Jedes Unternehmen wünscht sich zufriedene Kunden. Dafür ist es wichtig, den Kunden zu kennen und zu wissen, was er braucht und erwartet. Kundenwünsche und -erwartungen zu messen, ist eine Herausforderung. Mehr und mehr setzen Unternehmen dabei auf künstliche Intelligenz (KI). [...]
Zahlreiche Studien belegen, dass der Umsatz und Marktwert eines Unternehmens, das auf Customer Centricity setzt, stärker wachsen als die des Gesamtmarktes. Und nicht nur in den Chefetagen von Handelsunternehmen und Konsumgüterherstellern legt man Wert darauf, dass Konsumenten glücklich sind. Auch die Dienstleistungsbranche und B2B-Betriebe suchen verstärkt den direkten Draht zum Kunden. Für ihren Erfolg sind viele Unternehmen bereit, ihr Geschäftsmodell auf die bestmögliche Erfüllung von Kundenwünschen auszurichten, d.h. kundenorientiert zu arbeiten. Kundenorientiert? Das sind wir doch alle. Doch sind wir es wirklich? Die Realität spricht eine andere Sprache. Nur wenige Unternehmen sind in der Lage, ihren Kunden in den Mittelpunkt zu stellen. Denn wir wissen zu wenig über die Konsumenten und ihre Bedürfnisse.
Kundenzufriedenheit messen – aber wie?
Für viele Unternehmen ist inzwischen der Net Promoter Score eine gängige Methode geworden, um die Wahrscheinlichkeit der Weiterempfehlung von Produkten und Dienstleistungen zu erfassen, und damit auch die Zufriedenheit eines Kunden. Wir alle kennen die Pop-Fenster, die sich beim Besuch einer Website öffnen und danach fragen, wie wahrscheinlich es auf einer Skala von eins bis zehn ist, dass man das Produkt, das Unternehmen oder die Dienstleistung XY weiterempfiehlt. Die Befragung ist für jeden Kunden leicht zu verstehen und in nur wenigen Sekunden zu erledigen. Eine Frage, eine Antwort.
Der Nachteil dieser Methode: Der Net Promoter Score ist nicht konkret genug. Man erfährt zu wenig über den Kunden. Er gibt einen Einblick, liefert aber keine konkreten Gründe, warum ein Produkt einen hohen Score erhält oder gibt Hinweise, warum ein Kunde mit einer Dienstleistung nicht zufrieden ist. Er polarisiert zwischen gut und schlecht, bildet aber nur wenige Details ab. Der Net Promoter Score kann deshalb nur begrenzt Informationen liefern.
Der richtige Umgang mit wertvollen Daten
Grundsätzlich ist es ein vielversprechender Ansatz, datenbasierte Entscheidungen aufgrund von Kundenwünschen zu treffen. Konsumentendaten bilden die Grundlage von Entscheidungen und Handlungsoptionen. Entsprechend wichtig ist der richtige Umgang mit dieser wertvollen Ressource. Wer mehr über seine Kunden und deren Erwartungshaltung erfahren möchte, braucht daher einen Ansatz jenseits des NPS. Künstliche Intelligenz ist eine Technologie, die das Potenzial hat, das Thema Kundennähe auf Top-Management-Ebene zu verankern und die Kundenperspektive in Organisation und Prozesse zu integrieren. Viele Unternehmen setzen bereits heute bei der Messung der Kundenzufriedenheit und der Umsetzung ihrer Customer-Centricity-Strategie auf künstliche Intelligenz. Dafür gibt es gute Gründe.
1. Kundenkommunikation automatisch auswerten
Wer wissen will, ob er die Erwartungen seiner Kunden erfüllt hat oder was er vielleicht besser machen könnte, muss ein breites Spektrum an Kundenstimmen auswerten. Und diese Daten liegen vielen Unternehmen vor. Tag für Tag rufen viele Kunden an oder schreiben E-Mails, Briefe oder in den sozialen Medien. Anstatt Kundenstimmen stichprobenartig zu ermitteln, ist es ratsam, Äußerungen von Kunden an mehreren Kontaktpunkten strukturiert und automatisiert auszuwerten. Dies ermöglicht ein vollständiges Bild der Kundenerfahrungen und -wünsche. Auf diese Weise können Unternehmen feststellen, wo ihre Stärken liegen und an welchen Stellen sie sich noch verbessern müssen. Denn die Kunden verraten selbst das Geheimnis des Erfolgs.
Die Automatisierung der Auswertung der Kundenkommunikation und des Feedbacks wird erst durch künstliche Intelligenz ermöglicht. Kein Unternehmen hat die personellen Ressourcen tausende Kundenstimmen im Monat manuell auswerten. Zudem ermöglicht es KI den gesamten Lebenszyklus der Daten zu betrachten: von der Gewinnung der Daten über die Analyse bis hin zu den daraus folgenden Handlungsentscheidungen.
2. Nur eine standardisierte Analyse von Kundenstimmen ist aussagekräftig
Kunden erzählen in jedem Gespräch, was ihre Vorlieben sind und was sie sich wünschen. Sie verfassen E-Mails, um sich über ein Produkt oder eine Dienstleistung zu beschweren und geben Tipps, wie man das Angebot verbessern könnte. Sie schreiben in Social Media-Kommentaren oder auf Bewertungsportalen, was ihnen gefallen oder sie gestört hat.
Eine auf künstliche Intelligenz basierende Analyse Software kann jedes Wort des Kunden standardisiert analysieren. Dazu werden je nach Unternehmen und Branche bestimmte Schlüsselbegriffe definiert und regelmäßig auf ihre Tonalität ausgewertet. Im Anschluss daran führt die Software alle Ergebnisse zu einem Gesamtbild zusammen und ordnet die Begriffe vordefinierten Dimensionen zu. Das Unternehmen erfährt so sehr präzise, was der Kunde über die Qualität, den Preis oder auch die Verfügbarkeit seines Produktes denkt, und kann sein Angebot entsprechend auf Kundenwünsche und -erwartungen hin anpassen.
3. Grenzenloses Datenvolumen
KI-Technologien sind zudem in der Lage, Datenanalysen effizient zu skalieren. Wie in einer „Datenfabrik“ sind die Prozesse beliebig erweiterbar und auch mit einem höheren Datenvolumen reibungslos zu wiederholen. Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, alle Stufen des Analyseprozesses optimieren – von der Datensammlung bis zur Umsetzung der Erkenntnisse. Hinsichtlich Datenmengen und Kapazitäten sind dabei keine Grenzen gesetzt.
4. KI-Systeme lernen ständig dazu
Moderne Softwaretools können nicht nur Texte analysieren und unstrukturierten Text automatisiert auswerten, sie lernen auch ständig dazu. Dabei helfen zunehmend Algorithmen des maschinellen Lernens. Natural Language Processing (NLP) lautet das Zauberwort. Nachdem diese entsprechend trainiert wurden, können sie in großen Datenmengen Zusammenhänge, Muster sowie Trends erkennen, aus denen sich handlungsrelevante Erkenntnisse ableiten lassen.
Mit künstlicher Intelligenz lassen sich Reviews, Emails und Blogs auf ihre Tonalität (negativ oder positiv) analysieren und in einzelne Themenbereiche zusammenfassen. Durch die wachsende Datenmenge und ständige Kontrolle und Optimierung verbessern sich die Ergebnisse der Analyse laufend. Deshalb ist die KI im Laufe der Zeit in der Lage, die menschliche Sprache, Empfindungen und Präferenzen immer besser zu interpretieren. Je mehr Daten über die Zeit anfallen und gesammelt werden, desto wertvoller werden die Ergebnisse.
5. Echte Kundenorientierung mit Wettbewerbsvorteil
Wenn Marketingexperten die Informationen des aggregierten Kundenfeedbacks zur Hand haben, sind sie sofort in der Lage, Verbesserungen von Produkt und Service im Hinblick auf den Wettbewerb zu erkennen und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Mit dem wachsenden Feedback im Laufe der Zeit und dem selbstlernenden System können Marketer die Abwanderungsquote nach und nach optimieren oder Produkte und Dienstleistungen weiterentwickeln.
NLP-Lösungen können Unternehmen somit dabei helfen, den Übergang von standardisierten Massenprodukten zu personalisierten Produkten und Dienstleistungen zu gestalten: nachhaltig, effizient und sinnstiftend für Mitarbeiter. Unternehmen, die künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen besser als andere auf ihre Ziele ausrichten, können sich deutliche Wettbewerbsvorteile sichern.
*Korbinian Spann ist Gründer, Managing Director und Head of Data der Insaas GmbH, einem Startup für datengetriebenes Marketing.
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