Künstliche Intelligenz ist ein Sammelbegriff für verschiedene Formen des maschinellen Lernens. Wie man die Technologie sinnvoll einsetzt und wie sich die Modelle unterscheiden, erläutert Expertin Viola Ganter von Optimal Systems. [...]
Laut einer McKinsey-Studie könnten etwa 30 Prozent der Aufgaben in 62 Prozent aller Berufe durch Künstliche Intelligenz automatisiert werden. Aber was genau ist Künstliche Intelligenz, abgesehen von humanoiden Robotern in Science-Fiction-Filmen? Gibt es einen Unterschied zu Begriffen wie Machine Learning und Deep Learning, oder sind das nur Schlagworte für ein und dieselbe Technologie? Dieser Beitrag erklärt die grundlegenden Konzepte und wie sie bei der Optimierung von Geschäftsprozessen eingesetzt werden können.
Was ist Künstliche Intelligenz?
Künstliche Intelligenz (KI) ist ein Oberbegriff für verschiedene Konzepte. Die Definition variiert je nach Branche und Forschungsbereich. Wikipedia beschreibt Künstliche Intelligenz als ein System, das seine Umgebung in Form von Daten „wahrnimmt“ und menschliche Mechanismen der Verarbeitung und Entscheidungsfindung nachahmt, um mit dieser Umgebung zu interagieren. Die Bereiche der Künstlichen Intelligenz reichen vom Befolgen einfacher logischer Regeln bis hin zur Ausführung kreativer Aufgaben. Geschäftsanwendungen im Bereich der KI basieren meist auf Maschinellem Lernen, weshalb die Begriffe Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen im Wirtschaftskontext häufig synonym verwendet werden. Deep Learning ist eine Form des Maschinellen Lernens. Beide sind eine Form der Künstlichen Intelligenz.
Was ist Maschinelles Lernen?
Maschinelles Lernen (ML) ist eine spezielle Art von KI, die auf ihre Umgebung reagiert, ohne dass für jede neue Situation eine eigene Regel erforderlich ist. Im Grunde ist ML eine mathematische Funktion (oder mehrere). Das Ziel dieser Funktion ist es, auf der Grundlage von Eingabedaten stochastische Vorhersagen zu treffen. Ein Algorithmus „lernt“, wie er die beste Vorhersage machen kann, indem er die Parameter der Funktion an die Eingabedaten anpasst. Um eine vereinfachte Analogie zu verwenden: Stellen Sie sich vor, ein kleines Kind lernt den Begriff „Vogel“. Am Anfang wird es vielleicht jedes beliebige Tier als „Vogel“ bezeichnen. Nach einer Weile wird das Kind jedoch gelernt haben, darauf zu achten, ob das betreffende Tier Federn, einen Schnabel oder ein hohes Zwitschern hat. Es wird gelernt haben, dass diese Merkmale wichtig sind, um die Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, dass ein Tier ein Vogel ist. Andere Faktoren, wie z. B. die Frage, ob es Augen hat oder nicht, sind für diese Bestimmung weniger wichtig. Maschinelles Lernen funktioniert auf ähnliche Weise.
Maschinelles Lernen im Informationsmanagement
Maschinelles Lernen hat viele Einsatzmöglichkeiten. Besonders hilfreich ist es bei der Digitalisierung analoger Papierdokumente. Hier sind einige Beispiele dafür, wie Maschinelles Lernen Geschäftsprozesse vereinfacht:
- Dokumentenklassifizierung: Auf der Grundlage von Wörtern, Namen oder Logos (usw.) kann ein Algorithmus für Maschinelles Lernen Tausende von gescannten Dokumenten automatisch in Kategorien sortieren und so den menschlichen Verwaltungsaufwand maßgeblich reduzieren. Rechnungen, Verträge, Briefe und andere Dokumente können auf diese Weise effizient nach Typ, Unternehmen, Jahr usw. sortiert werden.
- Spracherkennung: Algorithmen transkribieren Schallwellen in geschriebene Sprache, wodurch Video- und Audiodateien durchsuchbar werden und mit weiteren Informationsextraktionsfunktionen verarbeitet werden können.
- Topic Modelling ist eine große Hilfe beim Sichten von Dokumentbergen unbekannten Inhalts, beispielsweise juristischen Dokumenten. Oft müssen hier Tausende von Dokumenten gelesen und ausgewertet werden. Topic Modelling kann zwar nicht jedes Thema absatzgenau benennen, aber es kann einen Überblick der Themen vermitteln, die in den Unterlagen behandelt werden. Darauf basierend können Unternehmen dann entscheiden, wie sie mit den Unterlagen weiter verfahren.
Was ist Deep Learning?
Deep Learning basiert auf einem Modell des Maschinellen Lernens, das als Künstliche Neuronale Netze bezeichnet wird. Auch hier ist der Kern eine mathematische Funktion – oder genauer gesagt, mehrere Funktionen, die nebeneinander angeordnet sind und eine Ebene von „Neuronen“ bilden. Deep Learning stützt sich auf Netzwerke mit sogenannten „versteckten Ebenen“, d.h. mehrere Levels von Neuronen, die zwischen der Eingabe- und der Ausgabe-Ebene angeordnet sind. Die Idee hinter Künstlichen Neuronalen Netzen ist es, den Entscheidungsprozess menschlicher Gehirnzellen zu simulieren: Je nach Input entscheidet jedes Neuron, ob es eine Ja- oder Nein-Antwort gibt, die dann in die Entscheidungsfindung anderer Neuronen einfließen kann. Diese Kombination kleiner Mikro-Entscheidungen führt zu einem unglaublich leistungsstarken Lernprozess und bildet die Grundlage für viele der bekannteren Beispiele von KI, wie z. B. Smart Speaker oder soziale Roboter.
Deep Learning im Informationsmanagement
- Chatbots: Wir alle kennen sie inzwischen, da es leicht verfügbare Plugins gibt, die mit wenig Aufwand zu einer Website hinzugefügt werden können. Chatbots sind eine gute Ergänzung für den Kundensupport, da sie dabei helfen können, herauszufinden, wonach ein Kunde sucht, selbst wenn dieser sich selbst nicht ganz sicher ist.
- Automatische Übersetzung: Dank Deep Learning ist die automatische Übersetzung inzwischen so zuverlässig geworden, dass sie in vielen Alltagssituationen eingesetzt werden kann. Das macht nicht nur das Versenden von E-Mails an internationale Kunden komfortabler, sondern bietet vor allem auch direkten Zugriff auf Wissenssilos, die bei internationaler Zusammenarbeit durch Sprachbarrieren entstehen können.
- Content-Erstellung: Bis vor kurzem schienen kreative Aufgaben eine unüberwindbare Hürde für Künstliche Intelligenz zu sein. Deep Learning hat diese Hürde überwunden und fügt dem Informationsmanagement somit eine neue Dimension hinzu: die automatisierte Erstellung von Texten, Illustrationen und Videos. In den kommenden Jahren werden Unternehmen wahrscheinlich einen Anstieg der von KI erstellten Inhalte erleben.
Maschinelles Lernen oder Deep Learning – was kann mehr?
Sowohl Maschinelles Lernen generell als auch Deep Learning im Speziellen haben ihre eigenen Vorzüge und Schwächen. Deep Learning ist in der Lage, komplexe Aufgaben zu bewältigen, die kreative Problemlösungsfähigkeiten erfordern; es ist jedoch sehr rechenintensiv. Andere Techniken des Maschinellen Lernens (z. B. Clustering-Algorithmen und Support-Vektor-Maschinen) sind schlanker in der Implementierung und Ausführung. Die Aufgaben, die sie erfüllen können, sind begrenzt. Für Mustererkennungs- und Kategorisierungsaufgaben können sie jedoch sehr leistungsstarke Werkzeuge sein, die sich problemlos in eine Vielzahl von Softwarearchitekturen integrieren lassen.
Fazit
Es gibt viele Arten von Künstlicher Intelligenz. Einige davon sind leichtgewichtige, einfach zu implementierende Algorithmen, die dennoch ein großes Potenzial zur Optimierung von Geschäftsprozessen haben. Andere basieren auf datenintensiven, komplexen Neuronalen Netzen, die hoch skalierbare Umgebungen wie etwa die Content Services-Plattform yuuvis Momentum erfordern. Da sie aber inzwischen selbst bei kreativen Aufgaben übermenschliche Leistungen erbringen können, lohnt es sich, ein Auge auf sie zu haben. Zweifellos werden sie die Art und Weise, wie wir in Zukunft Informationsmanagement in Unternehmen betreiben, grundlegend verändern.
*Viola Ganter ist Senior Content Managerin bei Optimal Systems. Die Kognitionswissenschafterin beschäftigt sich u. a. mit der Interaktion zwischen Mensch und Computer und deren Auswirkungen auf die gesellschaftspolitische Dynamik im Internet. Viola Ganter ist erfahren in Sentiment Analysis, Natural Language Processing (NLP), Java und Machine Learning. Sie verfügt über Kenntnisse in GDPR-bezogenen Fragen. Ihren Master-Abschluss hat sie in Computerlinguistik an der Universität Stockholm absolviert, den Bachelor-Abschluss in Kognitionswissenschaften an der Universität Osnabrück.
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