Gastkommentar: Das digitale Jahr 2015

Heute noch hinter dem Mainstream der Mobilität verborgen wird sich im nächsten Jahr die zunehmend allgegenwärtige Rolle der IT in Gesellschaft und Unternehmen in vielfältiger Art und Weise zeigen. [...]

Im nächsten Jahr wird die Informationstechnologie einen weiteren Schritt weg von der Unterstützungsfunktion hin zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor eines Unternehmens gehen. Noch 2012 hat der „The Global Information Technology Report“ des Word Economic Forums (WEF) mit dem Titel „Living in a Hyperconnected World“ vorausgesagt, dass sich Politik und Wirtschaft in den nächsten Jahren auf das neue Zeitalter der „Hyperkonnektivität“ einzustellen hat. Inzwischen hat uns die Entwicklung überholt; Bereits 2013 sind gemäss den Statistiken der ITU (International Telecommunication Union) mehr Smartphones als andere mobile Telefone verkauft worden und im Jahr 2014 hatten weltweit 95 von 100 Einwohner ein Abonnement für Mobiltelefonie. Wir sind also heute vollständig vernetzt. Und diese Vernetzung bringt eine zunehmende Digitalisierung des Alltags und des Arbeitslebens mit sich. In dieser Vernetzung sind wir jedoch nicht allein; Es tummeln sich weit mehr Geräte in Netz als Menschen. Im nächsten Jahr sollen es bereits 25 Milliarden Geräte sein, die über das Netz verbunden sind. Fahrzeuge, Maschinen, Haushaltsgeräte, Kameras, Lampen – eigentlich alles, was Strom braucht – lässt sich heute sehr einfach vernetzen.
Die Onlinepublikation Quartz hat das Jahr 2014 zum Jahr des Internet der Dinge erklärt, da der Preis, einen technischen Alltagsgegenstand netzfähig zu machen – also zu einem „Smart Thing“ weiter zu entwickeln – unter 5 Dollar gefallen ist. Und diese Smart Things verändern unsere Arbeit und unseren Alltag. Diese Veränderung ist gerade im Gange und wir werden im nächsten Jahr weiter damit beschäftigt sein, unsere bestehenden IT-Systeme entsprechend anzupassen oder neue Technologien und Innovationen zu integrieren. Die Analysten wie IDC, Gartner oder Forrester sind sich einig; Es geht darum, Unternehmen zum integrierten Bestandteil der digitalen Welt zu machen, damit neue Geschäfts- und Arbeitsmodelle möglich werden.
DER MOBILE ARBEITSPLATZ
Das im nächsten Jahr wichtigste Beispiel der Vernetzung ist die zunehmende Mobilität des Arbeitsplatzes. Im Jahr 2015 werden laut Schätzung der IDC rund ein Drittel aller arbeitenden Menschen einen mobilen Arbeitsplatz nutzen. Und der wird sowohl für Unternehmen als auch für die Angestellten eine Vielzahl von Vorteilen aufweisen. Mitarbeitende erwarten vom mobilen Arbeiten eine höhere Flexibilität, mehr Produktivität, geringeren Reiseaufwand, bessere Work-Life-Balance und mehr Zeit für den Kunden. Unternehmen versprechen sich flexiblere Arbeitsplätze, weniger Kosten für Immobilien und für Reisen und eine höhere Attraktivität für Fachkräfte sowie eine verbesserte Mitarbeiterbindung. Der Einfluss ist in Zahlen ausgedrückt vielversprechend; bis zu 45% Produktivitätssteigerungen für Unternehmen bei gleichzeig verbesserter Work-Life-Balance für die Mitarbeitenden.

DIE FLEXIBLE INFRASTRUKTUR
Mobile Arbeitsplätze erfordern flexible Infrastrukturen. Und das bedeutet nichts anderes als dass Anwendungen und Daten dort verfügbar sein müssen, wo sich die Mitarbeitenden aufhalten. Dies Erfordert eine Veränderung der Grenzen der Unternehmens-IT. Das Unternehmen ist dort, wo sich die Mitarbeitenden aufhalten. IT-Funktionalität und Informationen sind dort, wo sich die Mitarbeitenden aufhalten. Sie sind mehrheitlich ausserhalb klar definiertet Firmengrenzen und befinden sich in den Tiefen des globalen Netzes. Und damit entziehen sie sich der direkten Kontrolle im eigenen Haus. Doch damit nicht genug. Anwendungen und Daten müssen sich in naher Zukunft so frei bewegen können, wie es die Mitarbeitenden tun.
Dies setzt eine globale Infrastruktur voraus, die einerseits flexibel und agil durch Raum und Zeit betriebsunterstützende Arbeitsinstrumente zur Verfügung stellen muss und andererseits die Einhaltung klar definierte und gut abgesicherten Unternehmensgrenzen gewährleisten kann. Diese Infrastruktur besteht aus Cloud Services, Social Network Plattformen und Marktplätzen für Informationen.

DIGITALISIERUNG
Im nächsten Jahr werden viele Unternehmen die globale Infrastruktur verwenden wollen. Und sie müssen mit der bestehenden internen Infrastruktur aufräumen oder sie sogar ersetzen. Das ist der tiefe Grund, weshalb mehr und mehr private Cloud Infrastrukturen aufgebaut werden. Und nicht nur der vermeintlich tiefere Preis oder die höhere Elastizität. Es sind die Produktivitätssteigerung durch mobiles Arbeiten, die eine solche Investition im Jahr 2015 rechtfertigen wird. Verwendet ein Unternehmen bereits heute interne Cloud Plattformen, so wird es viel einfacher, morgen auf globale Cloud Infrastrukturen als Voraussetzung für Mobiles Arbeiten umzustellen. Doch der Weg in die Digitalisierung der Unternehmen ist damit bei weitem nicht abgeschlossen.
Die Informationstechnologie ist im nächsten Jahr auf dem besten Weg ihre Position in Unternehmen von der Unterstützungsfunktion zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor eines Unternehmens zu werden. Vor drei Jahren sage Marc Andreesen in seinem Artikel „Software ist eating the world“ Wall Street Journal voraus, das die Verarbeitung von Daten und das Management von Informationen zum Kern jedes Geschäftes werden wird. Bereits dieses Jahr die Firma Deep Knowledge Ventures einen Computer namens „Viral“ (Validating Investment Tool for Advancing Life Sciences) zu Aufsichtsrat gewählt. Im nächsten Jahr werden wir noch mehr digitale Innovationen in Unternehmen sehen. Freuen Sie sich!

* Der Autor Daniel Liebhart ist Dozent für Informatik an der ZHAW (Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften), Experte für Enterprise Architekturen und Solution Manager der Trivadis AG. Er ist Autor des Buches „SOA goes real“ (Hanser Verlag) und Coautor verschiedener Fachbücher.


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