Wie weit wird die Evolution der Künstlichen Intelligenz gehen und wie wird sie sich auf Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes auswirken? Was für Privatpersonen interessante Fragen sind, sind für Unternehmer existenzielle Themen, schließlich müssen diese wirtschaftlich gegenüber Konkurrenten bestehen, von denen viele bereits an einer effektiven Nutzung von KI arbeiten. [...]
Diese „effektive Nutzung“ kann je nach Vorstellung vieles bedeuten – aus betriebswirtschaftlicher Sicht bedeutet sie vor allem eine Steigerung der Effizienz und Qualität ähnlich jener bei der Entstehung des Internets. Für die entsprechende KI-Transformation des eigenen Unternehmens sind Investitionen in Technologie, Strukturen und Skills nötig – lohnt sich das?
Hype oder nicht – Warum Unternehmen auf KI setzen sollten
Die Frage scheint vor allem angesichts des aktuellen Hypes rund um KI angemessen, denn nicht jede mythenumwobene Technologie wird ihrem Mythos gerecht. Aktuell ist das Feld der generativen Sprachmodelle in ständiger Bewegung und die aktuellen Fähigkeiten der Technologie werden ständig von denen neuerer Instanzen übertroffen. Klar ist jedoch: Das disruptive Potenzial ist absolut real und ergibt sich durch die ermöglichte, exponentielle Zunahme von Produktivität und Qualität, die auch in der Wissensarbeit schlagend wird. Durch die systematische und fachgerechte Nutzung von KI – auch in einzelnen IT-Sektoren – ist in Größenordnungen einer 5- bis 10-fachen Steigerung prognostizierbar. Und: Diese Steigerung wird neue Branchenstandards schaffen, und jene Betriebe, die nicht mithalten, werden diesen Rückstand irgendwann nicht mehr mit ihren vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten ausgleichen können. Um hingegen die sich ergebenden Chancen bestmöglich zu nutzen, sind Transformationsprozesse in mehreren Bereichen erforderlich.
Fünf Hebel, bei denen Unternehmen ansetzen können
1. Hebel: Unternehmensführung – Echtes Commitment beweisen
Auf der obersten Stufe der Unternehmenshierarchie ist Neugierde und echtes Commitment statt oberflächlicher Bekenntnisse gefragt. Das zeigt sich nicht nur an der aktiven Unterstützung von Experimenten und Pilotprojekten, sondern auch in der Überführung erfolgreicher Projekte ins Tagesgeschäft: Mit einem Fahrplan, Budget, klarer Verantwortung und messbaren Zielen. Dabei gilt: Mut zur Investition ist entscheidend.
2. Hebel: Organisation – Der Innovation freien Lauf lassen
Erfolgreiche KI-Strategien erfordern ein Zusammenspiel von Top-down- und Bottom-up-Ansätzen: Eigens für diesen Zweck aufgebaute Kompetenzzentren schaffen Standards, Plattformen, Sicherheit und Leuchtturmprojekte. Gleichzeitig müssen alle Mitarbeitenden befähigt werden, KI in ihren Workflows selbstständig zu erproben und zu erlernen – durch Zugänge, Communities und Trainings. Eine schlanke, aber durchsetzungsstarke Governance mit klaren Policies, Freigaben und Nutzen-Risiko-Messung sollte dafür sorgen, dass Innovation kontrolliert und wirksam skaliert werden kann.
3. Hebel: Technologie – Den ultimativen Schlüssel zur Skalierung verstehen
Technologie ist der Schlüssel des KI-Umbruchs, aber für Unternehmen bedeutet dieser Umbruch weit mehr als nur die Nutzung von Sprachmodellen: Damit KI wirksam skaliert, braucht es eine belastbare technologische Grundlage, die die Nutzung besagter Modelle effizient, robust und sicher ausgestaltet ist. Notwendig dafür ist oftmals eine Modernisierung bestehender IT-Landschaften und Digitalisierung – nach dem Credo „Legacy first“. Entscheidend ist zudem eine saubere Datenbasis mit hoher Qualität, klaren Katalogen und geregelten Zugriffs- sowie Löschkonzepten. Letztendlich muss bei Nutzung von KI sichergestellt werden, dass Compliance und Governance bereits im Vorhinein fest etabliert sind. Daten sorgen für die optimale Funktionalität, Compliance für den Schutz von Daten und geistigem Eigentum.
4. Hebel: Kultur und Arbeitsweisen – Neugier belohnen, Tempo differenzieren
Eine erfolgreiche KI-Transformation braucht auch eine Betriebskultur, die Neugier, Mut und Lernbereitschaft sichtbar anerkennt – Eigenschaften, die neben der erwähnten Unternehmensführung auch für Mitarbeiter:innen wichtiger werden. Dabei gilt: Nicht alle Teams müssen gleich schnell sein, aber alle müssen beginnen. Entscheidungsprozesse, Zusammenarbeit und Verantwortungsmodelle verändern sich – der Mensch trifft Entscheidungen, die Maschine liefert Optionen, Evidenz und Simulationen. Ergebnisse werden geprüft, nicht blind übernommen. Transparenz über den Einsatz von KI wird so zu einem festen Bestandteil professioneller Arbeit.
5. Hebel: Prozesse – das System neu denken
Das Potenzial von KI liegt weit über der reinen Automatisierung einzelner Aufgaben. Der eigentliche Hebel entsteht, wenn Unternehmen ihre Prozesse neu gestalten. Die zentrale Frage lautet also nicht mehr: Welche einzelne Aufgabe kann KI übernehmen?, sondern: Wie können ganze Arbeitsabläufe so gestaltet werden, dass sie KI-gestützt ausgeführt werden können?
Dieser Perspektivwechsel verhindert, dass isolierte KI-Anwendungen entstehen, die später nicht in bestehende Prozesse integriert werden können. Statt Insellösungen entstehen so vernetzte, lernfähige Systeme, in denen KI ein natürlicher Bestandteil der Wertschöpfung wird.
Damit verändert sich auch die Organisation selbst: KI ist kein weiteres Tool, sondern ein aktiver Akteur im Workflow, der Menschen in ihrer Arbeit ergänzt. Teams, Systeme und Agenten arbeiten künftig eng verzahnt zusammen.
Fazit
Die breite Einführung von KI in einem Unternehmen kommt einer Revolution gleich und ist nicht mit einem Software- oder Tool-Upgrade zu vergleichen. Sie bringt einen völligen Strukturwandel, der Technologie, Organisation, Kultur und Geschäftsmodell zugleich betrifft. Die gute Nachricht: Für Unternehmen bringt diese Revolution das Potenzial, sich von der Konkurrenz abzuheben, wenn nun schnell gehandelt wird. Es gilt, zu experimentieren, zu skalieren und an einem tragfähigen Datenfundament zu arbeiten, um das Maximale aus der Technologie herauszuholen – in der IT-Branche und darüber hinaus.
*Der Autor ist Michael Maier, Director Austria bei iteratec.

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