Digitale Souveränität neu denken

AWS bringt mit der „European Sovereign Cloud“ eine Cloud-Lösung auf den Markt, die Infrastruktur, Support und Abrechnung komplett innerhalb Europas hält. Das Versprechen: maximale Datenkontrolle ohne USA-Zugriff. [...]

Moritz Roetter, Expert Presales Consulting bei SoftwareOne (c) SoftwareOne
Moritz Roetter, Expert Presales Consulting bei SoftwareOne (c) SoftwareOne

Damit digitale Transformation gelingt, setzen Unternehmen und Behörden auf die Flexibilität, Skalierbarkeit und Innovationskraft der Public Cloud. Doch sobald sensible Daten im Spiel sind, geraten klassische Hyperscaler-Angebote schnell an ihre Grenzen. Zwar gelten AWS, Google und Microsoft als Vorreiter in Sachen Sicherheit – dennoch sind sie als US-Unternehmen dem Cloud Act unterworfen. Dieses Gesetz erlaubt amerikanischen Behörden unter bestimmten Umständen den Zugriff auf Kundendaten – selbst wenn diese in europäischen Rechenzentren liegen. Das widerspricht der DSGVO und gefährdet vertrauliche Informationen.

Ganz auf Cloud-Technologien zu verzichten, ist keine realistische Option – dafür sind sie zu wichtig für die Digitalisierung. Auch die Private Cloud bietet nur bedingt eine Alternative: Sie ist weniger flexibel, schwerer zu skalieren und verursacht hohe Betriebskosten. Der Markt sucht deshalb nach Lösungen, die Innovation und Souveränität miteinander verbinden. Genau hier setzen souveräne Cloud-Angebote an. Sie helfen Organisationen, ihre IT eigenständig zu steuern mit voller Kontrolle über Daten und Betrieb. AWS hat mit der European Sovereign Cloud nun eine solche Plattform angekündigt. Der Start ist für das vierte Quartal 2025 geplant. Angesichts der führenden Rolle von AWS im IaaS- und PaaS-Bereich dürfte dieses Angebot viele Interessenten finden – vor allem im öffentlichen Sektor und bei kritischen Infrastrukturen.

Was macht die European Sovereign Cloud anders?

Bislang konnten AWS-Kunden durch die Wahl einer spezifischen EU-Region eine gewisse Datenkontrolle herstellen. Rechenzentren etwa in Frankfurt sorgen für physische Nähe. Doch die Metadaten – also Informationen wie Dateiname, Größe oder Zugriffspfade – landen oft zur Analyse oder Unterstützung in Drittländern. Auch der Betrieb stützt sich auf globale AWS-Strukturen. Ganz anders bei der neuen AWS European Sovereign Cloud: Hier laufen Infrastruktur, Datenverarbeitung, Support und Abrechnung ausschließlich innerhalb der EU. Kunden behalten die Hoheit über sämtliche Daten – ein wichtiges Signal in einer Zeit wachsender geopolitischer Unsicherheiten.

Um diese Unabhängigkeit zu gewährleisten, hat AWS ein neues Unternehmen mit Sitz in Deutschland gegründet, rechtlich und operativ getrennt vom US-Mutterkonzern. Die Wahl fiel bewusst auf die Region Brandenburg, die für besonders hohe Datenschutzstandards steht. Damit setzt AWS ein klares Zeichen für Sicherheit und regulatorische Konformität.

Vorbereitung bringt Vorteile

Der offizielle Launch steht zwar noch aus, dennoch sollten Unternehmen frühzeitig handeln. Wer Workloads sauber vorbereitet, senkt Migrationskosten und reduziert spätere Risiken. Wichtig ist, die vorhandenen Daten und Applikationen zu analysieren: Welche Informationen sind besonders sensibel? Welche Anwendungen greifen wie darauf zu? Auf Basis dieser Erkenntnisse lassen sich Daten in Kategorien einteilen und gezielt verschieben. In manchen Fällen lohnt es sich sogar, große Anwendungen neu zu strukturieren, sodass kritische Komponenten von weniger sensiblen getrennt verarbeitet werden können.

Weniger schützenswerte Workloads lassen sich bereits heute in bestehenden EU-Regionen von AWS unterbringen. Ein Zero-Trust-Ansatz – etwa mit Tools wie XQ Message – erhöht die Sicherheit zusätzlich, indem er Daten verschlüsselt und Zugriffe granular kontrolliert.

Die Migration in eine souveräne Cloud ist kein Selbstläufer. Sie erfordert Fachwissen, Ressourcen und eine klare Strategie. Viele IT-Teams sind im Tagesgeschäft stark ausgelastet. Externe Unterstützung kann hier den Unterschied machen. Entscheider sollten bei der Partnerwahl auf das AWS-Zertifikat „Digital Sovereignty Competency“ achten. Es kennzeichnet Anbieter, die sich auf souveräne Cloud-Projekte spezialisiert haben. Idealerweise bringt der Partner nicht nur Beratungskompetenz mit, sondern auch Erfahrung in Architektur, Modernisierung und Betrieb – aus einer Hand.

Ein starker Dienstleister unterstützt nicht nur bei der technischen Umsetzung, sondern hilft auch, wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen zu treffen. So lassen sich Applikationen zielgerichtet modernisieren, Workloads effizient migrieren und die Cloud-Nutzung langfristig optimieren inklusive Managed Services nach dem Go-Live.

Der Markt ist bereit

Die Nachfrage nach souveränen Cloud-Lösungen steigt rasant. Laut IDC nutzen bereits 84 Prozent der Organisationen eine solche Plattform oder planen dies kurzfristig. Die Gründe liegen auf der Hand: mehr Datensicherheit, größere Unabhängigkeit von US-Anbietern und höhere Ausfallsicherheit. Auch regulatorische Anforderungen spielen eine wachsende Rolle: Rund ein Drittel der Befragten nennt Compliance als zentrales Motiv.

Parallel dazu baut die EU ihre Gesetzgebung aus. Richtlinien wie DORA, DSA, CRA und der Data Act sollen die digitale Resilienz stärken und souveräne Cloud-Modelle bieten dafür eine solide Basis. Weitere Initiativen sind in Arbeit, etwa zur Förderung europäischer Cloud- und KI-Infrastrukturen. Behörden könnten künftig sogar verpflichtet werden, bevorzugt auf europäische Anbieter zu setzen, darunter auch die AWS European Sovereign Cloud, die als eigenständiges EU-Unternehmen auftritt.

Digitale Souveränität wird zu einem strategischen Faktor für Unternehmen und Behörden. Wer sich frühzeitig mit der Thematik befasst, verschafft sich einen klaren Vorsprung – technologisch, rechtlich und wirtschaftlich. Die AWS European Sovereign Cloud bietet die Chance, moderne Cloud-Infrastruktur mit maximaler Kontrolle zu kombinieren. Der richtige Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt.

*Der Autor Moritz Roetter ist Expert Presales Consulting bei SoftwareOne.


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