Datenschutzfachkräfte in Europa: weniger Geld, bessere Geschlechtergleichstellung

Frauen bekleiden in der EU mehr als die Hälfte der Spitzenpositionen im Datenschutzsektor, bei sehr geringer Lohnschere. [...]

Wie sich die DSGVO auf den Fachkräftemarkt ausgewirkt hat (c) Omar Tene

Als wir uns vor einem Jahr mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auf Neuland begaben, wusste kaum jemand von uns, welche weitreichenden Auswirkungen diese bahnbrechende Neuregelung auf unser Leben haben würde. Auch jetzt, kurz vor dem ersten Jahrestag des Inkrafttretens der DSGVO am 25. Mai, sind viele von uns noch damit beschäftigt, die radikalen Veränderungen zu verarbeiten, die sich für die Nutzung und den Schutz personenbezogener Daten ergeben haben.

Unverkennbar ist allerdings die Tatsache, dass sich die Datenschutzbranche in den letzten zwei Jahren aufgrund der Einführung der DSGVO explosionsartig entwickelt hat. Die jüngste von der International Association of Privacy Professionals (IAPP) durchgeführte Gehaltsumfrage (PDF) ergab, dass in der EU 35 % der Befragten direkt infolge der neuen Regelung als Datenschutzbeauftragte (DSB) verpflichtet wurden. Bereits 2016 sagte die IAPP einen weltweiten Bedarf von 75.000 Datenschutzbeauftragten voraus, davon allein 28.000 in der EU. Wie es scheint, war diese Zahl zu kurz gegriffen. Einer jüngsten Schätzung zufolge haben 500.000 europäische Organisationen innerhalb des ersten Geltungsjahres der DSGVO Datenschutzbeauftragte gemeldet.

Verbunden mit dieser Hochkonjunktur bei Einstellungen kam es zu üppigen Gehaltsangeboten. Aus der Studie geht hervor, dass die mittleren Gehälter von Datenschutzexperten seit 2017 insgesamt um über 8.050 US-Dollar auf 123.050 US-Dollar pro Jahr gestiegen sind, wobei Bonuszahlungen und dergleichen einen ähnlichen Anstieg auf 20.000 US-Dollar im Mittel erfuhren.

Allerdings schneiden die Europäer im Vergleich zu ihren amerikanischen Kollegen bei der Vergütung erkennbar schlechter ab. Die mittleren Gehälter in Kontinentaleuropa liegen bei 97.777 US-Dollar und im Vereinigten Königreich bei 100.870 US-Dollar, verglichen mit beachtlichen 150.000 US-Dollar in den Vereinigten Staaten. Dies erklärt sich zum Teil dadurch, dass in den USA vorrangig Chief Privacy Officers und Datenschutzanwälte den Ton angeben, während im Zuge der DSGVO in der EU die niedriger dotierte Position des Datenschutzbeauftragten weite Verbreitung fand.

Beim Blick auf die Genderaspekte ergibt sich ein anderes Bild. Zwar wurde in allen Regionen, in denen die Untersuchung durchgeführt wurde, festgestellt, dass Männer und Frauen gleiche Beschäftigungschancen genießen, aber bei Gehältern, Gehaltserhöhungen und Bonuszahlungen wurde ein geschlechtsspezifisches Gefälle konstatiert. Während in den USA die mittleren Gehälter von weiblichen Datenschutzfachkräften 17 Prozent unter denen von männlichen Experten liegen, betrug die Schere im Vereinigten Königreich nur 12 Prozent. Als Erklärung hierfür mag die Tatsache dienen, dass viele der bestbezahlten Datenschutzfachkräfte im Technologiesektor tätig sind, gefolgt von der Software- und Telekommunikationsbranche, alles Bereiche, in denen Frauen unterrepräsentiert sind.

Im Gegensatz dazu beträgt das geschlechtsspezifische Gefälle bei mittleren Gehältern in der EU (außer Vereinigtem Königreich) nur 1 %. Überdies bekleiden Frauen in den EU-Ländern mehr als die Hälfte der Spitzenpositionen im Datenschutzsektor. Europa ist nicht nur ein globaler Bannerträger in puncto Datenschutzverordnung, sondern gibt auch bei der Entlohnungsgleichstellung den Ton an.

* Omer Tene ist Vize-Präsident der International Association of Privacy Professionals.


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