KI für mehr Empathie – wie passt das zusammen?

Künstliche Intelligenz (KI) und menschliches Einfühlungsvermögen scheinen auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen. Der intelligente Einsatz von KI kann allerdings zu einem empathischen Arbeitsplatz beitragen, der das emotionale Wohlbefinden der Mitarbeitenden in den Vordergrund stellt. [...]

Foto: MohamedHassan/Pixabay

Die globalen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse der vergangenen Jahre – etwa die COVID-19-Pandemie, Klimakatastrophen oder der Ukraine-Krieg – haben die Welt nachhaltig geprägt und verändert, mit signifikanten Auswirkungen auf den Alltag und die Bedürfnisse der Menschen.

Aufgrund dieser Belastung wünschen sich immer mehr Arbeitnehmende einen empathischen Arbeitsplatz, der ihr Wohlbefinden in den Fokus rückt. Neben den aktuellen wirtschaftlichen und logistischen Hürden stellt dies Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen.

KI kann neue Impulse geben: Die Technologie erweitert die menschlichen Fähigkeiten und revolutioniert die Art und Weise, wie wir miteinander in Kontakt treten, kommunizieren und zusammenarbeiten. Die öffentliche Diskussion um KI geht oftmals mit Bedenken über die entmenschlichenden Auswirkungen der Technologie einher.

Dennoch ist aktuell eine Art Paradigmenwechsel zu beobachten: KI transformiert komplette Branchen und löst einen tiefgreifenden Wandel in unserem kollektiven Bewusstsein aus. KI birgt das Potenzial, als Katalysator für die Förderung von Empathie am Arbeitsplatz zu fungieren.

Empathie – also, die Fähigkeit, die Gefühle anderer zu verstehen, sich in sie hineinzuversetzen und zu teilen – wurde lange Zeit als eine ausschließlich menschliche Eigenschaft angesehen, die scheinbar immun gegen den Einfluss von Maschinen ist. Die dynamische Synergie zwischen KI und Empathie stellt diese Annahme jedoch mittlerweile infrage.

KI hat die Fähigkeit, riesige Datenmengen zu analysieren, komplexe Muster zu entschlüsseln und intelligente Vorhersagen zu treffen. Damit entstehen vollkommen neue Möglichkeiten, um Empathie am Arbeitsplatz sowie eine mitfühlendere und verständnisvollere Umgebung für alle zu schaffen.

Im Folgenden werden verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, wie KI Empathie fördern und die Dynamik der menschlichen Interaktion in Unternehmen revolutionieren kann. Von besserer Kommunikation über mehr Inklusion bis hin zur Förderung der emotionalen Intelligenz und des psychischen Wohlbefindens: KI ist eine transformative Kraft, die das Potenzial hat, unser Berufsleben neu zu definieren.

Technologie schafft Zeit für tiefe menschliche Beziehungen

In der schnelllebigen Arbeitswelt von heute sehen sich Personalverantwortliche mit einer Vielzahl von Administrationsaufgaben konfrontiert, darunter dem Verwalten von Mitarbeiterdaten, dem Erledigen von Papierkram, dem Koordinieren von Sozialleistungen oder dem Beantworten von Routineanfragen.

Die administrative Belastung lenkt vom eigentlichen Zweck der Personalabteilung ab, nämlich der Unterstützung und Einbindung der Mitarbeitenden. Darüber hinaus schränkt sie auch die Zeit ein, die für den Aufbau von Beziehungen, das Verständnis für individuelle Bedürfnisse und die Förderung einer Kultur der Empathie innerhalb des Unternehmens zur Verfügung steht.

Richtig eingesetzt, bietet die KI-Technologie eine vielversprechende Lösung für diese vielfältigen Herausforderungen. Mithilfe von KI-gestützten Tools und Automatisierung sind Personalverantwortliche in der Lage, sich wieder auf die „menschlichen“ Aspekte ihrer Aufgabe zu konzentrieren.

KI kann zeitaufwändige und sich wiederholende Aufgaben wie die Verwaltung von Mitarbeitendendaten und Sozialleistungen, Onboarding-Prozesse und Urlaubsmanagement effizient erledigen. Werden diese Prozesse mithilfe der KI rationalisiert, werden HR-Fachleute von aufwändigem Papierkram befreit – gleichzeitig haben sie wieder mehr Zeit für authentische menschliche Interaktionen, die das Einfühlungsvermögen fördern und die Erfahrung der Mitarbeitenden verbessern.

KI-Chatbots sind zum Beispiel in der Lage, sofort auf häufig gestellte Fragen zu antworten, Mitarbeitende durch Self-Service-Portale zu führen und sogar bei grundlegenden HR-Anfragen zu helfen. Die KI-Technologie nutzt zudem Datenanalysen, um Personalfachleuten wertvolle Einblicke in die Stimmung und das Engagement der Angestellten zu geben. Damit kann das HR-Team potenzielle Probleme proaktiv angehen.

KI wird menschliche Interaktionen niemals vollständig ersetzen können. Aber durch die Kombination mit menschlichem Einfühlungsvermögen können Personalverantwortliche ihr eigenes Potenzial voll ausschöpfen – mit dem Ziel, einen positiven Einfluss auf die Unternehmenskultur zu nehmen und den Geschäftserfolg zu sichern.

Empathie betonen durch Algorithmen in der Stellenausschreibung

Ein weiterer Bereich, in dem KI Empathie fördert, ist gleich zu Beginn der Employee Journey: bei der Stellenausschreibung. Der Einsatz von KI-Algorithmen zur Entschlüsselung von Parametern für Stellenausschreibungen kann die Einstellung von Talenten und die Verwaltung der Belegschaft revolutionieren.

Dabei wandelt KI Metriken wie Standort, Fähigkeiten, Präferenzen und Schichtprofil in mathematische Zeichenfolgen um. Unternehmen haben dann die Möglichkeit, eine effiziente Robotic Process Automation (RPA) einzusetzen, die sämtliche Aufgaben von der Zuordnung interner Talent-Pools bis hin zu Projektplanungs-Pipelines vereinfacht.

Die Umwandlung von Parametern für Stellenausschreibungen in prozedural generierte Formulierungen ermöglicht es Unternehmen, das interne Bewerbungserlebnis noch besser auf ihre Mitarbeitenden zuzuschneiden und ihnen zu helfen, ihre persönlichen Wachstumsziele durch interne Stellenwechsel zu verwirklichen. Gleichzeitig können die Unternehmen individuelles Karrierecoaching anbieten.

Durch den Einsatz von KI in der Personalabteilung ist es einfacher, die beruflichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden mit den Unternehmenszielen in Einklang zu bringen und den Verwaltungsprozess zu rationalisieren – ohne Abstriche in der Qualität, Genauigkeit oder Erfahrung in Kauf nehmen zu müssen.

Datengestützte Erkenntnisse nutzen, um Mitarbeiterambitionen zu verstehen

Die tägliche Interaktion mit Technologie am Arbeitsplatz erzeugt große Datenmengen. Arbeitgeber können diese zu ihrem Vorteil einsetzen und gleichzeitig die Mitarbeiterzufriedenheit steigern. Mithilfe der stetig wachsenden – und teilweise ungenutzten – Datenmengen sind Unternehmen in der Lage, zu wachsen, zu innovieren und Kundenbeziehungen zu stärken sowie ihren Arbeitskräften ein faireres, integrativeres und reaktionsfreudigeres Arbeitsumfeld zu bieten.

KI-Tools unterstützen bei der Analyse der generierten Daten – darunter fallen etwa die Code-Qualität einer Software-Entwicklerin oder -Entwicklers, das Text-Niveau eines Copywriters, der emotionale Ton von Callcenter-Agent:innen im Kundengespräch, die physische Sicherheit von Außendienstmitarbeitenden oder die Interaktion von Mitarbeitenden.

Ob mithilfe von KI, Machine Learning (ML) oder menschlichem Urteilsvermögen:  Sensemaking hilft Unternehmen, Daten in Erkenntnisse, Entscheidungen und Maßnahmen umzuwandeln, die alle möglichen Aspekte von Innovation über Agilität bis hin zu Leistung und Wohlbefinden der Mitarbeitenden fördern.

Ebenso können Firmen datengestützte Erkenntnisse nutzen, um Mitarbeitende bei der Verwirklichung ihrer Ziele während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn zu unterstützen.

Leistung der Mitarbeitenden durch KI-Automatisierung analysieren

Automatisierung hat das Potenzial, wertvolle Daten zu liefern, um Entscheidungen über das interne Recruitment, die Optimierung von Ressourcen-Pools und die Effizienz am Arbeitsplatz zu treffen. Obwohl die Voreingenommenheit von KI ein umstrittenes Thema ist, ermöglicht sie Management-Verantwortlichen, sofern sie richtig eingesetzt wird, regelmäßig intelligente Umfragen durchzuführen und im Rahmen der kontinuierlichen Leistungsbeurteilung Feedback in Echtzeit einzuholen und auf diese Weise Voreingenommenheit zu vermeiden.

Dies verbessert die Interaktion des Managements mit den Mitarbeitenden und vermittelt ein genaueres Bild von deren täglichen Erfolgen und Herausforderungen. Ein besseres Verständnis der Stärken und Schwächen von Bewerbenden und Mitarbeitenden versetzt Unternehmen in die Lage, Rückschlüsse zu ziehen und verborgene Fähigkeiten aufzudecken.

Arbeitgeber können dann individuellere Möglichkeiten und Beförderungen anbieten, was wiederum zeigt, dass sie sich ganzheitlich um ihre Belegschaft kümmern und bereit sind, sie bei ihrer Entwicklung zu unterstützen.

KI als mächtige Verbündete

Mithilfe von KI sind Unternehmen in der Lage, ihre Arbeitsplätze in empathische Ökosysteme umzuwandeln, die emotionales Wohlbefinden, Zusammenarbeit und Inklusion in den Vordergrund stellen. Auch wenn KI niemals menschliche Beziehungen und Verständnis ersetzen sollte, kann sie doch als mächtige Verbündete dienen, die unsere Fähigkeit zu Empathie und Mitgefühl in einer Welt, die dies zunehmend verlangt, erweitert.

*Alexander Broj ist Head of Consulting bei Cognizant und leitet das Beratungsteam des Unternehmens in Zentraleuropa, Südeuropa und im Nahen Osten. Als Mitglied des CE-Führungsteams von Cognizant und der Geschäftsleitung in der Region spielt er eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung des Beratungsgeschäfts von Cognizant. Mit mehr als 30 Jahren Erfahrung ist Broj auf komplexe digitale und geschäftliche Transformationsprogramme spezialisiert und unterstützt Unternehmen bei der Modernisierung und Zukunftssicherung ihrer Geschäfte.


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