Krisen, Nachhaltigkeit und die Lösung mit integriertem ERP

Unternehmen sollten ihre ERP-Lösung überprüfen und zu einem integrativen und KI-gestützten System erweitern, das ein durchgängiges Co2- und Energiemanagement ermöglicht und damit zentrale Einsparpotentiale bei Energieverbräuchen und damit -kosten realisiert. [...]

Michael Finkler, Geschäftsführer proALPHA-Gruppe. (c) proALPHA

Große Trockenheit, Ernteausfälle und Waldbrände in vielen Ländern Europas – das sind die derzeit direkt erlebbaren Auswirkungen des Klimawandels. Darüber hinaus haben insbesondere mittelständische Unternehmen aufgrund des Krieges in der Ukraine und den Auswirkungen der Pandemie mit Lieferkettenproblemen zu kämpfen. Hinzu kommen die explodierenden Energiepreise. Beides treibt die Inflation heftig voran: So sind die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte laut destatis im Jahresvergleich mit 2021 um rund 33 Prozent gestiegen – mit den Energiekosten als Haupttreiber, die einen Zuwachs von 86 Prozent verzeichnen. Da heißt es, den Gürtel enger schnallen und den Sicherheitsgurt strammziehen. Wer sein Unternehmen nicht im Blindflug steuern will, begibt sich auf die Suche nach Optimierungsmöglichkeiten. Mehr Umweltbewusstsein, vor allem auch im Sinne von Energiesparen, ist das oberste Gebot der Stunde.

Nachhaltigkeit entwickelt sich zudem aus anderen Gründen für Mittelständler von der freiwilligen Eigenverpflichtung zur offiziellen Berichtspflicht. Sei es, weil der große Konzernpartner aufgrund seiner eigenen Berichtspflichten mehr Nachhaltigkeitsdaten in puncto CO2-Ausstoß fordert oder weil das Unternehmen selbst aufgrund zunehmender und härterer EU-Vorschriften zur Berichterstattung verpflichtet wird.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der Europäischen Kommission wurde am 21. April 2021 vorgelegt. Im Juni 2022 wurden durch eine vorläufige politische Einigung zwischen EU-Rat und Europäischem Parlament neue Vorschriften für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen beschlossen. Demnach zeichnet es sich ab, dass KMUs wohl ab dem Jahr 2026 berichtspflichtig werden. Dabei wird die Zahl der Mitarbeiter, ab der ein Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen ist, auf 250 abgesenkt.

Die Pflicht oder die Selbstverpflichtung zur Erstellung einer CO2-Bilanzierung benötigt eine verlässliche Quelle im Unternehmen: die ERP-Software – die Drehscheibe für alle Unternehmensdaten – dient hierbei als die beste Option. Schließlich ist das Führen von Excel-Listen ab einer bestimmten Komplexität und Größe nicht sonderlich wirtschaftlich und zudem fehleranfällig. Eine Software, die Transparenz über Energieflüsse im Unternehmen schafft und zudem den Energieverbrauch optimiert, ist daher unabdingbar.

Mehr Nachhaltigkeit führt auch zu mehr Widerstandskraft oder „Resilienz“. Letzterer Begriff ist stark mit dem Zustand einer Lieferkette verbunden. Deshalb gilt: Was innerhalb eines Unternehmens wichtig ist, hat auch außerhalb seinen Stellenwert. Das Reporting nach oben zum Konzernpartner aber auch das Ermitteln von Lieferantendaten zur Ökobilanz von Vorprodukten spielen ebenfalls eine kritische Rolle.

Der Einsatz von KI benötigt Transparenz

Um diese Aufgaben so smart wie möglich zu erledigen, muss für das ERP nicht nur die Verbindung zu Spezialfunktionen wie dem oben erwähnten Werkzeug zur Feststellung und Optimierung von Energieemissionen geschaffen werden. Es muss vielmehr auch der Fluss von Daten und Informationen insgesamt intelligenter werden – hier hilft auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). Hierfür ist Transparenz über alle Bereiche hinweg – vom Vertrieb über Konstruktion und Beschaffung bis zum Service ist – unabdingbar, reicht jedoch allein nicht aus, um Widerstandskraft und Nachhaltigkeitsinitiativen zukunftsträchtig aufzubauen. Vielmehr ist es notwendig, ineffiziente Geschäftsprozesse zu identifizieren und im Kontext der gesamten Geschäftsprozesslogik intelligenter zu machen und geschickter agieren zu lassen, um tragfähigere Prognosen zu erzeugen.

Dabei ist zu beachten, dass sich ein ERP-System nicht en gros mit KI impfen lässt. KI-geeignete Prozesse und Anwendungsszenarien müssen erst identifiziert werden – und an dieser Stelle ist es für Anwender und Endkunden wichtig, sich auf die Expertise erfahrener Anbieter von ERP+ Lösungen verlassen zu können. Gerade für mittelständische Unternehmen ist der Rückgriff auf schubladengerechte Dienste, beispielsweise ERP mit KI sowohl in der Analytik als auch in den Prozessen – darunter semantische Wissensaufbereitung und digitale Assistenten –, von entscheidendem Vorteil. Dann können für spezifische Abläufe, Prozesse oder Funktionalitäten wertschöpfende KI-Anwendungen zum Einsatz kommen.

Als digitaler und mit KI angereicherter Prozess- und Daten-Hub laufen im ERP-System demnach alle Informationen zusammen. Als Voraussetzung für einen gewinnbringenden Einsatz von KI gilt dabei, Produktionsdaten in Echtzeit zu erfassen, Abweichungen vom Plan ausfindig zu machen und als Ergebnis diese Daten visualisiert bereitzustellen. Hierbei sind Transparenz und Information wichtige Elemente, damit die eingesetzte Technologie im Zusammenspiel mit den Mitarbeitern im Unternehmen bestmöglich funktioniert.

So sorgt ein smartes ERP für mehr Nachhaltigkeit

Zukunftstechnologien können also für mehr Nachhaltigkeit in der Lieferkette sorgen. Das ERP ist im Industrieumfeld dafür ein mächtiger Hebel: Durch eine hochintegrierte CO2-Managementsoftware in Verbindung mit dem ERP-System als Rückgrat der gesamten Wertschöpfung können Unternehmen ganzheitlich das Ziel der Klimaneutralität verfolgen. Als Single Source of Truth bildet das ERP somit das Fundament für alle Analysen und Maßnahmen. Allen voran ist hier das ganzheitliche CO2-Management bis hin zur Klimaneutralität zu nennen. Es setzt sich zusammen aus:

  • Kontinuierlichem CO2-Tracking
  • Erarbeitung von Reduktionsstrategien
  • Umsetzung der Reduktionsmaßnahmen
  • Überwachung der Emissionsentwicklung

Die Standard-Anbindung an alle CO2-relevanten Datenpunkte sowie die Integration weiterer Analyse-Applikationen wie etwa Business-Intelligence-Lösungen sind dabei essenziell. Auf Basis der so generierten Daten aus ERP, MES (Manufacturing Execution System) und beispielsweise TMS (Transport Management System) ermöglicht ein auf CO2-Neutralität spezialisiertes System umfangreiche Erst-Analysen der Energieverbräuche und damit einhergehenden Emissionen. Die Berechnung der CO2-Emissionen erfolgt nach Standards wie GRI, DNK, SBTi und EU Taxonomy. Daraus ergeben sich die CO2-Bilanz und der CO2-Fußabdruck.

Anschließend erfolgt auf Basis des ERP-Systems die Reduktion der CO2-Emissionen in allen relevanten Bereichen. Dazu gehören beispielsweise die Lieferkettensteuerung, Materialdisposition, Produktentwicklung und Produktionsplanung genauso wie die Absatzplanung, Fahrzeugflotte, Transportsysteme und selbstverständlich auch sämtliche Vertriebsaktivitäten.

Unternehmen, die Nachhaltigkeit als Ziel definiert haben, erhalten durch den Einsatz innovativer Technologien handfeste Vorteile wie eine im Ganzen effizientere Produktion: Maschinen und Anlagen lassen sich mit einem KI-gestützten ERP besser steuern, warten und agil betreiben sowie Lasten bedarfsgerecht anpassen. Durch eine verbesserte Absatzplanung und Materialdisposition gehört Überproduktion der Vergangenheit an.

*Der Autor Michael Finkler ist Geschäftsführer proALPHA-Gruppe.


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