Das autonome Fahren wird von vielen Anbietern derzeit erprobt. In fünf bis zehn Jahren könnte die Technologie bereits Realität im Alltag sein. Eine Voraussetzung ist die Analyse von Big Data, die wiederum innovative Netzwerk- und Storage-Lösungen erfordert. Es kommt jedoch nicht nur auf eine ausgefeilte Technik zur Datenerfassung und -Verarbeitung an. Auch ethische Fragen müssen im Vorfeld geklärt werden. [...]
Verkehrsunfälle stehen häufig auf der Tagesordnung und betreffen die Insassen von Fahrzeugen sowie andere Verkehrsteilnehmer. Bei einer Kollision etwa entscheidet der Fahrer, wer gefährdet wird – er selbst oder die anderen. In Millisekunden bestimmt er, ob er sich selbst rettet und damit möglicherweise den Fußgänger tötet. Oder ob er etwa den Fußgänger schützt und sich dabei möglicherweise selbst in Gefahr bringt.
Technisch gesehen sind solche Entscheidungen beim autonomen Fahren einfach – sie beinhaltet wenige Zeilen Code. In ethischer Hinsicht dagegen ist sie extrem schwierig zu fällen, denn hier regelt nicht der Mensch, sondern die Künstliche Intelligenz (KI) die Reaktion in Verkehrssituationen. Es geht hier um Fragen der Rechtssicherheit, die für alle möglichen Szenarien geregelt sein müssen, damit das autonome Fahren auf deutschen Straßen grünes Licht erhält.
Big Data Tagging für die sichere Entscheidungsfindung
Technisch geht es beim autonomen Fahren vor allem darum, Daten zu erfassen und sinnvoll zu kategorisieren. Die KI muss im selbstfahrenden Auto erkennen, wo Straßenzüge verlaufen und enden und wo Bürgersteige beginnen. Sie muss unterschiedliche Straßenschilder und Ampeln sowie deren Bedeutungen identifizieren, um das Fahrzeug entsprechend zu steuern.
Weltweit wird fotografiert und gefilmt, um relevante Daten zu erfassen und in Rechenzentren zu speichern und zu bearbeiten. Menschen bewerten und kategorisieren Bilder von Straßenschildern und Verkehrssituationen, um die Daten für KI-basierte Entscheidungssysteme selbstfahrender Autos verwertbar zu machen. Auch die Wetterbedingungen und Lichtverhältnisse gilt es zu berücksichtigen, damit das autonome Fahrzeug die Schilder jederzeit erkennt. Noch komplexer ist die Erfassung sich bewegender Variablen ¬– etwa andere Autos, Fußgänger, Radfahrer, Tiere, oder bewegliche Gegenstände. Durch das sogenannte „Tagging“ bereiten Entwickler die logischen Schlussfolgerungen und Entscheidungen des KI-Systems vor, damit das autonome Fahrzeug sicher durch den Straßenverkehr navigieren kann.
Veränderter Anspruch: Big Data erhöht den Netzwerkanspruch
Um die richtige Entscheidung zu treffen, werden die Daten mit Hilfe von Big-Data-Analysen und High-Performance-Computing (HPC) ausgewertet und kategorisiert. Aufgrund der hohen Zahl an zusätzlichen zu analysierenden Daten haben sich die Anforderungen der Automobilindustrie an das Weitverkehrs-Netzwerk gewandelt. Wurde es bisher eher als Corporate-Netzwerk für Kernapplikationen wie SAP oder Oracle genutzt, gilt es nun, große Datenmengen weltweit mit höchster Bandbreite und geringsten Latenzzeiten von Land zu Land und Kontinent zu Kontinent schnell und effizient zu transportieren, weil die entsprechenden Entwickler sehr häufig weltweit verteilt arbeiten.
Dabei sollten Automobilhersteller darauf achten, dass sie ihren Netzwerkanbieter nach der Verfügbarkeit eines großen, weltweiten Backbones für die Datennetze auswählen. Denn nur dann lassen sich die Netzwerkanwendungen jederzeit und länderübergreifend abwickeln. Zudem kommt es darauf an, dass das WAN (Wide Area Network) eine möglichst hohe Geschwindigkeit und niedrige Latenz aufweist. Damit lassen sich die mit Big-Data-Analysen und HPC verbundenen Datenmengen effizient verteilen.
Leistungsstarkes SD-Storage macht Daten-Priorisierung überflüssig
Doch mit der richtigen WAN-Infrastruktur ist es noch nicht getan. Es bedarf auch einer geeigneten Storage-Lösung, damit die Automobilhersteller und Zulieferer die gewonnenen Daten verteilt speichern können. Standardkonzepte für Storage-Lösungen sind oftmals nicht flexibel genug, verursachen zu hohe Kosten oder bieten einen so langsamen Zugriff auf die gespeicherten Daten, dass sie sich für das autonome Fahren nicht eignen.
SD-Storage hingegen ist eine sichere Lösung, die global einsetzbar und technisch flexibel ist. Auch große Datenmengen lassen sich damit schnell und jederzeit von Rechenzentrum zu Rechenzentrum beziehungsweise zu den Endnutzern übertragen. Die gesamte Speicherkapazität ist so leistungsfähig und flexibel in das WAN eingebettet, dass die Daten bei der Verarbeitung für das autonome Fahren nicht priorisiert und nach benötigter Verfügbarkeit kategorisiert werden müssen. Damit ist auch das Problem gelöst, dass Unternehmen die Daten beim Abspeichern noch nicht „tieren“ können, da sie nicht wissen, wann sie sie wieder benötigen.
Erstes Ziel: Teilautonomes Fahren
Bevor das vollständig autonome Fahren Realität wird, ist der nächste sinnvolle Zwischenschritt das teilautonome Fahren. Denn kein Datennetz ist schnell genug und keine Latenz gering genug, um dem Fahrzeug genug Zeit zu verschaffen, mit dem Rechenzentrum zu kommunizieren und alle Daten für eine ethisch vertretbare Entscheidung auszuwerten. Teilautonomes Fahren könnte allerdings schon in den nächsten Jahren möglich sein.
In geschlossenen Autoverkehrskreisläufen wie auf Flughäfen, in großen Fabriken oder auf Autobahnen ist dies auf jeden Fall denkbar, da die Zahl der unvorhersehbaren Einflüsse von außen – etwa durch aufgrund von Baustellen veränderte Straßenführungen – überschaubar ist. Vernetzte Fahrzeuge, die beispielsweise mit 140 Stundenkilometern auf der Autobahn fahren, können miteinander kommunizieren, um etwa gleichzeitig zu bremsen, Abstand zu halten und andere Reaktionen synchron auszuführen. Dabei werden bereits zahlreiche Technologien verwendet, die beim vollständig autonomen Fahren zum Einsatz kommen werden.
*Ingo Wupper, GTT Vice President Sales Strategic Enterprise Business, ist Experte im Bereich IT, Telekommunikation und Netzwerkumgebung.
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