Für ECM- bzw. DMS-Systeme war die digitale Dokumentenverarbeitung bisher eine große Aufgabe. Heute jedoch können Künstliche Intelligenz und Machine Learning die Trefferquote bei der Dokumentenklassifizierung deutlich erhöhen. [...]
Laut einer aktuellen Umfrage von Bitkom Research erstellen mittlerweile vier von zehn Unternehmen elektronische Rechnungen. Sie nutzen bereits die Vorteile, die ihnen die digitale Rechnungsverarbeitung bietet, wie schnellere Prozesse, weniger Fehler und geringere Kosten. Demgegenüber steht ein hoher Anteil von Unternehmen, in denen „unstrukturierte Rechnungsformate wie die digitale Rechnung im PDF-Format (60 Prozent) oder die Papierrechnung (87 Prozent) noch weit verbreitet sind.“ Für letztere ist der Brieföffner wohl der wichtigste Bestandteil der täglichen Eingangsrechnungsverarbeitung. Moderne ECM-/DMS-Lösungen mit KI-Unterstützung ermöglichen es Unternehmen nun, solche manuellen Instrumente endlich abzulösen und auf eine umfassende Automatisierung durch einen ganzheitlichen digitalen Ansatz zu setzen.
Die Herausforderung der Dokumentenklassifizierung
Die Herausforderung bei allen Arten von Dokumenten besteht darin, dass sie richtig kategorisiert werden müssen. Dies gilt sowohl für analoge Papierdokumente als auch für „halbdigitale“ elektronische PDFs. Wer trifft diese Entscheidung normalerweise? Buchhalter, die damit beauftragt sind, Dokumente zu scannen oder an die entsprechenden Kollegen weiterzuleiten. Sowohl hier als auch im weiteren Verlauf des Prozesses, zum Beispiel bei der Übertragung von Buchhaltungsdaten in andere Systeme, können Fehler auftreten. Selbst die in einem Scanner integrierte OCR-Funktionalität bietet keine zuverlässige Garantie dafür, dass alle Informationen auf Anhieb korrekt aus dem Dokument extrahiert werden können.
Dokumentenklassifizierung mittels Machine Learning
Content-Services-Plattformen und Informationsmanagement-Anwendungen, die mit Hilfe von maschinellem Lernen Inhalte erkennen und verarbeiten, stellen den nächsten Schritt in der Dokumentenklassifikation dar. Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ wird in diesem Zusammenhang häufig verwendet, ist aber nicht direkt anwendbar. Das liegt daran, dass ein KI-System zunächst dumm ist – die Intelligenz muss erst trainiert werden. Es muss lernen, was eine Rechnung ausmacht. Im Gegensatz zu herkömmlichen Dokumentenmanagementsystemen, die anhand von Belegpositionsdaten Informationen über Kunde, Lieferant, Rabatt, Mehrwertsteuer, Endsumme usw. erfassen, verfolgen KI-Systeme einen anderen Ansatz. Mittels „Natural Language Processing“ (NLP) wird die natürliche Sprache erfasst und über Algorithmen verarbeitet.
Grundlage für Machine Learning: valide Trainingsdaten
Die Qualität der Daten, mit denen ein ECM-System mit KI-Unterstützung trainiert wird, ist der entscheidende Faktor für dessen Intelligenzquotienten. Hierfür werden die historischen Rechnungsdaten des Unternehmens verwendet, von denen man weiß, dass sie korrekt sind. Nachdem das System auf diese Weise trainiert wurde, kann es auf neue Dokumente losgelassen werden. Durch die Einstellung von Schwellenwerten kann der Sachbearbeiter prüfen, mit welcher Wahrscheinlichkeit das System erkennt, dass es sich um einen spezifischen Kunden handelt. Ist dieser Schwellenwert bereits entsprechend hoch, ist eine erneute Prüfung nicht mehr notwendig. Wenn das System beispielsweise davon ausgeht, dass es sich bei dem Beleg zu 99,98 Prozent um eine Rechnung handelt, gibt es kaum Zweifel. Da alle im Beleg erkannten Positionsdaten geschätzt und als Prozentwert angezeigt werden, kann der Sachbearbeiter die Validierung Schritt für Schritt durchführen. Die Ergebnisse der menschlichen Bewertung fließen in das System zurück und verbessern die Erkennungsqualität in den folgenden Durchläufen.
Fazit
Dokumentenklassifizierung mittels Machine Learning birgt ein enormes Effizienzpotenzial für die Unternehmen. Voraussetzung ist eine entsprechende Digitalisierung der Prozesse, um Technologien wie KI einsetzen zu können.
*Der Autor Olaf Holst ist Chief Technology Evangelist bei Optimal Systems.
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