Advanced Analytics ist eine Schlüsseltechnologie der Digitalisierung und bietet Unternehmen ein großes Innovationspotenzial. Allein im Bereich Machine Learning wurden in den USA 2016 Investitionen zwischen acht und 12 Milliarden US-Dollar getätigt. Dies liegt nicht zuletzt an Fortschritten in der Algorithmik, der Verfügbarkeit von Daten und bei den Rechenleistungen. [...]
Um die Vorteile dieser Entwicklung realisieren zu können, ist es wichtig, zu Beginn eine Advanced-Analytics-Strategie zu formulieren. Diese muss an der Gesamtstrategie des Unternehmens ausgerichtet sein und Aspekte der IT– sowie der Fachbereichs-Strategien (Finanzen, Vertrieb, etc.) aufgreifen. Sie liefert in zwei Kernbereichen Aussagen zum mittel- bis langfristigen Zielbild:
- Im Bereich der Use Cases wird festgelegt, welche Ergebnisse aus dem Einsatz von Advanced Analytics hervorgehen sollen, wie zum Beispiel das Ermöglichen neuer Geschäftsprozesse und Produkte.
- Daneben ist es essenziell, auch Verbesserungsideen für den Status quo zu definieren.
Das Advanced Analytics Operating Model bildet den Rahmen zur Umsetzung der Use Cases. Neben der Architektur des Advanced-Analytics-Ökosystems werden auch die notwendigen Unternehmensstrukturen (Organisation, Governance und Compliance) beschrieben.
Weitere Informationen bietet das Framework, das hilft, das Operating Model weiter in einzelne Building Blocks zu untergliedern. Als Ansatzpunkt dafür dient die Advanced-Analytics-Wertschöpfungskette, die damit einhergehende Datenhaltung sowie weitere sinnvolle Querschnittsfunktionalitäten.
Für die Formulierung der Strategie sollten folgende kritische Erfolgsfaktoren berücksichtigt werden:
- Management Commitment über alle Geschäftsbereiche hinweg, um sicherzustellen, dass Use Cases über alle Fachbereiche hinweg generiert werden.
- Enge Integration mit dem Innovationsmanagement und der Produktentwicklung, um Ideen für neue Prozesse und Produkte zu schaffen.
- Frühzeitige Pilotumsetzung von ausgewählten Use Cases mit unterschiedlichen Lösungsplattformen, um den Nutzen greifbar zu machen. Neben klassischen Big-Data-Plattformen wie Hadoop sollten auch die Möglichkeiten der bestehenden Analytics-Landschaft sowie der Quellsysteme geprüft werden. Schließlich ist eine „One-fits-it-all“-Lösung unwahrscheinlich, da am Markt für jeden Schritt der Wertschöpfung (Ingestion, Processing, etc.) eigene Werkzeuge existieren, die oft auf bestimmte Datenquellen oder Betriebsmodi spezialisiert sind.
- Pragmatismus beim Aufbau von Organisation und Governance – zunächst gilt es, den Nutzen und die Umsetzbarkeit zu demonstrieren. Mit wachsender Größe der Umsetzungen können die notwendigen Strukturen sukzessive aufgebaut werden. Ein guter Startpunkt ist der Aufbau eines Data Labs als „Keimzelle“.
In Abgrenzung zur klassischen Strategieentwicklung, die das Zielbild und die Roadmap schwerpunktmäßig auf Basis von Analysen erzielen und dann erst zur Umsetzung schreiten, hat sich für Advanced Analytics ein agiler Ansatz bewährt. Die Strategie wird einerseits in einem Wechselspiel aus Analysen und andererseits aus konkreter Hands-on-Erfahrung in Design und Umsetzung von Use Cases entwickelt. Damit wird sichergestellt, dass die typischen Unsicherheiten, wie etwa die Höhe des realisierbaren Nutzenpotenzials oder die Investitionssicherheit für den Aufbau des Advanced-Analytics-Ökosystems, frühzeitig erkannt werden.
Die Umsetzung der Advanced-Analytics-Strategie kann in vier Phasen gegliedert werden:
- Initialisierung: Die erste Phase ist analytisch getrieben und schafft den passenden Rahmen für die Folgephasen. Auf der oberen Management-Ebene ist ein ressortübergreifendes Commitment wichtig, um einen vollständigen Blick auf mögliche Use Cases zu gewinnen. Eine gemeinsame Vision zum Stellenwert von Advanced Analytics schafft die Verknüpfung zur Unternehmensstrategie.
- Use-Case-Generierung: Ziel dieser Phase ist es, eine priorisierte Liste mit potenziell nützlichen und umsetzbaren Anwendungsfällen zu erstellen. Einerseits muss dafür eine grobe Nutzenabschätzung erfolgen, andererseits müssen die Kernanforderungen an die Lösungsarchitektur herausgearbeitet werden.
- Pilot-Umsetzung: Die dritte Phase verfolgt das Ziel, die Umsetzbarkeit und den Nutzen einer Auswahl von Use Cases zu belegen. Hierbei wird den Beteiligten die Befähigung zum eigenständigen Auf- und Ausbau der späteren Plattform vermittelt. Schließlich werden im Unternehmen erste Strukturen aufgebaut.
- Roadmap-Formulierung und Transition: Die letzte Phase zielt darauf ab, über alle Gestaltungsfelder des Frameworks hinweg ein Zielbild zu formulieren und Umsetzungsschritte vorzuschlagen. Anwendungen, die über die Pilotphase hinweg Bestand haben, müssen in den professionellen Betrieb überführt werden. Die Liste der Use Cases für die weitere Umsetzung wird ergänzt, verfeinert und neu priorisiert. Eine Advanced-Analytics-Referenzarchitektur legt fest, welche Lösungen für die einzelnen Architekturbestandteile verwendet werden dürfen. Bestehende Konzepte im Themenfeld Governance und Compliance werden gesichtet und Anpassungen geplant.
Advanced Analytics wird in Zukunft einen wichtigen Beitrag zum Erfolg von Unternehmen leisten. Die am Markt verfügbaren Lösungen haben einen ausreichenden Reifegrad für den IT-industrialisierten Einsatz. Unternehmen sollten beginnen, eine auf ihre Bedürfnisse ausgerichtete Strategie zu erarbeiten und in dem Zusammenhang so früh wie möglich erste praktische Erfahrungen sammeln. Ein Blick über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg lohnt sich! Der Austausch mit externen Beratern oder Start-ups kann eine nützliche Inspirationsquelle sein. Wichtig ist, dass neben der Technologieerfahrung auch Prozess– und Produktwissen der eigenen Branche verfügbar ist.
*Christine Kusztrich ist Geschäftsführende Partnerin bei Q_PERIOR in Österreich; André Landefeld ist Associate Partner bei Q_PERIOR.
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