Wie generative KI die Fertigungseffizienz steigert

Kleine Fehler ereignen sich und die Produktionsstraße steht still. Dieses Horrorszenario in der Fertigung wird durch neue Anwendungsmöglichkeiten der generativen KI immer seltener eintreten. Stefan Bergstein, Chief Architect Manufacturing bei Red Hat, nennt die neuen Möglichkeiten und die Voraussetzungen für einen Einsatz von generativer KI. [...]

Stefan Bergstein, Chief Architect Manufacturing bei Red Hat. (c) Red Hat
Stefan Bergstein, Chief Architect Manufacturing bei Red Hat. (c) Red Hat

KI ist in der Produktion kein neues Thema. Predictive AI wird zur Prozessoptimierung und Qualitätssicherung eingesetzt, und auch die KI-gesteuerte Predictive Maintenance ist in vielen Unternehmen Standard, denn durch die Analyse von Maschinendaten können Anlagen proaktiv gewartet werden. Allerdings erfolgt der Einsatz von KI in der Fertigungsindustrie bisher oft nur auf Maschinenbasis, ohne dass der Zustand einer gesamten Produktionslinie oder die Kommunikation zwischen verschiedenen Systemen erfasst werden. Das Potenzial von KI wird damit nur unzureichend ausgeschöpft. Dies wird sich aber ändern und ein wesentlicher Grund dafür ist die generative KI, die eine effizientere industrielle Fertigung maßgeblich vorantreiben wird.

Das Potenzial der generativen KI zeigt sich gerade in der Mensch-Maschine-Interaktion. Dabei geht es nicht darum, den Maschinen-Operator zu ersetzen. Vielmehr soll er bei technischen Herausforderungen durch KI-generierte Hinweise unterstützt werden, um die Produktivität insgesamt zu erhöhen. Wichtig bei der KI-Nutzung im Fertigungsbereich ist, dass nicht ausschließlich auf LLMs (Large Language Models) gesetzt wird. Diese Modelle werden zwar mit sehr großen Datenmengen trainiert, die aber letztlich immer veraltet sind. Abhilfe schafft hier die Technik RAG (Retrieval-Augmented Generation), die die LLMs mit weiteren Informationen aus zusätzlichen Wissensquellen anreichert. Dazu gehören etwa Echtzeit- oder proprietäre Daten, somit also auch unternehmensspezifische Maschinenparameter.

Die Anwendung von generativer KI auf die gesamte Produktionslinie ist der erste wichtige Schritt auf dem Weg zu einer effizienteren Fertigung. Ebenso entscheidend ist die Nutzung von AI Agents. Sie stellen zwar kein neues Konzept dar, können aber durch die Weiterentwicklung der KI erstmals praxistauglich genutzt werden, um autonome Systeme zu realisieren. Ein AI Agent kann Probleme unter Nutzung von Daten aus einem LLM, einer Vektordatenbank, einer Knowledge Base oder aus dem Internet analysieren, um Schlussfolgerungen zu ziehen und Entscheidungen zu treffen, die dann als Informationen für einen Operator oder die eigenständige Veranlassung von Veränderungen dienen. Damit lassen sich viele automatisierte Anwendungsfälle umsetzen, etwa bei der Fehlererkennung und Fehlerbehebung.

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Von der Public Cloud zur Edge

Bei der KI-Nutzung schlagen die meisten Data Scientists zunächst den Public-Cloud-Weg ein. Die Modelle werden in der Public Cloud trainiert und auch die Qualitätssicherung und das Retraining finden dort statt. Bei Fertigungsunternehmen stellt sich dann in aller Regel die Frage: Wie bekommen wir die trainierten Modelle effektiv in die Fabriken und damit an die Produktionsstraßen? Es geht also um das Thema Edge Computing. Denn um Fertigungsprozesse zu optimieren, müssen umfangreiche Datenmengen schnell analysiert werden, und zwar direkt an der Produktionslinie durch die Vernetzung der IT mit den Anlagen oder Steuersystemen.

Offene Hybrid-Cloud-Plattformen als Fundament

Auch wenn die Vorteile der generativen KI unbestritten sind, stecken viele KI-Projekte nach wie vor in der Pilotierungsphase fest. Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey nutzen beispielsweise nur 3 Prozent der Unternehmen eine Anwendung der generativen KI umfassend in der Fertigung. Für die zögerliche Haltung der Unternehmen beim produktiven KI-Einsatz gibt es mehrere Gründe wie das fehlende Know-how oder Ressourcenengpässe. Vielfach ist zudem keine geeignete Infrastruktur vorhanden, die die KI-Einführung von der Entwicklung bis zum Produktivbetrieb vereinfachen und beschleunigen kann.

Eine solche Infrastruktur stellt eine offene Container-basierte Hybrid-Cloud-Plattform bereit. Sie bietet zum einen eine konsistente Basis für die KI-Modell-Entwicklung, das KI-Modell-Training und auch die KI-Modell-Einbettung in Anwendungen. Zum anderen ist sie flexibel in einer Private-, Public- oder Edge-Umgebung nutzbar. Immer mehr Unternehmen gehen deshalb beim Aufbau und Betrieb einer KI-Umgebung auch den Hybrid-Cloud-Weg. Der Trend zur Nutzung von Container-Plattformen ist ohnehin ungebrochen. Auch klassische MES (Manufacturing Execution Systems) werden zunehmend in Container-Umgebungen portiert, da diese viele Vorteile wie einen effizienteren Betrieb, schnellere Software-Updates oder eine bessere Verfügbarkeit bieten können.

Insgesamt wird zumindest mittelfristig kein Weg an der Nutzung generativer KI in der Industrie vorbeiführen, schon allein, um im Wettbewerb nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dabei muss sich der Einsatz von KI in einem Industrieunternehmen keineswegs auf die reinen Fertigungsprozesse beschränken. Auch die Resilienz der Lieferketten kann beispielsweise verbessert werden, indem etwa durch Lieferantenanalysen und die Nutzung von AI Agents eine schnelle Umstellung von Lieferketten möglich wird. Das potenzielle Einsatzspektrum der generativen KI ist weitreichend – und deshalb wird sie der entscheidende Treiber der industriellen Transformation sein.

*Der Autor Stefan Bergstein, Chief Architect Manufacturing bei Red Hat.


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