Wenn der Laptop streikt, Dateien verschwinden oder Anwendungen nicht starten, ist der IT-Helpdesk oft die letzte Rettung. Doch dieses Modell stößt an seine Grenzen. Ein Kommentar von Artus Rupalla von TeamViewer. [...]
In einer Arbeitswelt, in der Mitarbeitende teils im Büro, teils remote arbeiten, Teams global verteilt sind und die Zahl der Endgeräte stetig wächst, reicht reaktive Fehlerbehebung nicht mehr aus: Sie ist zu langsam, zu teuer und bremst die Produktivität.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Beschäftigte verlieren laut einer aktuellen TeamViewer-Erhebung im Schnitt 1,29 Arbeitstage pro Monat durch „Digital Friction“ – technische Störungen, die Prozesse bremsen oder ganz zum Stillstand bringen. Für große Unternehmen summiert sich das zu Milliardenverlusten: Oxford Economics beziffert den durchschnittlichen Schaden bei Global-2000-Konzernen auf 200 Millionen US-Dollar pro Unternehmen jährlich.
Die Schlussfolgerung ist eindeutig und unbequem: Der klassische Helpdesk, wie wir ihn kennen, ist ein Auslaufmodell.
Warum reaktiver Support zum Risiko wird
Das bisherige Grundproblem: Reaktiver Support greift erst ein, wenn der Schaden bereits entstanden ist. Im harmlosesten Fall wird ein Meeting unterbrochen, im schlimmsten Fall können Kundendaten nicht abgerufen werden und Aufträge bleiben liegen. Die IT jagt Störungen hinterher, statt sie vorab zu verhindern. Je komplexer die IT-Landschaften werden, desto größer wird das Risiko. Systeme, Anwendungen und Geräte sind heute so eng vernetzt, dass ein einziger Fehler oft eine Kettenreaktion auslöst. Für IT-Teams bedeutet das: mehr Tickets, mehr Druck, mehr Stillstand. Am Ende wächst nicht die Produktivität, sondern nur der Aufwand.
Shift Left: Vom „Feuerwehrmann“ zum Partner für effizientes Arbeiten
Die Lösung beginnt mit einem Perspektivwechsel: weg von reaktiver Fehlerbehebung, hin zu proaktivem IT-Management. Der Ansatz des „Shift Left“ bedeutet, Probleme so früh wie möglich zu erkennen und zu lösen, idealerweise, bevor die Mitarbeitenden sie überhaupt bemerken.
Möglich wird das durch kontinuierliches Monitoring, Automatisierung und intelligente Echtzeitanalysen. So wird die IT nicht mehr nur dann gerufen, wenn etwas brennt, sondern trägt aktiv dazu bei, dass Arbeitsprozesse reibungslos laufen und die Produktivität steigt.
KI als Hebel für den Wandel
Künstliche Intelligenz ist der entscheidende Treiber, um diesen Wandel Wirklichkeit werden zu lassen. Sie erkennt Muster, automatisiert Abläufe und behebt Probleme, noch bevor sie zum Stillstand führen.
Im IT-Support zeigt sich das bereits deutlich: KI-gestützte Chatbots unterstützen Service-Mitarbeitende in Echtzeit mit Diagnosen und Lösungsvorschlägen. Automatisierte Dokumentationen verringern den Aufwand nach der Sitzung erheblich und halten Wissen im System. Prädiktive Analysen identifizieren Muster, die auf künftige Störungen hindeuten, und ermöglichen so ein Eingreifen, bevor es überhaupt zu einem Ausfall kommt.
Mit Edge-KI geht die Entwicklung noch einen Schritt weiter: Endgeräte verfügen über ein intelligentes Selbstheilungs-Feature, das Fehler selbstständig erkennt und unabhängig vom zentralen System behebt, und das lokal, offline und in Echtzeit.
Damit verändert sich die Rolle des Helpdesks grundlegend: weg vom reaktiven „Problemlöser im Ernstfall“ hin zum strategischen Partner für reibungslose Arbeitsprozesse.
Die neue Rolle der IT
IT-Abteilungen werden heute nicht mehr allein an der Anzahl bearbeiteter Tickets gemessen, sondern daran, wie zuverlässig sie den Arbeitsfluss im gesamten Unternehmen sichern. Dazu gehören drei zentrale Aufgaben: Sie automatisieren wiederkehrende Abläufe und Routineaufgaben, sorgen für eine gute Digital Employee Experience (DEX) – also dafür, dass Mitarbeitende reibungslos und effizient mit IT-Systemen arbeiten –, und sie analysieren per Remote Management & Monitoring (RMM) kontinuierlich alle Systeme, unabhängig von Standort oder Gerät.
Der klassische Fernzugriff bleibt nach wie vor wichtig, insbesondere für den Level-2- und Level-3-Support. Im Level-1-Support jedoch gilt: Je mehr Probleme proaktiv gelöst werden, desto reibungsloser die Abläufe – und desto zufriedener die Mitarbeitenden.
Fazit: Wer jetzt umdenkt, gewinnt
Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, auf den klassischen Helpdesk zu setzen. Reaktive IT verursacht verlorene Arbeitstage, steigende Kosten und frustrierte Mitarbeitende. Wer hingegen proaktiv handelt, Prozesse automatisiert und moderne Tools wie KI-gestützte Analysen einsetzt, macht die IT zum Treiber effizienter Arbeitsabläufe und zufriedener Teams.
Der Helpdesk hat ausgedient – und das ist gut so. Nur wenn sich die IT neu erfindet, kann sie ihren vollen Wert entfalten: als Motor für reibungslose, störungsfreie Arbeitsprozesse.
*Artus Rupalla ist Director Product Management bei TeamViewer.

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