Unternehmen aus vielen Branchen – von Automotive über Industrie bis IT – suchen händeringend nach Informatik-Fachkräften, um sich für die digitale Zukunft zu rüsten. Es gibt nicht nur zu wenig Absolventen, auch die Kannibalisierung zwischen den Branchen verschärft die Situation. Insbesondere von hochtechnologischen Mittelstandsunternehmen werden IT-Fachkräfte gesucht. [...]
Wie aber lässt sich der Fachkräftemangel bekämpfen? Zunächst braucht es ein übergeordnetes konzertiertes Programm, das die Ausbildung sichert und alle Kräfte bündelt. Die „Digital Agenda“ der Regierung beinhaltet zwar viele gute theoretische Ideen, fokussiert in der praktischen Umsetzung aber primär den Breitbandausbau und adressiert nur zaghaft im Rahmen „Schule 4.0“ die Ausbildungsthematik. Hier verlangt der Markt nach kurzfristig wirksameren Ansätzen, solche könnten sein: Duale Ausbildung an Fachhochschulen beziehungsweise Universitäten und in den Unternehmen, umfassende Bewusstseinsbildung und IT-Schulungen für Lehrer, Förderung des Lehrberufs IT-Informatiker und IT-Weiterbildungen für bestehende Mitarbeiter. Generell muss das Bild der IT-Fachkraft attraktiver werden, um mehr junge Menschen, in die Ausbildung zu holen und ausgebildete Fachkräfte auch in Ös-terreich zu halten. Ziel muss es sein, Österreich zu einer Digitalisierungshochburg zu machen und Arbeitskräfte auch aus dem Ausland zu gewinnen.
Wir brauchen aber nicht nur neue Facharbeitskräfte, sondern auch eine neue Arbeits- und Ausbildungskultur, weg von der „Maschinenbaukultur“, hin zu einem digitalen Mindset. Es muss die Unternehmenskultur umgebaut werden, um Innovationen zulassen und umsetzen zu können. Das betont auch Professor Dr. Burton Lee, Dozent für European Entrepreneurship & Innovation an der Stanford University. Er fordert beispielsweise, dass die Anzahl an Informatikstudenten an Universitäten und Fachhochschulen kurzfristig mindestens verdop-pelt, besser verdreifacht und rasch deutlich mehr Lehrgangsplätze angeboten werden müs-sen. Außerdem sollten IT-Ausbildungen auch für Studenten anderer Fachrichtungen intensi-viert werden um die „Digitalkultur“ auch in anderen Unternehmensbereichen zu verankern und um den Druck auf dem IT-Arbeitsmarkt zu entlasten.
Bereits vor fünf Jahren haben mehrere steirische Unternehmen mit starken Software-Fokus die Zeichen der Zeit erkannt und sich mangels passender Cluster-Alternativen in der Steiermark zu einer agilen Interessengemeinschaft der „IT Community Styria“ zusammengeschlossen. Ziele dieser beispielhaften und sehr aktiven Community sind – neben dem gegenseitigen Erfahrungsaustausch und der Weiterqualifizierung der eigenen Fachkräfte – über Unternehmensgrenzen hinweg das Berufsbild positiv zu besetzen und die Steiermark zu einer Kompetenzregion für Softwareentwicklung auszubauen und bekannt zu machen. Dafür kooperiert die ITCS mit Ausbildungseinrichtungen, Politik und Wirtschaft und organi-siert Konferenzen, Fachtagungen und Fortbildungsprogramme.
Starke Unterstützung vor allem für die Ausbildungsthematik kommt zusätzlich vom Software & Data Council, das anlässlich der Studienempfehlung von Dr. Burton Lee in der Steiermark ins Leben gerufen wurde und maßgeblich von den steirischen Universitäten und Fachhoch-schulen vorangetrieben wird und kurzfristig durch neue Studienkonzepte die Ausbildungsplätze vervielfachen soll. Außerdem wird in Zukunft auch mit Unternehmen, weiteren Fort- und Ausbildungseinrichtungen, Schulen und mit Interessensverbänden kooperiert, um eine möglichst große Breitenwirkung zu erzielen und auch mittel- und langfristig eine generelle Bewusstseinsänderung herbei zu führen. Nur die Vernetzung von IT und Ausbildung kann nachhaltig unser Wirtschaftswachstum sichern. Nur mit einem proaktiven Zugang können wir die Chancen der Digitalisierung wirklich nutzen.
*Thomas Dietinger ist Geschäftsführer der DCCS GmbH.
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