Google stößt mit Continuous Scrolling große Veränderungen in der mobilen Suche an. Durch das neue Feature eröffnen sich Potenziale, aber ebenso Risiken. Der wohl größte Vorteil besteht darin, dass Suchergebnisse außerhalb der Top-Ten an Prominenz gewinnen. [...]
In der Suchmaschinenoptimierung (SEO) galt lange Zeit der Grundsatz: „Was nicht auf der ersten Google-Suchergebnisseite auftaucht, existiert nicht.“ Im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung setzten SEOs und Online-Marketer bislang deshalb alles daran, den Inhalt ihrer Webseite möglichst weit oben auf Seite eins der Suchergebnisseiten (SERPs) zu platzieren, damit diese fortlaufend hohen Traffic generiert. Allerdings könnte sich die Notwendigkeit des Vorhabens bald ändern, denn Google hat ein neues Feature eingeführt, das sich langfristig auf die Anzeige der Suchergebnisse und das Nutzerverhalten auswirken wird. Denn mit Continuous Scrolling gibt es die klassischen Suchergebnisseiten künftig nicht mehr, sodass sich für die Suchmaschinenoptimierung und Marketer zahlreiche Potenziale, aber ebenso Risiken ergeben.
Google stößt mit Continuous Scrolling große Veränderungen an
Mit der neuen Funktion reagiert Google eigenen Angaben zufolge darauf, dass viele Nutzer nicht nur Suchergebnisse auf der Seite eins anschauen, sondern ebenfalls auf den folgenden Seiten zwei, drei und vier Treffer einsehen. Das ist insbesondere bei sehr spezifischen Suchanfragen der Fall, für die User in den Top Ten keine passenden Resultate finden und sich daher weiter durch die SERPs klicken. Aus diesem Grund hebt Google mit der neuen Funktion die Paginierung der SERPs praktisch auf. Nutzer erhalten so die Möglichkeit, nicht nur die ersten zehn Suchergebnisse einzusehen, sondern nahtlos zu den nächsten 30 weiterzuscrollen, ohne einen „Mehr ansehen“-Knopf drücken oder zwischen den Seiten blättern zu müssen.
Damit stellt Google die Suchergebnisse zu einer Suchanfrage in Form eines Feed bereit, wie es bereits aus anderen Apps oder sozialen Netzwerken bekannt ist – sei es Google Discover, Facebook oder Twitter. Das neue Feature ist allerdings nicht mit Infinite Scrolling zu verwechseln, bei dem fortlaufend neue Suchergebnisse nachgeladen werden, wenn User den letzten Treffer erreicht haben. Stattdessen ist Continuous Scrolling auf die ersten vier SERPs begrenzt und zeigt lediglich 40 Resultate an, bevor ein „Mehr ansehen“-Button dazu auffordert, die Ergebnisse der nächsten Seiten zu laden und User wie gehabt durch die folgenden SERPs blättern können.
Die Auswirkungen des neuen Google-Features auf die SEO
Aktuell ist Continuous Scrolling nur für wenige User und Suchergebnisse verfügbar, sodass die tatsächlichen Auswirkungen auf das Nutzerverhalten, die Klickrate und die Suchmaschinenoptimierung abzuwarten bleiben. Daher sind derzeit nur Prognosen hinsichtlich der Relevanz des Features möglich. Festzustellen ist in jedem Fall, dass die scharfe Grenze zwischen den ersten Top-Ten-Ergebnissen und den folgenden Resultaten aufgehoben wird. Damit könnten die zweite und dritte Suchergebnisseite in Zukunft an Bedeutung gewinnen sowie die Klickrate der dort rankenden Webseiten nachhaltig steigen. Denn die weicheren Übergänge zwischen den SERPs machen es für User leichter, Resultate zu finden und zu klicken, die schlechter platziert sind und aufgrund der Paginierung weniger gut einsehbar waren, auch wenn sie die gewünschte Suchanfragen beantworten. Im Umkehrschluss bedeutet das aber ebenfalls, dass die ersten Top-Ten-Treffer an Relevanz verlieren und damit einige ihrer bisherigen Privilegien einbüßen.
Vorteile und Chancen für die Suchmaschinenoptimierung
Während sich das Reporting in der Search Console nicht ändert und die Anzeige der Positionen in den SERPs vom Continuous Scrolling unberührt bleibt, ergeben sich dagegen in Hinblick auf die Suchmaschinenoptimierung einige Veränderungen. In erster Linie profitieren Webseiten, die auf den Seiten zwei bis vier ranken, von der neuen Google-Funktion und gewinnen an Bedeutung.
Sie erhalten dank Continuous Scrolling die Chance, von Nutzern besser gefunden zu werden und Impressionen sowie Klicks zu erhalten, selbst wenn sie nicht auf einer der zehn Positionen der ersten Suchergebnisseite auftauchen. Das gilt insbesondere für Internetseiten in solchen Branchen und Themenbereichen, in denen es bislang eine große Herausforderung ist, eine Top-Platzierung in den SERPs zu erhalten. Das Nachsehen dürften hingegen etablierte Webseiten haben, die Klicks zugunsten der Suchergebnisse auf den hinteren Positionen verlieren.
Risiken einkalkulieren und Potenziale von Continuous Scrolling nutzen
Darüber hinaus dürfte sich das Feature nicht nur auf Webseiten auswirken, die bislang auf den oberen Platzierungen ranken, sondern ebenfalls auf die Google Ads. Es ist erwartbar, dass Anzeigen, die bei Google auf der Seite eins weiter oben gelistet werden, Klicks einbüßen. Das können Online-Marketer aller Voraussicht nach an einem leicht sinkenden Cost-per-Click (CPC) in den Kampagnen ablesen. Zudem ist es zum Beispiel durch eingerückte Suchergebnisse, sogenannte Intended Search Results, bisweilen möglich, dass einige Webseiten in der Google-Suche mit mehreren Resultaten angezeigt werden. Auch solche Mehrfachtreffer können im Zusammenhang mit der neuen Funktion an Bedeutung verlieren. Denn für die User ist es durch das Weiterscrollen jetzt einfacher, auch zu anderen relevanten Suchergebnissen zu gelangen.
Allerdings kann es passieren, dass auf Nutzerseite die Aufmerksamkeitsspanne sinkt, wenn plötzlich mehr als nur zehn Resultate auf einer Seite angezeigt werden. Auf diese Weise steigt das Risiko, dass einzelne Suchergebnisse weniger auffallen, wodurch die Klickrate negativ beeinflusst wird. Für Webseiten-Betreiber bedeuten die möglichen Auswirkungen auf die Nutzung der Suche sowie die Klickrate, dass sie die vielen potenziellen Effekte in Bezug auf die Suchmaschinenoptimierung künftig mit einkalkulieren sollten. So können sie auf der einen Seite die Chancen, die sich durch Continuous Scrolling ergeben, nachhaltig und effektiv für sich nutzen. Auf der anderen Seite können sie präventiv nach möglichen Einbußen Ausschau halten und bei Bedarf rechtzeitig ihre Online-Marketing-Strategie nachjustieren.
*Hartmut Deiwick ist CEO der Löwenstark Digital Group.
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