Der aktuelle Lagebericht des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) ruft Unternehmen zur dringenden Stärkung ihrer IT-Sicherheit auf. Alarmierend ist vor allem die zunehmende Raffinesse von Cyberkriminellen und die tägliche Entdeckung von etwa 309.000 neuen Malware-Varianten – ein Anstieg von 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. [...]
„Cybercrime-as-a-Service“ erleichtert zudem selbst unerfahrenen Angreifern den Zugang zu schweren Cyberattacken. Gleichzeitig sorgen wachsende Software-Schwachstellen und unzureichende Schulungen der Mitarbeitenden für eine erhöhte Anfälligkeit, insbesondere durch identitätsbasierte Angriffe.
KMU und Behörden stehen dabei besonders im Fokus, da ihre oft begrenzten Ressourcen für IT-Sicherheitsmaßnahmen Angreifern ein leichtes Ziel bieten. Ein erfolgreicher Angriff kann nicht nur zu erheblichen Betriebsstörungen, sondern auch zu existenzbedrohenden Umsatzeinbußen führen.
Das BSI betont die Notwendigkeit effektiver Schutzmaßnahmen. Ein zentraler Bestandteil einer vielschichtigen Verteidigungsstrategie ist dabei das Identity and Access Management (IAM), das einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung von Systemen und Daten leisten kann.
IAM: Die Grundlage für Cybersicherheit
IAM-Lösungen (Identity and Access Management) sind essenziell, um moderne Cyberbedrohungen effektiv einzudämmen. Sie stellen sicher, dass nur autorisierte Personen Zugriff auf sensible Systeme und Daten erhalten, und schützen so vor unbefugtem Zugriff.
IAM-Plattformen verwalten digitale Identitäten, Benutzerrechte und Zugriffe innerhalb von IT-Systemen. Ihre Funktionen umfassen die Bereitstellung und den Entzug von Benutzerkonten, die Zuweisung von Berechtigungen sowie Authentifizierung, Autorisierung und Überwachung. Dabei erfüllen sie nicht nur höchste Anforderungen an Sicherheit, Transparenz und Compliance, sondern automatisieren auch manuelle Prozesse, was Arbeitsabläufe deutlich erleichtert und sichert.
Zudem erkennen sie durch Datenüberwachung verdächtige Aktivitäten wie Ransomware-Angriffe oder Insider-Bedrohungen frühzeitig. In Kombination mit Automatisierung und KI gewinnen IAM-Systeme zusätzliche Schlagkraft: Schwachstellen werden schneller behoben, und Anomalien können präzise identifiziert und in Echtzeit adressiert werden.
Maßgeschneiderte Berechtigungen zur richtigen Zeit: IGA-Lösungen
Wie bleibt sichergestellt, dass Mitarbeitende bei Veränderungen handlungsfähig bleiben, Anpassungen in IT-Prozesse integriert werden und Zugriffsrechte bei Austritt rechtzeitig entzogen werden?
IGA-Lösungen (Identity Governance and Administration) bieten hier die ideale Ergänzung, um IT und Personalabteilung effizient zu verknüpfen. Sie ermöglichen nicht nur die Verwaltung der eigenen Anwender und externe Mitarbeitende wie Dienstleister oder Praktikanten, sondern gewährleisten auch eine richtlinienkonforme Steuerung sämtlicher Identitäten und Berechtigungen nahezu in Echtzeit.
Mit IGA-Plattformen lassen sich Benutzerkonten und Berechtigungen präzise erstellen, ändern oder entfernen. Jede Identität wird dabei zentral verwaltet und erhält bedarfsgerechte Rechte, sei es rollenbasiert oder interdisziplinär. Dies sorgt für Transparenz, Revisionssicherheit und erleichtert Berichtsanforderungen erheblich.
Als Schnittstelle zwischen organisatorischen und IT-Daten ermöglichen IGA-Lösungen die nahtlose Integration und Steuerung von Prozessen und Verantwortlichkeiten – ein entscheidender Faktor für effiziente und sichere Unternehmensabläufe.
Privilegierter Zugriff für Dritte: Ein Schlüsselfaktor für Cyberresilienz
Privileged Access Management (PAM) und Vendor Privileged Access Management (VPAM) sind Schlüsselwerkzeuge für die Umsetzung von IT Sicherheit. Diese Technologien passen perfekt in eine mehrschichtige Sicherheitsstrategie für privilegierte Accounts. Während PAM den internen Benutzerzugriff kontrolliert, stellt VPAM sicher, dass der Zugriff durch Drittanbieter sicher und kontrolliert erfolgt.
Organisationen müssen den Schutz von Zugängen und Zugriffen priorisieren – als Teil einer umfassenden IAM-Strategie. Maßnahmen wie fein granulierte Zugriffskontrollen, Sitzungsüberwachung und zeitlich begrenzte Zugriffsrechte reduzieren Schwachstellen erheblich. Grundlegend sollte das Zero-Trust-Prinzip sein, bei dem alle Nutzer – auch Drittanbieter – kontinuierlich überprüft werden.
Aus diesem Grund überwachen PAM-Tools nicht nur den Zugriff, sondern protokollieren auch alle Benutzeraktivitäten. So können IT-Sicherheitsteams bei Verdachtsmomenten gezielt eingreifen und die Einhaltung von Sicherheitsrichtlinien nachweisen.
Mit der zunehmenden Vernetzung von Lieferketten spielen Drittanbieter eine zentrale Rolle in den Ökosystemen von Unternehmen. Diese Abhängigkeit birgt jedoch ein erhebliches Risiko: Privilegierte Zugriffsrechte für Lieferanten und Dienstleister. Cyberangreifer nutzen immer häufiger die Zugangsdaten von Drittanbietern, um geschützte Umgebungen zu infiltrieren und ihre Angriffe zu intensivieren.
Die Verwaltung und Sicherung digitaler Identitäten, insbesondere von Drittanbietern, ist entscheidend, um unberechtigte Zugriffe zu verhindern. Obwohl PAM und VPAM wichtige Bausteine einer umfassenden Sicherheitsstrategie sind, reichen sie allein nicht aus. Um das Zero-Trust-Modell vollständig umzusetzen und die Sicherheit ihrer digitalen Identitäten zu gewährleisten, sollten Unternehmen weitere Maßnahmen ergreifen.
Mehr Sicherheit durch SSO und MFA
Durch die Implementierung von Single-Sign-On-Lösungen (SSO) mit benutzerfreundlichen Anmeldeverfahren bspw. mit biometrischer Authentifizierung können Unternehmen den Zugang zu IT-Systemen vereinfachen und gleichzeitig die Sicherheitsstandards erhöhen.
Die Integration von Multi-Faktor-Authentifizierung (MFA) in die IT-Infrastruktur stellt zudem sicher, dass Benutzerinnen und Benutzer bei jedem Zugriff auf kritische Ressourcen oder sensible Daten ihre Identität bestätigen. Das ist insbesondere in einer hybriden Arbeitsumgebung wichtig, um einen sicheren und nachweisbaren Zugriff zu gewährleisten.
Die Kombination von IGA, PAM, VPAM, SSO und MFA bildet eine umfassende Sicherheitsstrategie, die die Grundlage für eine Zero-Trust-Mentalität bildet, aber auch die digitale Agilität und Flexibilität moderner Unternehmen stärkt.
Cyberresilienz auch mit begrenztem Budget
Investitionen in die Cybersicherheit lohnen sich auch aus finanzieller Sicht: Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sowie Organisationen im öffentlichen Sektor stehen häufig vor der Herausforderung, mit begrenzten Ressourcen komplexe Sicherheitsanforderungen zu bewältigen. Ein gezielter Fokus auf IAM-Lösungen bietet hier eine effektive Lösung. Durch die Priorisierung des Schutzes von Zugängen zu besonders sensiblen Systemen und Daten können Unternehmen ihre vorhandenen Mittel effizient einsetzen und den größtmöglichen Nutzen aus ihren Investitionen ziehen. Bei einem Nutzungsgrad von 40 Prozent amortisiert sich die Investition in eine IAM-Lösung bereits nach einem Jahr.
Der Weg nach vorn
Der Kampf gegen Cyberkriminalität erfordert proaktive und mehrschichtige Verteidigungsstrategien. IAM bildet das Fundament für Cyberresilienz, indem es Organisationen ermöglicht, kritische Systeme zu sichern und sich gleichzeitig an sich wandelnde Bedrohungen anzupassen.
In Branchen mit besonders hohen Risiken – wie der kritischen Infrastruktur, dem Gesundheitswesen und der Finanzwirtschaft – ist die Investition in moderne IAM-Lösungen nicht nur Best Practice, sondern unverzichtbar.
Mit einem Fokus auf den Schutz privilegierter Zugriffe, der Nutzung von Automatisierung und KI sowie einer umfassenden IAM-Strategie können Unternehmen ihre Verteidigung stärken und sicherstellen, dass sie den wachsenden Cyberbedrohungen gewachsen sind. Die Zeit zu handeln ist jetzt.
*Der Autor Dirk Wahlefeld ist Principal Solutions Architect bei Imprivata.
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