KI programmieren oder kaufen?

Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde - diverse Tasks werden inzwischen Maschinen überlassen. Stellt sich nur die Frage: selbst programmieren oder kaufen? [...]

KI programmieren oder kaufen? Welches Problem mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz gelöst werden soll, spielt bei der Beantwortung dieser Frage eine wesentliche Rolle (c) pixabay.com

Künstliche Intelligenz zur Textverarbeitung, wie sie zum Beispiel in der Google-Suchfunktion zur Anwendung kommt, vermehrt sich rasant. Auch in der Auswertung von Kundenfeedback oder dem Beantworten von Kundenanfragen können derartige Systeme nützlich sein. In diesem Zusammenhang ist vor allem von Natural Language Processing (NLP) die Rede, einem bestimmten Teilbereich der KI. Diese Art von Software ist in der Lage menschliche Sprache zu verstehen und zu verarbeiten.

Immer mehr Unternehmen sind sich dessen bewusst, wie wichtig Consumer Insights sind. Je mehr man über seine Kunden, den Markt, und die Verwendung der eigenen Produkte weiß, desto bessere Entscheidungen können getroffen werden. Dennoch werden in diesem Bereich oft die falschen, oder gar keine Daten gesammelt, beziehungsweise unzulänglich ausgewertet. Um echtes Verständnis über Zielgruppen und ihre Wünsche zu erhalten sind qualitative Daten notwendig. Denn erst durch qualitative Daten, können quantitative Ergebnisse in der richtigen Kontext gestellt werden.

Benötigt wird demnach Feedback in Form von User Generated Content (UGC). Diesen kann ein Unternehmen per Social Media, Email-Anfragen oder über Kundenbewertungen generieren. Ohne KI-Unterstützung ist es allerdings so gut wie unmöglich diese Art und Menge von Content systematisch zu analysieren. Zudem könnte die subjektive Wahrnehmung eines Einzelnen das gesamte Ergebnis verzerren.

Auf den ersten Blick mag Sprachverarbeitung durch Maschinen nicht sehr aufregend klingen. Doch man sollte bedenken, dass unsere Sprache komplex und unstrukturiert ist. Für Menschen zeigt sich dies lediglich durch mögliche Missverständnisse in der Kommunikation. Für Maschinen ist allerdings bereits das grundlegende Verarbeiten eine große Herausforderung. Die wenigen Regeln, die es gibt (Grammatik, Zeichensetzung, Rechtschreibung), werden vor allem in User Generated Content nur sporadisch beachtet. Um unstrukturierte Daten aus Chats oder Produktbewertungen verarbeiten zu können bedarf es entsprechender Programme.

Dank Maschinellem Lernen (ML), oder um genauer zu sein Deep Learning (DL), können moderne KIs selbstständig (unsupervised) Sprachen lernen. Allerdings ist dazu eine große Menge an Daten nötig, aus denen die Sprache gelernt werden kann. Je mehr Daten, desto besser und präziser kann die KI arbeiten.

KI programmieren oder doch lieber kaufen?

Um diese Entscheidung treffen zu können, sollte ein Unternehmen die folgenden drei Themen bearbeiten:

1. Das Problem: Welchen Zweck soll die KI erfüllen?

Ist das Problem, das die Künstliche Intelligenz lösen soll, mit einer Kernfunktion Ihres Unternehmens verbunden oder trägt es zur Umsatzentwicklung bei? Ist dies nicht der Fall, sollten Sie überlegen, ob Sie den Aufwand einer eigenen Programmentwicklung auf sich nehmen. Selbst entwickelt werden die Programme, durch die sich ein Unternehmen von anderen unterscheiden kann und die wesentlich dazu beitragen, sich auf dem Markt zu behaupten. Grundsätzlich kann sich ein Unternehmen beim Kauf einer fertigen KI-Lösung natürlich auch mit der Wahl des richtigen Anbieters differenzieren, da es Unterschiede in der Qualität und Funktionalitäten der KIs gibt.

2. Die Kosten: Was kostet eine betriebsbereite KI?

Während bei einer selbst programmierten Künstlichen Intelligenz die Entwicklungskosten kalkuliert werden müssen, stehen diesen bei der Verwendung einer fertigen Lösung entweder Lizenz- oder Produktkosten gegenüber. Besonders bei großen und komplexen Projekten wie NLP, die ein hohes Entwicklungsrisiko mit sich bringen, sind ein großes Entwicklerteam und viele Arbeitsstunden nötig. Ein Zeitaufwand von mehreren Monaten kann hier schnell erreicht sein.

Es sollte auch teilweise mit langen Vorlaufzeiten (Ramp Up Time) gerechnet werden. Software as a Service (SaaS) oder Kaufoptionen sind in der Regel günstiger. Außerdem sind diese mehr oder weniger sofort einsetzbar. Doch auch hier bedarf es meist einer gewissen Inhouse-Expertise, da die Software in bestehende Systeme integriert werden und die Ergebnisse korrekt interpretiert werden müssen. Wenn Sie beispielsweise UGC auswerten möchten, wäre ein System hilfreich, das verschiedene Themen und die dazugehörigen Stimmungen in den Inhalten identifizieren kann. Dazu sollte Ihre KI mehrere Aufgaben erledigen können:

  • Spracherkennung
  • Tokenisierung
  • Part of Speech Tagging
  • Dependency Parsing
  • Named Entity Recognition
  • Topic Extraction
  • Kategorisierung
  • Sentiment-Analyse

Es ergeben sich darüber hinaus weitere Komplexitäten in der Auswahl der richtigen Modellarchitektur, der richtigen Algorithmen und weiterer KI-Bausteine für den entsprechenden Anwendungsfall.

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3. Die Risiken: Welche Option bringt welche Risiken mit sich?

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Softwareentwicklungsprojekte Verzögerungen auflaufen. Dadurch können die Kosten rapide ansteigen. Qualifiziertes Personal in diesem Bereich ist Mangelware. Fachpersonal wird nicht nur zur Entwicklung, sondern auch zum Betreiben und zur laufenden Weiterentwickeln der Software benötigt. Hinzu kommt das Risiko, dass die gewünschte Qualität nicht erreicht werden kann.

Für die Kaufoption kann in die entgegengesetzte Richtung argumentiert werden. Da hier die Kontrolle über den Source Code meist beim Anbieter liegt, können keine Ad-hoc-Veränderungen vorgenommen werden. Sollte sich etwa ein Bug in das System eingeschlichen haben, muss erst der Anbieter kontaktiert werden, um den Fehler zu beheben. Derartiger Support kann auf sich warten lassen. Außerdem stellt sich die Frage ob die KI in der Praxis auch alle Aufgaben richtig erledigt.

Werden Themen und Sentiments richtig gefunden? Mit welcher Qualität beziehungsweise Treffgenauigkeit (Accuracy), Genauigkeit (Precision), Trefferquote (Recall), etc. arbeitet das System. Schließlich sind Artificial-Intelligence-Lösungen im Grunde Wahrscheinlichkeitssysteme „ohne“ Regeln. Dementsprechend gibt es keine hunderprozentige Zuverlässigkeit. Doch auch menschliche Inter-Coder-Reliabilität erreicht niemals 100 Prozent, es gibt immer Interpretationsunterschiede.

Ein weiteres Risiko liegt in den Daten selbst und deren Verortung. Je nachdem, ob sich die Künstliche Intelligenz und die benötigten Daten On Premises oder in der Cloud befinden, hat dies Auswirkungen auf die Rechengeschwindigkeit und die Sicherheit der Daten.

Der Weg zur richtigen Künstlichen Intelligenz

Abschließend kann man sagen, dass es auf diese Frage leider keine pauschale Antwort gibt. Die jeweils beste Lösung ist immer von der individuellen Zielsetzung abhängig. Hier noch einmal eine Zusammenfassung:

  • Verstehen Sie welches Problem mit der Software gelöst werden soll. Kann diese Ihrem Unternehmen einen Vorteil liefern und Sie von der Konkurrenz differenzieren? Oder soll eine alltägliche Funktionen ihres Unternehmens automatisiert werden?
  • Verstehen Sie die wahren Kosten des Kaufes und der Entwicklung von Software? Diese beinhalten: das Team, Lizenzmodelle sowie Implementierungs- und Wartungskosten.
  • Verstehen Sie die Risiken, die mit einem Kauf oder der Entwicklung von Software verbunden sind?

Wenn die KI maßgeblich zu Wettbewerbsvorteilen und zum Erfolg Ihres Unternehmens beitragen kann, sollten Sie dessen Komplexität in Kauf nehmen und diese selbst entwickeln. Das erlaubt Ihnen, Ihre eigenen Standards zu setzen. Sie sind flexibler und lernen mehr über das System, wodurch es vielseitiger einsetzbar wird.

Kaufen Sie Produkte die nicht direkt zu der Kernaufgabe Ihres Unternehmens beitragen oder Produkte deren Qualitätslevel bereits alle Voraussetzungen erfüllt. Die meisten KI-Systeme, die es zu kaufen gibt, sind bereits auf Qualität, Geschwindigkeit und Skalierbarkeit optimiert. Wenn Sie also, so schnell wie möglich so viel wie möglich aus Ihren Daten holen wollen, ist diese Option die richtige für Sie.

*Stefan Ramershoven ist Gründer und Geschäftsführer der Kjero GmbH. Ramershoven studierte Retail Marketing mit Schwerpunkt Empfehlungsmarketing an der Universität Innsbruck und ist dort immer wieder als Gastlektor zu Besuch.


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