„Kein Remote-Tool ersetzt den persönlichen Austausch“

Selten waren Arbeitgeber und deren Personaler so gefordert wie in den letzten Monaten. Sky-Personalchefin Danja Frech berichtet im Interview über besondere Herausforderungen und Lösungsansätze. [...]

Danja Frech, Sky: "Es wird darum gehen, Mitarbeiter zu unterstützen 'nein' zu sagen, um ihr Arbeitspensum gesund zu managen, Pausen einzuhalten, richtig zu priorisieren und selbst für ihre Balance verantwortlich zu sein. In einer hybriden Welt kann dies nicht immer die Führungskraft abnehmen."

CW: Was sind die Learnings der Sky-Personalchefin aus der Remote-Phase während der Pandemie?

Danja Frech: Die Pandemie und das Arbeiten am heimischen Schreibtisch haben das Thema Mitarbeiter-Wohlbefinden als Erfolgsfaktor noch einmal nach vorne katapultiert und ihm einen neuen Wert für die Arbeitswelt gegeben – auch bei Sky. Die Fürsorge und Wertschätzung, die wir in den vergangenen Monaten unserem gesamten Team entgegengebracht haben, wird durch eine umwerfende Bereitschaft, die in Pandemie-Zeiten so notwendige Extrameile zu gehen, belohnt. Das finde ich stark und es bestätigt mir wieder, dass die Kultur ein wichtiger Erfolgsfaktor ist.

Darüber hinaus haben klare Zielsetzungen und ein Fokus auf wenige wichtige Ziele geholfen, unser Geschäft am Laufen zu halten und gute Ergebnisse zu erzielen. Mehr noch, die Sondersituation in der wir uns alle befanden, hat uns zusammengeschweißt und gleichzeitig jede Menge Energie und Kreativität freigesetzt. So wurde beispielsweise die neue Sky-Tonfunktion „Stadion-Sound“ von unseren Mitarbeitern remote erdacht und entwickelt.

Ein weiterer Aspekt ist das Thema Nachhaltigkeit. Bisher haben wir dies sehr stark im Bereich Umwelt und Gesellschaft gelebt. Jetzt haben wir auch für uns als Personalmanager entdeckt. Beispielsweise das Führen virtueller Interviews oder die Möglichkeiten des virtuellen Onboardings neuer Mitarbeiter sind so einfache Maßnahmen, die einen großen Schub bewirkt haben: Weniger CO2 für Anfahrten, weniger ausgedrucktes Papier, weniger Stress für alle und weniger Kosten – das wollen wir auch nach Abklingen der Pandemie beibehalten.

Bei all den positiven Entwicklungen stellen wir allerdings auch klar fest: Wir brauchen nicht nur Kreativität, sondern konzeptionelle Arbeit, Spaß, Mitarbeiterbindung und das Erhalten einer Unternehmenskultur. Kein Remote-Tool kann die persönlichen Konversationen beziehungsweise den spontanen und direkten Austausch ersetzen. In Kombination zu oben genanntem Argument um Wellbeing ist das einer der Hauptgründe, warum wir perspektivisch auf ein hybrides Arbeitsmodell setzen, dass das Beste aus beiden Arbeitswelten zusammenbringt.

„Von kontrollbasierter Führung verabschieden“

CW: Warum sollten Führungskräfte ihre Rolle in einem hybriden Arbeitsmodell neu denken? Worauf kommt es an?

Frech: Wie schaffe ich ein gutes und inklusives Arbeitsklima, in dem jeder sein Bestes geben kann? Wie kann ich im engen Austausch mit allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bleiben und ein Gespür dafür zu entwickeln, wie es meinem Team geht, auch wenn nicht alle am selben Ort sind? Wie kann ich Überlastungen frühzeitig erkennen und vorbeugen? Das alles sind Kernfragen, die sich eine Führungskraft insbesondere bei einem hybriden Arbeitsmodell stellen muss.

Vor allem kommt es darauf an, die Zeit des persönliches Kontaktes zu unseren Beschäftigten gut zu nutzen, zuzuhören, die richtigen Antennen für Untertöne zu entwickeln, klare Ziele zu setzen und das Team mit den Fähigkeiten auszustatten, die es für eine erfolgreiche Zusammenarbeit braucht. Es wird auch weiterhin stark darum gehen, Mitarbeiter zu unterstützen, ’nein‘ zu sagen, um ihr Arbeitspensum gesund zu managen, Pausen einzuhalten, richtig zu priorisieren und selbst für ihre Balance verantwortlich zu sein. In einer hybriden Welt kann dies nicht immer die Führungskraft abnehmen.

Es kommt darauf an, sich von einer kontrollbasierten Führung zu verabschieden und trotz virtuellen Arbeiten eine Kultur des Vertrauens zu entwickeln. Inklusion und Gleichberechtigung dürfen nicht unter die Räder kommen: Wir müssen es schaffen, alle Mitarbeiter in den Fokus zu nehmen und nicht nur jene, die sichtbar im Office sind.

CW: Welche Management-Fähigkeiten und Führungs-Skills werden neben Empathie in einem hybriden Arbeitsmodell noch wichtig?

Frech: Für mich steht das Führen mit wenigen, aber gut formulierten Zielen im Vordergrund. Denn Klarheit und Offenheit schaffen Vertrauen und stellen gegenseitige Unterstützung innerhalb der Teams sicher. Dazu gehören kontinuierliches Feedback sowie eine offene Führungskultur, die auch mal Zeit außerhalb der Meetings schafft.

Auch digitale Affinität und Authentizität ist für eine Führungskraft in einem hybriden Arbeitsmodell von höchster Bedeutung. Das Teilen von eigenen Erkenntnissen, zum Beispiel im Umgang mit Remote-Tools, oder das Gewähren eines Blicks auf das Privatleben hinter dem Bildschirm helfen dabei, Brücken zu bauen und Nahbarkeit zu signalisieren. So lassen sich auch Introvertierte besser ansprechen und aktiv einbinden.

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„Wir versuchen kontinuierlich gemeinsame Erlebnisse zu schaffen“

CW: Wie hält Sky die notwendige Nähe zu den Mitarbeitern? Wie müssen sich die Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung in einem hybriden Arbeitsmodell verändern?

Frech: Wir versuchen kontinuierlich gemeinsame Erlebnisse zu schaffen, die sich vom Alltag abheben und uns zum Schmunzeln bringen. Während der reinen Remote-Phase beispielsweise wurde unsere Sky-Band dafür gefeiert, dass sie zusammen weiterhin Musik machte und ihre Videos im Intranet teilte. Zusätzlich haben wir unter anderem die schönsten ‚Bad Hair Day‘-Fotos im Intranet prämiert und andere Gewinnspiele gestartet. Aktuell fördern wir die persönliche Zusammenarbeit durch attraktive Specials im Büro unter dem Motto „Welcome back of the Year“. Sei es durch unsere Beach Bar, einen Foto-Booth oder die Option zu mit Catering unterstützten Team-Events – natürlich immer unter Wahrung der Sicherheitsregeln.

Uns ist es zu jeder Zeit wichtig zu demonstrieren, dass wir ein Team sind und einen grenzübergreifenden Sky-Spirit haben, den wir auch in unser hybrides Arbeitsmodell transferieren möchten. Um alle Mitarbeiter ins Boot zu holen, haben wir auch die Frequenz unserer internen All Staff Events stark erhöht. Das schafft Transparenz, erzeugt Optimismus und demonstriert Begeisterung für unser eigenes Produkt. Außerdem planen wir immer genügend Zeit für FAQs ein, die jeder einreichen kann.

Perspektivisch wird der in den vergangenen Jahren viel diskutierte „Purpose„, also ein tieferer Sinn und Zweck der eigenen Arbeit, an Bedeutung zunehmen. Das bedeutet, wir müssen uns mehr differenzieren. Unsere Mitarbeiter müssen wissen, warum sie bei Sky arbeiten. Es braucht ein Zusammenspiel aus kultureller Identität und strukturellen Faktoren wie flexiblem Arbeiten oder Benefits. Die Pandemie hat gezeigt, dass viele Stunden isoliert im eigenen Home-Office die Arbeit stark auf Inhalte „reduziert“. Der persönliche Austausch in der Kaffeeküche, die Teilnahme an Workshops oder Team-Abenden und selbst der Geburtstagskuchen – all das fiel weg. Und auch in einem hybriden Arbeitsmodell sind diese zwischenmenschlichen Faktoren reduziert. Da kann sehr schnell die Frage aufkommen „Was tue ich hier überhaupt?“.

CW: Warum ist es aus HR-Sicht besonders wichtig, sich nach der Remote-Phase um eine gute Work-Life-Balance zu kümmern?

Frech: Eine gute Work-Life-Balance war schon immer wichtig. Sie ist ein Wettbewerbsvorteil und wird heutzutage von jüngeren Generationen schlichtweg eingefordert. Die Pandemie und die damit verbundene schnelle Umstellung der bis dato vorhandenen Arbeitswelt hat uns gezeigt, dass mit der steigenden Flexibilität, die wir unseren Mitarbeitern eingeräumt haben, die Mitarbeiterzufriedenheit zunimmt.

Jetzt im Übergang zu unserem neuen hybriden Arbeitsmodell müssen wir es schaffen, die richtige Balance für unsere Mitarbeiter zu finden. Zu Beginn der Pandemie haben wir weitestgehend auf Remote Arbeit umgestellt, um die Gesundheit aller zu gewährleisten. Nach Monaten isoliert im Home-Office, nur in virtuellen Netzwerken, weniger Bewegung und vielen weiteren Faktoren stellen wir uns genau die umgekehrte Frage: Wieviel Remote-Arbeit ist gesund? Viele arbeiteten remote mehr Stunden als zuvor und fühlten sich verpflichtet, zu jeder Zeit erreichbar zu sein. Um das zu verändern, haben wir uns beispielsweise dazu entschlossen, den „Meeting-freien Freitagnachmittag“ einzuführen und um etwaigen Druck in Zeiten von Abwesenheiten zu nehmen, unsere E-Mail-Signatur angepasst.

Trotz dieser Maßnahmen und vielen Gesprächen beobachten wir, dass beispielsweise das Angebot unseres Kooperationspartner pme Familienservice seit der Pandemie stark von unseren Mitarbeitern genutzt wird. Denn durch das Arbeiten im Home-Office sind die Grenzen zwischen Privat- und Arbeitsleben fließender geworden. Mitarbeiter müssen hier bestärkt werden, ihre Arbeitszeiten und Pausen einzuhalten und auch den Austausch mit ihrer Führungskraft zu managen. Schließlich kann auch jeder Sportler nur Spitzenleistungen erbringen, wenn er auch Ruhephasen einhält. Bei allem Wunsch nach Flexibilität und Remote Work, wird es eine wichtige Aufgabe sein, eine richtige Balance für das zukünftige hybride Arbeiten festzulegen.

*Hans Königes ist Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.


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