„Digitalisierung braucht Change-Management“

Viele Führungskräfte verstehen Veränderungen im Unternehmen als kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Warum aber auch IT-Projekte eng mit Change-Management verbunden sind, erklärt insideAx-Geschäftsführer Mario Lehner in seinem Gastbeitrag für IT WELT.at [...]

Mario Lehner, Geschäftsführer insideAx GmbH (c) insideAx GmbH
Mario Lehner, Geschäftsführer insideAx GmbH (c) insideAx GmbH

Unsere Gesellschaft war über Jahrtausende auf systemischer, wirtschaftlicher und persönlicher Ebene durch ein hierarchisches System geprägt. Heute führt die Digitalisierung zu einem markanten demografischen Wandel. Hierarchische Strukturen werden zunehmend von flachen Organisationsstrukturen abgelöst. Ein gutes Beispiel dafür ist der Arbeitsmarkt: Konnten sich Unternehmen bisher ihre Mitarbeiter aussuchen, dreht sich der Spieß heute um und Bewerber suchen sich Unternehmen ihrer Wahl. Ein weiterer Faktor für den Wandel ist der bevorstehende Pensionseintritt der Babyboomer. Dadurch werden deutlich weniger Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten als ausscheiden. Dies wird in Zukunft zu einer Personallücke führen, die nur durch die Digitalisierung geschlossen werden kann.

Vom Verbesserungsprozess zum Wandel

Digitalisierung ist die Grundlage für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Die digitale Transformation wird jedoch oft als kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) verstanden. Tatsächlich handelt es sich um einen Veränderungsprozess. Das bedeutet, völlig neu zu denken und alte Muster zu vergessen, um neue, zukunftsfähige Geschäftsstrategien zu entwickeln. Dies ist als mittelfristiges Projekt mit Laufzeiten von etwa zwei bis drei Jahren von der Idee bis zur tatsächlichen Marktreife zu sehen. Ein wesentliches Problem liegt in der Wahrnehmung: Viele Unternehmen erkennen nicht, dass Wettbewerber mit neuen Geschäftsmodellen (z.B. Tesla oder 3D-Drucker) zu einer großen Gefahr für das eigene Geschäft werden können. Daher ist es sinnvoll, sich mit kompetenten Beratern zu rüsten, Ideen und Anregungen aus anderen Branchen zu sichten und sich zusätzliches Know-how, z.B. auf Fachkongressen, zu holen. Ein Veränderungsprozess erfordert vom Management viel Engagement und Zeit. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass es zu „trial and error“ kommen kann, dass man eine Idee wieder verwirft und von vorne beginnt. Ein KVP ist also trotzdem notwendig.

Veränderungen erfolgreich managen

Die Einführung eines neuen Geschäftsmodells erfordert ein entsprechendes Change Management, damit die notwendigen Maßnahmen auch von allen Mitarbeitern im Unternehmen akzeptiert werden. Denn in der Praxis führt jede Veränderung zunächst zu einem Effizienzverlust. Dieser Effekt wird im Change Management auch als „Tal der Tränen“bezeichnet. Er beschreibt den Widerstand der Betroffenen, die ihre gewohnten Arbeitsabläufe in Gefahr sehen. Denn nicht alle Mitarbeitenden sind offen für Veränderungen, sondern diejenigen, die in traditionellen Mustern verhaftet sind, wehren sich dagegen. Entscheidend für den Erfolg eines Digitalisierungsprojektes ist es daher, diejenigen Mitarbeitenden im Unternehmen zu identifizieren, die die Veränderungen unterstützen und als interne „Botschafter“ bei der Umsetzung helfen. Dabei muss auch klar sein, dass ein gewisser Prozentsatz der Mitarbeitenden – etwa ältere Arbeitnehmer:innen – nicht abgeholt werden kann. Eine gute Erklärung für dieses unterschiedliche Verhalten liefern die Sinus-Milieus. Sie erklären, wie sich die Gesellschaft aufgrund ihrer sozialen Lage und ihrer Grundorientierung (traditionell oder neu orientiert) verhält.

Sensibilisieren und unterstützen

Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, dass sie ihre Organisationsstruktur grundlegend verändern müssen. Das Festhalten an Strategien, die mehrere Generationen alt sind, funktioniert heute nicht mehr. Der erste Schritt in Richtung Digitalisierung ist, die Unternehmen zu sensibilisieren und ihnen aufzuzeigen, dass sie sich diesem Thema stellen müssen. Als IT-Dienstleister können wir dem Kunden im Rahmen des Projektmanagements die Bedeutung von Veränderungsprozessen verdeutlichen und ihm die technologischen Möglichkeiten aufzeigen, die sein neues Geschäftsmodell unterstützen. Denn auch IT-Projekte sind Organisationsprojekte und bedeuten somit definitiv eine Veränderung im Unternehmen. Je nach Umfang der Veränderung kann der IT-Dienstleister unterstützend und beratend tätig werden. Bei größeren Transformationen sollte ein dedizierter Change Manager ins Boot geholt werden, der das Projekt begleitet.

Fazit

Es gibt also keine Patentlösung für Unternehmen, die den Sprung in die Digitalisierung schaffen wollen. Es kann immer passieren, dass man auf dem Weg der Veränderung feststellt, dass man in die falsche Richtung geht und zwei Schritte zurückgehen und eine andere Richtung einschlagen muss. Aber man kann lernen, visionär und außerhalb der KVP-Prozesse zu denken.

*Der Autor Mario Lehner ist Geschäftsführer der insideAx GmbH.


Mehr Artikel

News

Jahrelanges Katz-und-Maus-Spiel zwischen Hackern und Verteidigern

Sophos hat den umfangreichen Forschungsbericht „Pacific Rim“ veröffentlicht, der detailliert ein jahrelanges Katz-und-Maus-Spiel aus Angriffs- und Verteidigungsoperationen mit mehreren staatlich unterstützten Cybercrime-Gruppierungen aus China beschreibt. Im Lauf der Auseinandersetzung entdeckte Sophos ein riesiges, gegnerisches Cybercrime-Ökosystem. […]

News

Salesforce kündigt autonome KI-Agenten an

Agentforce soll es Unternehmen ermöglichen, autonome KI-Agenten für zahlreiche Unternehmensfunktionen zu entwickeln und einzusetzen. So bearbeitet Agentforce beispielsweise selbstständig Kundenanliegen, qualifiziert Vertriebsleads und optimiert Marketingkampagnen. […]

News

Startschuss für neues Studium „Softwaretechnik & Digitaler Systembau“ am Biotech Campus Tulln

Mit einem fortschrittlichen Konzept und praxisnaher Ausrichtung ist der neue Bachelor-Studiengang „Softwaretechnik & Digitaler Systembau“ am Biotech Campus Tulln der Fachhochschule Wiener Neustadt erfolgreich gestartet. Unter der Leitung von Dominik Hölbling erwartet die Studierenden eine Ausbildung mit Schwerpunkt auf moderne Softwaretechnologien und innovative Digitalisierungslösungen. […]

News

Von Views zu Likes: Tipps, um die Zuschauer-Interaktion auf YouTube zu steigern

Bei YouTube ist die Zuschauerinteraktion ein entscheidendes Element für den Erfolg eines Kanals. Besonders im Jahr 2024 wird deutlich, dass Likes, Kommentare und Shares nicht nur für die Sichtbarkeit wichtig sind, sondern auch eine Schlüsselrolle im Algorithmus von YouTube spielen. Eine hohe Zuschauerbindung ist für Kanäle essenziell, um deren Inhalte optimal zu promoten. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*