Ich habe 1988 gemeinsam mit meinem heutigen Vorstandskollegen Leopold Bauernfeind in Linz (Österreich) Fabasoft gegründet. Schon lange bevor Cloud Computing den Wandel der gesamten IT-Industrie zu bestimmen begann, haben wir von Fabasoft das damit verbundene Innovationspotenzial erkannt. [...]
Wir sind immer davon ausgegangen, dass Cloud Computing nur unter zwei Voraussetzungen erfolgreich wird und das Vertrauen der Anwender gewinnen kann: Erstens braucht es harmonisierte technologische Standards von höchster Interoperabilität und zweitens einheitliche Mindestkriterien bei Datenschutz und Systemsicherheit.
Wir haben mit unserer europäischen Cloud für europäische Unternehmen ein komplettes Cloud-Eco-System geschaffen, das uns optimistisch in die Zukunft sehen lässt. Unser wichtigstes Asset ist das Lokationsprinzip. So wissen unsere Kunden ganz genau, wo ihre Daten lagern und welches Vertragsrecht zur Anwendung gelangt. Besonders freut uns, dass wir kürzlich TÜV Rheinland zertifiziert wurden und damit in der Champions League der zertifizierten Cloud Services mitspielen dürfen.
Der Weg zu einer europäischen Cloud ist noch steinig. Die Enthüllungen über PRISM im letzten Jahr kamen einem politischen Erdbeben gleich und haben die Sicherheitslücken in der europäischen Internetstruktur schonungslos aufgezeigt.
Die exponierte Gefährdungslage kann selbst mit krypto-technischen High-End-Verfahren nicht ganz eliminiert werden. Hier ist dann der Datenschutz gefordert. Das bedeutet: die Mitgliedsländer der Union sollen auch ihre eigenen Geheimdienste stärker an die politische Leine nehmen und klar definieren, unter welchen Voraussetzungen diese Informationsdienste im Netz aktiv werden dürfen.
Damit würde die Europäische Union zeigen, wie ernst es ihr ist mit dem Recht der Bürger auf Privatheit und dem Recht der Unternehmen auf den Schutz sensibler Daten. Die neue Datenschutz-Grundverordnung legt dazu viele bahnbrechende Neuerungen vor. Dieser Rechtsrahmen, der künftig alle Anbieter unter die europäische Datenschutz-Nomenklatur zwingen wird, muss jedoch zügig umgesetzt werden. Und gleichzeitig soll die Europäische Union ihre Werte bewahren und damit weiterhin einen Mittelweg aus staatlichen und bürgerlichen Schutzinteressen und der globalen Offenheit ihrer IT-Landschaft suchen. Damit dies im breiten Konsens auch mit den USA geschehen kann, wären in umgekehrter Richtung auch die Bestimmungen des „Safe Harbour“-Abkommens zu adaptieren.
Europas dringendstes Problem in der IKT ist die Segmentierung der Märkte in 28 Regionalmärkte. Wenn der digitale Binnenmarkt verwirklicht werden soll, müssen die nationalen Netzbetreiber und Serviceanbieter ihre Leistungen über kurz oder lang auf EINEN europäischen Marktplatz ausrichten und sich diesem Wettbewerb stellen.
Wenn der EU dieser kulturelle Wandel gelingt, dann wird – mit den Worten des US-Wirtschaftssoziologen Jeremy Rifkin – die „leise Supermacht Europa“ mit ihren vielen Visionen das 21. Jahrhundert zu ihrem machen.
* Helmut Fallmann ist Mitglied des Vorstandes der Fabasoft AG.
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