Ab heute trifft sich die mobile Welt in Barcelona zum Mobile World Congress. Facebook-Chef Mark Zuckerberg hält eine Keynote, Samsung und LG stellen ihre neuen Spitzenmodelle vor – und die ganze Welt schaut zu. [...]
Die anfänglichen Mobility-Spielereien sind herangereift zu Nutzungsszenarien, die durchaus ernst zu nehmen sind. Das bestätigen nicht nur unsere Kunden, auch am Markt lässt sich diese Entwicklung gut beobachten. Ein besonders schönes Beispiel ist Lidl: Der Discounter hat 3.500 iPads an Vertriebspersonal und Supervisor ausgeteilt. Die Entscheidung fiel zugunsten des teuersten Gerätes am Markt. Warum? Lidl steht ja nun nicht gerade für Verschwendung und Experimente. Nein, man holte sich die teure Technik ins Haus, weil es bei mobilen Anwendungen um die einfache und schnelle Anwendbarkeit geht – neudeutsch auch Usability genannt. Abverkaufsdaten und Trends sind mit den neuen Geräten nur den vielbeschworenen Fingerwisch entfernt. Aus dem Spielzeug in der Chefetage ist ein Arbeitsgerät geworden, das in Lagerhallen und zwischen Supermarktregalen zum Einsatz kommt.
Auch als Verbraucher kommt man mit Mobilgeräten täglich in Kontakt: Bestell- und Abrechnungssysteme in der Gastronomie arbeiten mittlerweile häufig mit Smartphones oder Tablets. In Museen muss der altbekannte Audio-Guide vielerorts weichen – Smartphones bieten individuelle Apps mit Zusatzinformationen zu Rembrandt und Picasso: als Nachschlagewerk, Sprachführer, Minigalerie und Video-Guide. In den amerikanischen Nike-Stores kann man sich mittlerweile sogar den Weg zur Kasse sparen – bei Apple sowieso. Das Verkaufspersonal hat jederzeit Smartphones mit Kartenleser und Minidrucker zur Hand, das lästige Warten in der Schlange entfällt.
USABILITY IST TRUMPF
Das klingt im ersten Moment nach einer wunderbaren Welt des bequemen Fingerwischens – bringt jedoch wenigstens eine Herausforderung mit: Die derzeitige Situation lässt sich beschreiben als „ich habe für alles eine App – aber leider keine für Alles“. Das Ziel aus Unternehmenssicht sollte ein integriertes Set von Apps sein statt Wildwuchs.
Schauen wir uns das am Beispiel eines Sanitärhandels an. Der Händler meint, er könnte wie in seiner Windowsumgebung alle Applikationen auf den Geräten mit dem Citrix Receiver verwalten. Dabei hatte er nicht im Blick, dass Produkthersteller wie zum Beispiel Grohe eigene Präsentations-Apps entwickelt haben. Diese sind zwar schön anzuschauen, lassen sich aber nicht in die Citrix-Welt integrieren: Die Warennummern aus App und Citrix-Welt stimmen nicht überein und die simple Computer-Allzweckwaffe Copy & Paste funktioniert nicht. Der Arbeitsfluss war unterbrochen, der Weg aus der App heraus mit Hindernissen gepflastert. Bestimmte Inhalte wie Flash funktionieren auf dem Browser nicht und die Zuführung von externen Daten via Drag & Drop war unmöglich. Das hatte sich der Händler sicher anders vorgestellt.
Damit Mobilgeräte den PC vollständig ersetzen können, muss an der Kompatibilität und Integration gearbeitet werden. Solange wir mit Inseln von isolierten Lösungen arbeiten müssen, brauchen wir weiter unseren altgedienten Rechner. Erst wenn die Funktionalitäten des PC mit einer besseren Usability gekoppelt werden, können wir ihn endgültig entsorgen. Leider!
* Michael Kleist ist Managing Director Central Europe bei Attachmate und Novell.
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