Fast überall in der EU ist das mobile Telefonieren und Surfen mit LTE deutlich billiger als in Deutschland. Der österreichische Mobilfunk-Anbieter spusu möchte die derzeitige markthemmende Situation aufbrechen, wird aber von Marktführer Telefónica Deutschland blockiert. [...]
Ein aktueller Vergleich zwischen den Mobilfunkmärkten in Österreich und Deutschland belegt den drastischen Kostenunterschied beim mobilen Telefonieren – auch ohne LTE: Demnach zahlen die Handynutzer für mobile Daten in Deutschland derzeit bis zu vierzehn Mal so viel wie in Österreich. Das geht aus einer aktuellen Marktstudie des Telekommunikationskonzerns Mass Response hervor, zu dem auch der Mobilfunkanbieter spusu zählt.
Das hat Auswirkungen auf das Surfverhalten: Während Handynutzer in Deutschland pro SIM-Karte nur ein Datenvolumen von 433 Megabyte im Monat nutzen, verbrauchen sie in Österreich zum Surfen mehr als 2,6 Gigabyte pro SIM-Karte. „Deutschland ist bei der Handynutzung aufgrund der extrem hohen Preise noch immer Entwicklungsland“, sagt der Wettbewerbsrechtler Julian Wachinger von der Kanzlei rwzh Rechtsanwälte.
Der Mobilfunkanbieter spusu kritisiert in diesem Zusammenhang den fehlenden Marktzugang für das Unternehmen in Deutschland. „Auch deutsche Handynutzer haben ein Recht auf günstiges Surfen, Telefonieren und Simsen“, sagt Karl Katzbauer, Head of MVNO international von spusu. Doch als Mobile Virtual Network Operator (MVNO) verfügt spusu über kein eigenes Mobilfunknetz und ist daher auf die Kooperation mit einem Netzbetreiber angewiesen, um in den deutschen Markt einsteigen zu können. In diesem Zusammenhang kritisiert das Unternehmen den Marktführer scharf, denn die Pläne von spusu in Deutschland Fuß zu fassen, werden von der Telefónica Deutschland seit mehreren Jahren offensichtlich ausgebremst.
„Die Fusion von o2 und E-Plus wurde von der EU-Kommission nur unter der Bedingung genehmigt, dass Telefónica Deutschland, als Mutterkonzern von o2, unter anderem auch MVNOs ans Netz nimmt, wie es auch in Österreich bei der Fusion von Drei und Orange der Fall war. Während es in Österreich problemlos funktionierte und von der EU-Kommission mit Argusaugen beobachtet wurde, weigert man sich in Deutschland jedoch, diese Fusionsbedingungen umzusetzen“, ärgert sich Katzbauer.
Dass mehr Anbieter ein Plus für den deutschen Mobilfunkmarkt wären zeigte sich hierzulande, wo mit dem Start von MVNOs die Allmacht der drei großen Mobilfunkbetreiber stark eingeschränkt werden konnte. „Dies führte zu einer deutlichen Belebung des Mobilfunkmarktes, von dem vor allem die Handynutzer stark profitierten und welcher auch für neue Arbeitsplätze sorgte“, so Katzbauer weiter. Bis zu drei Millionen Kunden möchte der österreichische Qualitätsanbieter innerhalb von fünf Jahren nach Marktstart im Nachbarland erreichen – rund 1.000 Arbeitsplätze werden dadurch in Deutschland geschaffen. Zum Vergleich: In Österreich hat spusu 2012 mit 19 Mitarbeitern begonnen. Heute zählt das Unternehmen bereits 50 Mitarbeiter – parallel zum rasanten Wachstum von spusu sollen rund 150 weitere Arbeitsplätze in den kommenden fünf Jahren entstehen.
Beschwerde stößt auf taube Ohren
Trotz mehrmaligen Einwänden schreitet die EU-Kommission derzeit noch nicht ein, „und das obwohl eindeutig wettbewerbshemmende Maßnahmen von Telefónica getroffen wurden“, kritisiert Katzbauer abschließend und fordert den deutschen Marktführer auf, die EU-Bedingungen endlich umzusetzen und spusu den Zugang zum deutschen Mobilfunkmarkt zu ermöglichen. Rückenwind bekommt der österreichische Qualitätsanbieter in seinem Vorhaben zudem von den zuständigen deutschen Wettbewerbsbehörden.(pi)
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