Fachkräftemangel konzertiert angehen 

Digitalisierung und Automatisierung wirken auf den Arbeitsmarkt in zweier-lei Hinsicht ein: Manuell verrichtete Tätigkeiten fallen weg und Arbeiten gestalten sich effizienter. Gleichzeitig benötigt eine zukunftsfähige digitale Infrastruktur neues Knowhow und Arbeitskräfte, die bekanntlich knapp sind – in allen Wirtschaftsbereichen und insbesondere in der IT. Die DSAG hat deshalb 2019 die DSAG-Academy ins Leben gerufen, mit der sie aktiv dem Fachkräftemangel entgegenwirkt. [...]

Walter Schinnerer, DSAG-Vorstand Österreich (c) DSAG
Walter Schinnerer, DSAG-Vorstand Österreich (c) DSAG

Für nachhaltiges Wirtschaftswachstum eines exportorientierten Landes wie Österreich ist die Verfügbarkeit von Fachkräften lebensnotwendig. Doch damit gibt es schon seit längerem ein Problem. Bereits 2018 diagnostizierte das Institut für Bildungsforschung, dass landesweit rund 162.000 entsprechend qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Eine Studie von Ernst&Young vom Juli 2022 kam sogar zu dem Ergebnis: 39 Prozent der österreichischen Mittelständler verzeichnen aufgrund dieses Umstandes bereits beträchtliche Umsatzeinbußen.

Kompetenzinitiative soll digitale Skills verstärken

Der Fachkräftemangel ist auch in Österreich ein landesweites Phänomen, wenngleich es Abstufungen gibt: Während ihn in Vorarlberg 51,1 Prozent der Firmen stark spüren, sind es in Wien nur 37,9 Prozent, dies ergab eine im Frühjahr 2022 durchgeführte Umfrage

Was die Politik dem entgegensetzen will, ist bekannt. Das Bundesministerium Wirtschaft und Arbeit plädiert für verstärkte Aus- und Weiterbildung, insbesondere im Bereich der Lehrlingsausbildung. Außerdem müsse man das bestehende Arbeitskräftepotenzial besser  nutzen: Frauen speziell in technischen Berufen verstärkt ausbilden oder ältere Beschäftigte länger im Arbeitsprozess halten. Erst im Dezember 2022 startete die Bundesregierung eine ressortübergreifende „digitale Kompetenzoffensive für Österreich“, mit der Österreich zu einem Vorreiter im Bereich der „Digital Skills“ werden soll.

In der IT-Branche, und hier speziell im SAP-Umfeld, liegt die größte Herausforderung darin, dass in den kommenden Jahren viele SAP-Fachleute der ersten Stunden in den Ruhestand gehen werden. Die Babyboomer klagen schon seit Jahren über eine sehr hohe Arbeitsbelastung. Ihnen bleibt zu wenig Raum für dringend notwendige Fortbildungen und Transformationsvorhaben, die durch die Digitalisierung notwendig sind. Auch der Wissenstransfer mit jungen Talenten kommt zu kurz. Es ist kaum Zeit für Einarbeitung und auch das Tandem-Arbeitsmodell hat den Sprung in die Realität nicht geschafft – sprich, dem fehlenden Personal stehen viele überlastete Angestellte gegenüber. 

Umstieg auf neue SAP-Generation erfordert Knowhow

Mit den entsprechenden Maßnahmen, wie etwa Machine-Learning-Anwendungen in der Buchhaltung oder intelligenten Apps zur Entscheidungsvorbereitung beispielsweise im Kredit- oder Risikomanagement, kann man dem Mangel sicher beikommen. Doch dies ist nur ein Szenario im recht abgesteckten Zirkel des Finanzwesens. Es gilt vielmehr, sich des Problems grundsätzlicher anzunehmen: durch Weiterbildung und Motivation.

Für Nachwuchs-IT-Kräfte – dies muss offen gesagt werden – ist SAP leider nicht gerade das coolste Werkzeug. In der IT-Aus- und Weiterbildung spielt es eine nur untergeordnete Rolle. Dies spüren alle Unternehmen mit SAP im Einsatz – und deren Zahl geht auch in Österreich in die Tausende. Auf Jobausschreibungen gibt es kaum Resonanz von Personen mit Erfahrung, und dies in einer Zeit, wo angesichts des anstehenden S4/HANA-Umstiegs besonders viel Arbeit wartet. Dafür bedarf es neuer Skills und eines Denkens in Geschäftsprozessen, um dann zu erkennen, wie man SAP-Systeme zielführend einsetzt. 

Gezielte Weiterbildung

Die DSAG fordert deshalb einen stärkeren Wissenstransfer zwischen Universitäten, Forschungseinrichtungen und Wirtschaft, um junge Talente praxisnah auszubilden. Über ihre Academy geht sie dieses Vorhaben in Form konkreter Weiterbildungsangebote an. Durch zahlreiche Kooperationen bietet sie Angehörigen von DSAG-Mitgliedsunternehmen vergünstige Weiterbildungen im Bereich der digitalen Transformation sowie hinsichtlich aktueller und künftiger Kompetenzen im SAP-Umfeld an. Dazu gehören z.B. eine neue Cloud-Enablement-Initiative in Kooperation mit Hyperscalern und SAP-Kurse wie „ABAP-Programmierung – Einführung in die SAP BTP“, die den Bedarf in den Gremien widerspiegeln. Die Initiative setzt dabei auf eine enge Vernetzung von Vertretern und Vertreterinnen von Wissenschaft und Unternehmen. Gleichzeitig bietet die DSAG-Academy auch Studenten und Studentinnen sich kontinuierlich verändernde Weiterbildungsangebote.

Die DSAG-Academy trägt dem schnellen Wandel durch die Digitalisierung Rechnung, indem sie Bildungsangebote bietet, die bedarfsorientiert und zeitgemäß sind, d.h. ständig an die Anforderungen der Mitglieder angepasst werden. Aus DSAG-Sicht ist eine zeitgemäße Ausbildung, die Studierenden einen hohen Praxisbezug bietet, das Mittel der Wahl. 

Anstehende Reorganisationen, die Einhaltung von Regierungsvorgaben im Bereich Nachhaltigkeit oder auch die Einführung von S/4HANA bewegen derzeit viele der DSAG-Mitgliedsunternehmen. Diese Themen sind für eine erfolgreiche und nachhaltige Unternehmensstrategie relevant. Die gesamte Belegschaft muss mitgenommen und eingebunden werden. Auch hier lässt die DSAG ihre Mitgliedsunternehmen nicht allein und bringt durch Weiterbildungsangebote das nötige Knowhow in die Unternehmen. 

Arbeitsqualität und Arbeitskultur verbessern

Unternehmen, die erfolgreich Talente binden wollen, müssen heutzutage eine gute Arbeitsqualität und eine moderne Arbeitskultur bieten. Junge Talente gewinnt und hält man auch dadurch, dass ihnen Arbeitszeiten entsprechend ihrer Bedürfnisse ermöglicht werden. Nach einer Studie von McKinsey (2021) war der Hauptgrund, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Jahr 2021 kündigten, dass Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen keine flexible Arbeitszeitgestaltung ermöglichten. Großes Potenzial, dem Fachkräftemangel zu begegnen, liegt daher auch in einer Verbesserung der Arbeitskultur in Unternehmen. Zum Beispiel durch Teilzeit- und Jobsharing-Modelle, Co-Leadership sowie so genannte Shadowing-Angebote für junge Talente, bei denen diese Führungskräften bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen können.

SAP Build

Und was sagt SAP zu alldem? Vor kurzem hat der ERP-Hersteller mit SAP Build ein Low-Code-Angebot vorgestellt, das die Business Technology Plattform nutzt und es Anwendern mit minimalen technischen Kenntnissen ermöglichen soll, SAP-Unternehmensanwendungen zu erweitern, Prozesse zu automatisieren und Web-Oberflächen per drag-and-drop zu einem Prototypen zusammenzusetzen. 

Aus DSAG-Sicht ist es selbstverständlich, dass SAP leicht zu erstellende und bedienbare Anwendungen bauen sollte – und das nicht nur für Laien, sondern auch für SAP-Experten und -Expertinnen. Dennoch ist SAP Build vom Ansatz her eine Lösung, die die DSAG begrüßt. Denn auch sie kann ein probates Mittel sein, um dem Fachkräftemangel in vielen Bereichen die Spitze zu nehmen und die vielfach in Unternehmen existierende „Schatten-IT“ zu reduzieren.

*Walter Schinnerer ist Vorstand der DSAG Österreich. 


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