Alle Unternehmen standen im Frühjahr letzten Jahres vor den gleichen Unsicherheiten und Herausforderungen: Wie geht es jetzt weiter? Was müssen wir tun, um gut durch die Krise zu kommen? [...]
Der erste Lockdown im Frühjahr 2020 verlangte Unternehmen viel ab: Von jetzt auf gleich sollten Mitarbeiter wo irgend möglich ins Home Office wechseln und es galt, ihnen in Windeseile zuverlässigen und sicheren Remote-Zugriff auf das Unternehmensnetzwerk zu ermöglichen. Gleichzeitig mussten viele Unternehmen Kurzarbeit anmelden und Budgets erheblich verringern, um ihr finanzielles Überleben zu sichern – und auch jetzt, in der mittlerweile dritten Welle der Pandemie, ist noch kein Ende der Herausforderungen in Sicht.
Lessons Learned: Digitale Souveränität ist nicht optional
2020 war ein Weckruf. Wir haben uns in falscher Sicherheit gewogen und auf die trügerische Illusion fortwährenden Wachstums verlassen. Doch zu Krisen kann es jederzeit kommen – diese Tatsache dürfen wir nicht überheblich ignorieren, sondern müssen uns vorbereiten.
Im Unternehmensumfeld ist es daher unerlässlich, sich digital breit aufzustellen. Was die Pandemie schonungslos offengelegt hat: Es gibt so gut wie keine europäischen Cloud-Anbieter, die mit den US-Giganten Schritt halten können. Viele Unternehmen waren daher mehr oder weniger gezwungen, auf Cloud-Lösungen von Monopolisten wie Microsoft zurückzugreifen – und das, obwohl viele Fragen hinsichtlich des Datenschutzes noch lange nicht geklärt sind. Die Hersteller überboten sich mit sogar teilweise kostenlosen Angeboten, um die Gunst der Stunde für sich zu nutzen. Sogar Schulen nutzen nun Microsoft Teams für das Home Schooling. Dabei gilt es doch gerade, die jüngsten Mitglieder unserer Gesellschaft vor unkontrollierten Datenabflüssen zu schützen!
Vor diesem Hintergrund ist es von höchster Wichtigkeit, den Fokus auf eine europäische digitale Souveränität zu legen. Es kann nicht angehen, dass Unternehmen in Europa von den Launen amerikanischer Konzerne abhängen – sie etwa zukünftige Preiserhöhungen ohne Alternative hinnehmen müssen oder ihnen sogar das Risiko einer kompletten Handlungsunfähigkeit droht, sollten der Zugriff auf die Dienste von heute auf morgen verwehrt werden.
Für digitale Souveränität einzutreten, ist hingegen nicht nur Sache der Politik. Insbesondere die Entscheider in Unternehmen sind gefragt, sich nicht reflexartig nach Cloud-Services des Herstellers umzusehen, sondern etwa vom – dank des Europäischen Gerichtshofs etablierten – Gebraucht-Markt zu profitieren.
Gebrauchtsoftware so attraktiv wie nie zuvor
Viele IT-Entscheider haben diese Chance bereits erkannt. Im Verlauf des letzten Jahres haben wir bei Lizenzdirekt daher eine weiter steigende Nachfrage nach gebrauchten On-Premises-Lizenzen beobachtet, mit denen sich unsere Kunden ein Stück weit unabhängiger aufstellen möchten. Es geht insoweit darum, dass Risiko wenigstens etwas zu verteilen, indem auf verschiedene Lizenzmodelle in Kombination gesetzt wird. Auch im Hinblick auf den verstärkten Kostendruck, unter dem viele IT-Abteilungen aufgrund der Krise stehen, bietet dieses Vorgehen Vorteile: Aktuelle und gebrauchte Versionen von beispielsweise Microsoft Office sind auf dem Gebrauchtsoftware-Markt zu deutlich günstigeren Preisen erhältlich. Die aktuellen Entwicklungen treffen den Markt zwar nicht nur positiv: Müssen Unternehmen Mitarbeiter entlassen, brauchen sie für diese natürlich keine Software mehr – ob vom Gebrauchtmarkt oder direkt vom Hersteller. Andererseits können sie so jedoch die frei werdenden On-Premises Lizenzen verkaufen, um ihr IT-Budget aufzubessern – und spülen damit wieder die nachgefragte Ware auf den Markt.
Hinter jedem „User“ steckt ein Mensch
Unternehmen sollten in ihre die digitale Widerstandsfähigkeit und Souveränität investieren und sich nicht von den Cloud-Angeboten einzelner Hersteller abhängig machen. Doch bei allem Kostendruck: Hinter jedem „User“ verbirgt sich schlussendlich ein Mensch, für den der Arbeitgeber Verantwortung trägt – und sich über diese einfache Tatsache bewusst zu sein, ist in der Krise vielleicht das Wichtigste überhaupt.
*Andreas E. Thyen ist Präsident des Verwaltungsrats der LizenzDirekt AG. Mehr zum Thema Digitalisierung in Österreich lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von transform!
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