläne des Unternehmens und machte sich ein umfassendes Bild von den Funktionsbereichen.

„Ich wusste, was das Marketing tat und welche Herausforderungen es zu bewältigen hatte“, erzählt Vance, ein langjähriger CIO, der heute Vice President of Technology Services bei der Beratungsfirma Resultant ist. „Dasselbe galt für die Personalabteilung und das Finanzwesen.“ Dieser Ansatz ermöglichte es ihm, seine IT-Strategie an den Geschäftsanforderungen und -zielen auszurichten.

Vance beließ es jedoch nicht dabei. Er setzte Business Relationship-Analysten ein, die mit den Geschäftsbereichen zusammenarbeiten. Auf diese Weise stellte er sicher, dass die IT-Abteilung einen Einblick in die Probleme erhielt und an Business Planning Sessions teilnimmt. Außerdem richtete er Business Advisory Boards ein, die gemeinsam mit den Geschäftsbereichen an der Priorisierung von Initiativen und der Identifizierung von Technologien arbeiten, die für mehrere Abteilungen oder Geschäftsprozesse von Nutzen sein könnten.

Tipp 6: Eine bessere Alternative anbieten

CIOs, die in der Lage sind, Veränderungen voranzutreiben, sind meist auch gut darin, ihren Kollegen eine bessere Alternative aufzuzeigen. Denn die Anforderungen an die IT-Abteilung sind häufig nicht zielführend, erklärt Patricia Coffey, CEO von Cedibus und ehemalige Senior Vice President und Group CIO bei Allstate Insurance.

„Wandel findet statt, wenn die Unzufriedenheit mit der Gegenwart auf eine geeignete Zukunftsvision trifft“, betont Coffey. CIOs rät sie, zunächst ihre Glaubwürdigkeit zu stärken: „Erzielen Sie Ergebnisse, bauen Sie Beziehungen auf, zeigen Sie Geschäftskenntnisse.“ Zudem sollten IT-Chefs die Veränderungsbereitschaft im Unternehmens prüfen, indem Sie Ideen mit wichtigen Partnern und Entscheidungsträgern austauschen.

Im nächsten Schritt sollten sie den Wandel anstoßen und dafür ein geeignetes Team aufstellen: „Finden Sie ein Schlüsselthema, einen Bereich oder eine Person, die am ehesten eine erfolgreiche Veränderung herbeiführen kann, und bauen Sie darauf. Nehmen Sie Kontakt zu den größten Befürwortern und größten Gegnern auf. Holen Sie Einflussnehmer und angesehene Experten ins Boot“, empfiehlt Coffey, die auch als Lehrbeauftragte an der Lake Forest Graduate School of Management tätig ist.

Mit Material von IDG News Service

*Bastian Seebacher ist freier Mitarbeiter der Redaktionen CIO und COMPUTERWOCHE.


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