Gastkommentar: Cloud Computing ändert die Rolle des Channels

Noch vor zehn Jahren waren die Rollen der Akteure im Channel klar definiert. Ob Independent Software Vendor (ISV), Reseller, Distributor oder Systemintegrator – jeder kannte seine Aufgabe im gesamten Ökosystem. Heute ist in der Softwarebranche nichts mehr so wie es einmal war. [...]

Software as a Service (SaaS) ändert die Rahmenbedingungen für Entwickler, ISVs und Unternehmen. Unbefristete Lizenzen und statische komplexe Applikationen sind für die meisten Kunden nicht mehr attraktiv. Als Ergebnis bieten ISVs Geschäftsapplikationen als Service über die Cloud an. Und damit betreten sie Terrain von anderen Channel-Akteuren, die ihr Angebot in Form von Infrastructure as a Service (IaaS), Platform as a Service (PaaS) und anderen Managed Services ebenfalls erweitern.

Softwarehersteller konzentrierten sich in der Vergangenheit auf die Funktionalität einer Applikation, und die Kunden waren für den Betrieb und die Verwaltung der IT-Umgebungen verantwortlich. Ein Cloud Provider kümmerte sich um Betrieb und Administration der Infrastruktur, die er als Service bereitstellt. Durch diese neue Situation ändern sich nicht nur Rollen und Verantwortlichkeiten, es ergeben sich auch neue Möglichkeiten und Chancen.

Ein vorhandenes On-Premise-Applikations-Geschäftsmodell in ein SaaS-Modell umzuwandeln, ist nicht trivial. Es erfordert die Neuausrichtung von einem ISV, er muss sich von einem produktzentrierten Anbieter zu einem Dienstleister wandeln. Nicht nur die Art der Bereitstellung ändert sich, sondern auch der Vertrieb. Kernpunkt bildet der Fokus auf den Service. Die Cloud ermöglicht, eine flexiblere mandantenfähige Cloud-Plattform bereitzustellen. Die andere Seite der Medaille sind Herausforderungen wie ein erhöhter Datenschutz, Compliance, Datensicherheit und Skalierbarkeit.

Da für ISVs jetzt die Bereitstellung von Services zum Mittelpunkt wird, müssen auch die Kriterien für den unternehmerischen Erfolg angepasst werden. Nicht mehr Features und Funktionen stehen im Fokus, für Kunden zählen jetzt die eingehalten Service Levels.

ISVs sind daher auf Channel-Partner angewiesen, die Anforderungen wie Mandantenfähigkeit, Skalierbarkeit, Datensicherheit, Verschlüsselung, Mobilität etc. zur Bereitstellung cloudbasierter Geschäftsanwendungen abdecken können. Im Idealfall erfüllen Channel-Partner das gesamte Anforderungsprofil und bieten sowohl eine Applikationsentwicklungs- und Ablaufumgebung als auch Unterstützung bei der Umsetzung der neuen ISV-Geschäftsstrategie.

Wo Grenzen der Tätigkeitsbereiche unterschiedlicher Channel-Akteure verschwimmen und die strikte Serviceorientierung zum  Treiber wird, hat dies deutliche Auswirkungen auf den Channel. Kunden fordern eine hohe Servicequalität von ihrem Provider, der Support für Kunden vor Ort anbieten muss und über Expertise verfügen sollte, um diese optimal unterstützen zu können. Darüber hinaus erwarten Kunden, dass der Service Provider ihnen eine flexible und agile Applikationsumgebung bereitstellt.

Wenn ISVs ihre Serviceangebote ausbauen wollen, wird es vermutlich vermehrt zu Fusionen, Übernahmen und neuen Partnerschaften im Channel kommen. Aus diesem Grunde werden Service Provider auf End-to-End-Angebote abzielen, die sich von der Entwicklung über die Bereitstellung bis zum kompletten Management erstrecken. Dieser Wandel ist für alle ISVs eine große Herausforderung. Die Channel-Partner müssen nicht nur den technologischen Unterbau für diese Transformation bereitstellen, sondern auch Beratung und Support für das neue Geschäftsmodell.

Die Unterstützung der Partner und des Channels umfasst Änderungen und Erweiterungen des Vertriebstrainings, der Marketingprogramme, der Webstrategie, der Social-Media-Maßnahmen und vieles mehr. Dazu kommt die Einführung agiler Methoden für die Entwicklung von Applikationen und vor allem Fähigkeiten, die Ergebnisse über die Cloud bereitzustellen – inklusiver aller Services. Gerade der richtige Mix von Channel-Partnern entscheidet über den Erfolg von ISVs in einem wettbewerbsintensiven Markt für Cloud-/Software-Services.

* Colleen Smith ist Vice President SaaS/Cloud bei Progress Software.


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*