Gastkommentar: Datensicherheit ist eine gesellschaftliche Aufgabe

Das Internet der Dinge ist keine Phantasie mehr, sondern Wirklichkeit. Intelligente Armbänder, Uhren und Thermostate – immer mehr Menschen nutzen sie. Doch was passiert zum Beispiel mit meinen Fitnessdaten? Muss ich in Zukunft mehr für meine Krankenversicherung bezahlen als mein Nachbar, der fitter ist als ich? Datensicherheit und Schutz der Privatsphäre sind kein rein technisches Problem mehr, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe. Drei einfache Prinzipien könnten dabei helfen, dass wir sie bewältigen können. [...]

Wer glaubt, das Beispiel mit der Krankenversicherung sei konstruiert, sollte zwei Dinge bedenken: Zum einen gab es solche Prämienoptimierungen aus der Sicht einer Versicherung schon vor dem Internet der Dinge – Familienväter bekommen gegenüber Singles schon seit Jahren einen Nachlass bei der Kfz-Versicherung. Zum anderen belegen aktuelle Beispiele, dass selbst auf Zusicherungen in den Vertragsbedingungen, die gesammelten Informationen würden nicht verkauft, nicht immer Verlass ist. Als der US-Einzelhändler Radioshack Insolvenz anmelden musste, wurden die existierenden Kundendaten nicht einfach gelöscht. Vielmehr versucht das Unternehmen, die Daten, eben weil sie wertvoll sind, als Teil der Konkursmasse zu verkaufen. Zwar ist noch nicht ausgemacht, dass dieser Versuch gelingen wird, aber welches Unternehmen kann dieser Versuchung schon widerstehen?

Bereits in seinem 1979 erschienen Buch „Das Prinzip Verantwortung“ hat Hans Jonas aufgrund der Zeit und Raum sprengenden Eigenschaften heutiger Technik die Empfehlung ausgesprochen, stets die negative Prognose der positiven zur Begründung des eigenen Handelns vorzuziehen. Schließlich sei die Folgenabschätzung der Nutzung heutiger Technik wegen deren Komplexität viel zu fehleranfällig. Wem also ein Szenario, sich schon bald keine Krankenversicherung mehr leisten zu können, weil die eigene Fitness aus welchen Gründen auch immer als zu riskant für den Versicherer eingestuft wird, als Panikmache vorkommt, sollte vielleicht noch einmal darüber nachdenken, ob es nicht doch rational ist, Sorge dafür zu tragen, dass solche Szenarien niemals Realität werden.

DREI PRINZIPIEN
Angesichts der offenen gesellschaftlichen Fragen des Internets der Dinge hat der CTO unseres Unternehmens, Raimund Genes, drei Grundprinzipien vorgeschlagen, die Hersteller und Serviceanbieter von sich aus befolgen sollten. Schließlich gilt es zu verhindern, dass Fakten geschaffen werden, die dann im Verlauf des gesellschaftlichen Diskurses nicht mehr revidiert werden können:

  • Eingebaute Sicherheit: Sicherheit muss bereits Teil des Designs smarter Geräte sein. Hat ein solches Gerät eine sichere Basis, ist es auch später leichter, den Schutz noch weiter zu erhöhen, als wenn beim Entwurf überhaupt nicht an die Absicherung gedacht wurde.
  • Schutz der Anwenderdaten: Alle Daten, die über smarte Geräte gesammelt werden, sind wertvoll. Sie müssen deshalb verschlüsselt werden. Außerdem muss mittels geeigneter Authentifizierungsmethoden ein sicherer Zugriff darauf gewährleistet sein.
  • Transparenz und Klarheit: Unternehmen müssen in jedem Fall transparent und klar verständlich offenlegen, was mit den gesammelten Daten passiert: Zu welchem Zweck werden sie erhoben, wer hat darauf Zugriff, wie und wo werden sie gespeichert etc.? Nur so lässt sich die Voraussetzung dafür schaffen, dass der Anwender die Kontrolle über die Daten erhält, die im Grunde ja seine Daten sind.

Wenn diese überschaubaren Prinzipien missachtet werden, nehmen unsere über Jahrzehnte und Jahrhunderte entwickelten Vorstellungen von Privatsphäre und Vertraulichkeit Schaden. Irgendwann aber werden sich Gesellschaften und die Politik mit neuen Regelungen dagegen wehren. Herrscht dann ein eher feindseliges Klima zwischen Anbietern und Regierungen, könnte das der Beginn eines Prozesses sein, der selbst sinnvolle Innovationen und Möglichkeiten der neuen Technologien verhindert.

* Bevor Udo Schneider bei Trend Micro seine jetzige Position als Pressesprecher antrat, beschäftigte er sich als Solution Architect EMEA mehrere Jahre lang mit der Entwicklung geeigneter Maßnahmen gegen IT-Gefahren.


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