In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Software Competence Center Hagenberg (SCCH) entwickelt ENSIO mit Deep-Learning-Ansätzen Pflanzenmodelle, die nicht nur Nutzpflanzen erkennen, sondern auch genau bestimmen können, wo sich Stängel bzw. Wurzelwerk befindet. [...]
ENSIO konzipiert, entwickelt und vertreibt unter der Marke OKIO Bildverarbeitungs- bzw. Kamerasysteme für landwirtschaftliche Hackgeräte mit denen Kulturpflanzen bzw. Unkraut während der Fahrt in Echtzeit erkannt werden können. Die Spurführung über Kameras in der Hacktechnik entwickelte sich in den letzten drei Jahren zum Standard in der biologischen Landwirtschaft; das Gros der neuen Maschinen wird heute mit Kameratechnologie ausgeliefert. Diese Systeme unterstützen derzeit ausschließlich die Spurführung, nicht die genaue Einzelpflanzenerkennung, die aber essenziell ist, wenn das Unkraut zwischen den Nutzpflanzen effektiv entfernt werden soll. Deshalb entwickeln jetzt ENSIO und das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) mit Deep-Learning-Ansätzen Pflanzenmodelle, die über die weltweit bekannten OKIO-Kamerasysteme präzise und in Echtzeit Setzlinge von Unkraut unterscheiden können. Darüber hinaus orten sie auch die Position von Stängel bzw. Wurzelstock des Setzlings.
Feldertrag optimieren
Das Neue für die Weiterentwicklung einer Präzisionslandwirtschaft sind die vom SCCH angewandten Deep-Learning-Methoden, die einzelne, spezielle Pflanzenmodelle bzw. neuronale Netze so trainieren, dass sie nicht nur Blattform, Dichte und Kontur der Nutzpflanze erkennen, sondern auch deren Stängel bzw. Wurzelstock lokalisieren können – und das unter verschiedensten Wetter- und Lichtverhältnissen. Das vom SCCH trainierte Pflanzenmodell gibt also Auskunft darüber, in welchem Bereich Nutzpflanze, Stängel sowie Wurzelstock stehen, um letzteren nicht durch einen unpräzisen Stich durch ein Messer oder anderes Hack- bzw. Jätwerkzeug zu schädigen. Mit diesen Pflanzenmodellen lassen sich Schäden bei Nutzpflanzen minimieren beziehungsweise der Feldertrag optimieren. Darüber hinaus können die Pflanzenmodell auch fürs selektive Spritzen bzw. Düngen verwendet werden, da Spritzmittel oder Dünger nur dort ausgebracht werden, wo sie tatsächlich nötig sind. Das spart enorme Mengen an Spritzmittel.
„Die Kombination ‚biologischer und konventioneller Pflanzenschutz‘ verbreitet sich auch abseits der biologischen Landwirtschaft immer mehr. Es ist ein Nährboden für viele spannende Entwicklungen, die gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Anforderungen Rechnung tragen werden,“ sagt Michael Mayr von ENSIO.
Zukünftiger, autonomer Feldroboter
Eine weitere Herausforderung an die neuronalen Netze ist laut Mayr, dass die Einzelpflanzenerkennung während der Fahrt bei einer Geschwindigkeit von bis zu 15 km/h auch dazu genutzt werden soll, das Hackgerät über mehrere Kameras autonom zwischen den Reihen zu lenken. Dazu sei es notwendig, dass Einzelbilder in unter einer hundertstel Sekunde verarbeitet und die Ergebnisse an das Steuergerät geschickt werden, das wiederum das Hackgerät steuert bzw. veranlasst Unkraut zu entfernen. Mittelfristig solle das auch jene Schlüsseltechnologie sein, die autonome Feldroboter ermöglicht. Erste Tests, bei denen Roboter ohne Traktor gewisse Aufgaben selberständig übernehmen sollen, sollen kommendes Jahr starten.
„Mit ersten Modellen der Nutzpflanzenerkennung konnten bereits Erfolge verbucht werden, Convolutional Neural Networks (CNN) eignen sich hier besonders gut. Die obligatorische Schwierigkeit liegt aktuell noch in der Beschaffung der großen Datenmenge an Bildmaterial zum Training der neuronalen Netze“, so Mayr.
Ackerbau ohne künstliche Hilfsmittel
Eine durch Künstliche Intelligenz funktionierende Nutzpflanzen- bzw. Unkrauterkennung ist ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung ökologischer Präzisionslandwirtschaft. Sie kann dazu beitragen Pestizide und/oder Düngemittel zu reduzieren. „Damit können mehrere Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung erreicht werden. Das Sustainable Development Goal 15 beispielsweise fordert unter anderem, dass die Bodenproduktivität gesteigert werden soll. Das können wir Forscher und Wissenschaftler mit der Entwicklung neuer Technologien vorantreiben,“ sagt Theodorich Kopetzky, Projektleiter, SCCH.
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