Die Datenzentrierung von Unternehmen schreitet konsequent voran. Was vor einigen Jahren auf der obersten Führungsebene begann, setzt sich jetzt mit Data Stewards und Data Citizens in den Abteilungen und Teams fort. [...]
Daten haben für den Geschäftserfolg heute eine überragende Bedeutung. Diesem großen Stellenwert tragen immer mehr Unternehmen durch neue IT-Architekturen Rechnung. Sie verabschieden sich von den klassischen anwendungszentrierten Konzepten mit ihren Punkt-zu-Punkt-Integrationen, bei denen Anwendungen wie ERP-, CRM-, und PLM-Systeme für den Austausch von Daten direkt miteinander verbunden werden. Dieser Ansatz erweist sich in der modernen, datengetriebenen Welt nicht nur als aufwändig, teuer und komplex. Punkt-zu-Punkt-Integrationen können auch nur schlecht skalieren und schaffen Datensilos, weil die Informationen aus den verschiedenen Quellsystemen nicht aufeinander abgestimmt und dadurch inkonsistent sind.
Deshalb implementieren Unternehmen heute immer häufiger datenzentrierte Architekturen, in denen die Anwendungen den Daten nachgeordnet sind. Mit Hilfe von Data-Fabric- und Data-Mesh-Technologien schaffen sie übergeordnete Plattformen, wo Informationen aus sämtlichen Systemen einfließen, aggregiert und zentral verwaltet werden, und von wo aus Nutzer und Anwendungen sie abrufen können. Damit die Daten dabei korrekt, vollständig und konsistent sind, definieren Unternehmen im Rahmen ihrer Data Governance entsprechende Prozesse, Regeln und Standards.
Daten sind heute überwiegende semistrukturiert und unstrukturiert
Die Tatsache, dass Unternehmen es inzwischen zum größten Teil mit semistrukturierten und unstrukturierten Informationen zu tun haben, stellt sie bei der Umsetzung von datenzentrierten Ansätzen vor eine große Herausforderung. Die meisten Daten sind heute dokumentenorientiert und stammen aus Quellen wie Unternehmensportalen, E-Mail, Kundenbewertungsportalen, Support-Blogs oder Wissensdatenbanken. Sie enthalten äußerst wertvolle Informationen für die Steuerung eines Unternehmens, lassen sich aber nicht ohne weiteres automatisiert verarbeiten. Dazu müssen sie erst einmal durch menschliches Eingreifen in ein festes Schema gebracht werden – und dafür ist ein Verständnis für die innere Bedeutung dieser Daten zwingend erforderlich. Sie müssen interpretiert werden.
Daten brauchen Betreuung
Dieser Umstand führt dazu, dass sich in Unternehmen so genannte „Data Stewards“ immer weiterverbreiten. Wie die Bezeichnung „Steward“ bereits andeutet, handelt es sich dabei um Mitarbeiter, die als „Aufseher“ oder „Betreuer“ von Daten fungieren. Mit ihnen stimmen sich die Datenarchitekten ab, wenn es um die Ausgestaltung der Data Governance geht und die Stewards stellen im täglichen Betrieb sicher, dass die Daten, für die sie zuständig sind, hinsichtlich Genauigkeit, Qualität und Compliance den Vorgaben entsprechen und dass die Datenflüsse zuverlässig funktionieren.
Dabei sind die Stewards üblicherweise für ein bestimmtes System oder eine bestimmte Datenquelle zuständig und gehören den Maintenance- oder Ownership-Teams für diese Systeme an. Meist kommen sie auch aus dem eigenen Unternehmen und waren früher als Business-Analysten, Fachexperten oder Support-Mitarbeiter für dieselben Systeme zuständig. Dadurch ist gewährleistet, dass sie über eine große Nähe zu den Domänen der Systeme und ein tiefes Verständnis für deren Daten verfügen und sie entsprechend gut interpretieren können. Im Rahmen einzelner Projekte setzen Unternehmen aber teilweise auch vorrübergehend externe Consultants als Data Stewards ein.
Bürgerliches Engagement für Datenkultur
Neben dem Data Steward führt die zunehmende Datenorientierung von Unternehmen zum Aufstieg einer weiteren Funktion: dem „Data Citizen“. Bei ihm handelt es sich allerdings nicht um eine feste Rolle, sondern eher um eine Art Ehrenabzeichen. Als Data Citizens fungieren alle möglichen Mitarbeiter im Rahmen ihrer normalen Unternehmensrolle und meist tun sie das, ohne dabei explizit als solche bezeichnet zu werden. So wie sich ein „Citizen“, also ein „Bürger“, idealerweise an der demokratischen Kultur eines Gemeinwesens beteiligt, so engagiert sich der Data Citizen für die Datenkultur seines Unternehmens.
Meist sind das Mitarbeiter, die damit beginnen, auf eigene Faust mit Daten aus ihrem Aufgabenbereich zu experimentieren, und damit zu Erkenntnissen zu gelangen, die ihnen dabei helfen, bei ihrer Arbeit bessere Entscheidungen zu treffen. Oft gehen sie dabei auch auf die Data Stewards zu, um mit ihnen zu diskutieren, wie sie für ihre Analysen verschiedene Datenquellen mischen oder aufeinander abstimmen können. Je mehr sich die Aktivitäten eines Data Citizens herumsprechen, desto mehr Kollegen wenden sich auch an ihn, um sich Rat und Unterstützung für ihre Arbeit zu holen. So wachsen Expertise, Netzwerk und Sichtbarkeit der Data Citizens kontinuierlich an. Nicht selten wird aus ihnen dann irgendwann ein Data Steward.
Unternehmen brauchen die richtigen Tools
Mit dem Aufstieg von Chief Data Officers (CDOs) und Chief Data and Analytics Officers (CDAOs) begann vor einigen Jahren die datenzentrierte Entwicklung von Unternehmen auf der obersten Führungsebene. Mit dem Aufstieg der Data Stewards und Data Citizens vollzieht sich diese Entwicklung nun auch auf der Ebene der Teams und Abteilungen. Sie genießen eine wachsende Anerkennung und bilden engagierte Gemeinschaften.
Damit dieses Engagement seine volle Wirkung entfalten kann, benötigen Unternehmen geeignete Tools, um die aus Daten gewonnen Erkenntnisse auch optimal zu präsentieren und einzusetzen. Dazu zählen Lösungen, um Daten aus den zentralen Plattformen in Business-Anwendungen zurückzuspielen und so datengetriebene Applikationen zu ermöglichen, oder Werkzeuge, um Daten für Endnutzer einfach konsumierbar zu visualisieren. Dann ist sichergestellt, dass eine datenzentrierte Kultur auch echte Mehrwerte schafft.
*Matthieu Jonglez ist VP Technology Application & Data Platform bei Progress.
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