Mit dem richtigen Verständnis von KI-Tools zur effektiven Budgetplanung

In den letzten Jahren war aufgrund der Corona-Situation die Budgetplanung für CIOs nicht langfristig planbar bis unplanbar. Für das neue Jahr 2022 stellt sich daher die Frage, welche Tools in einer immer noch hybriden Arbeitswelt benötigt werden, um für unsichere Zeiten weiterhin gewappnet zu sein. [...]

Markus Pichler, Vice President of Sales Europe bei ABBYY. (c) ABBYY

Eine genaue Aussage über die Zukunft kann aktuell wohl keiner geben. KI-Lösungen haben sich jedoch nachweislich bewährt. CIOs fahren daher am besten, wenn sie die Anwendungsfelder und die Limitierung der Nutzung von KI-Tools kennen – sei es die Nutzung von Lösungen zur intelligenten Dokumentenverarbeitung oder den Einsatz von Prozessintelligenz. Ein tiefes Verständnis von den tatsächlichen Prozessen im Unternehmen kann für CIOs der entscheidende Faktor sein, die richtigen KI-Tools für ihr Unternehmen für 2022 auszuwählen. 

Digitalprojekte scheitern oft, weil die eingesetzten Technologien nicht wie erwartet funktioniert haben. Dies verdeutlicht, dass einer der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche IT-Budgetplanung nicht darin besteht, das meiste Geld zu investieren, sondern es vernünftig und zielgerichtet einzusetzen. CIOs sollten sich daher fortlaufend ein genaues Bild von bestehenden Prozessen im Unternehmen machen, um so ermitteln zu können, wo welche Investitionen den größten Nutzen bringen. In Bezug auf die Automatisierung von Prozessen bedeutet dies außerdem, dass CIOs sich damit auseinandersetzen müssen, welche Prozesse überhaupt in ihrem Unternehmen automatisiert werden sollten. 

Ein wichtiger Schritt dabei: ein wesentliches Verständnis über die Prozessabläufe zu entwickeln. Um zu vermeiden, dass ein ungeeigneter Prozess automatisiert wird oder ein anderes Team durch die Automatisierung in Zeitverzug gerät, ist es wichtig, die Prozessabläufe zu verstehen, bevor man sich in ein Projekt stürzt. Wie frustrierend und teuer schlecht geplante Prozesse im Unternehmen sein können, zeigt beispielsweise das Ergebnis einer aktuellen Studie, wonach bis zu einem Viertel der Mitarbeiter (25%) acht Stunden in der Woche mit der Suche nach Informationen aus Dokumenten verbringen – und somit wöchentlich einen gesamten Arbeitstag an Zeit verlieren. Erst wenn man einen realistischen Überblick hat, wie Mitarbeiter untereinander und mit externen Beteiligten interagieren, können Unternehmen wichtige Einblicke in Erkenntnisse über Prozesse gewinnen und nutzen. Beispielsweise ist die Erstellung eines digitalen Zwillings von Prozessabläufen ein nützlicher Weg, um die Interaktionsdaten von Desktop-Benutzern mit Prozessdetails aus Systemereignisdaten zu analysieren. Liegen die relevanten Informationen über Prozessabläufe vor, liefert die Prozessintelligenz wichtige Daten darüber, welche Auswirkungen die geplante Automatisierung auf den Prozess haben könnte. 

Versteckte Kosten aufdecken

Ein weiterer Aspekt, der in der Budgetplanung von Digitalprojekten eine große Rolle spielt: versteckte Kosten. Diese werden bei der Planung häufig vergessen, wenn es um robotergestützte Prozessautomatisierung (RPA) geht. Dies betrifft vor allem Situationen, in denen die Grenzen von Tools wie RPA nicht ausreichend erörtert werden. RPA-Roboter gewinnen derzeit zunehmende Beliebtheit in der automatisierten Dokumentenverarbeitung. Allerdings wird häufig vernachlässigt, dass RPA-Roboter allein noch nicht in der Lage sind, unstrukturierte Daten zu erkennen und zu verarbeiten. Unstrukturierte Daten machen jedoch bis zu 80% von unternehmensbezogenen Dokumenten aus. Darüber hinaus ist RPA auch zu einem beliebten Werkzeug geworden, um die manuelle Dateneingabe zu ersetzen. Aber auch an dieser Stelle liegt die Herausforderung bei der genauen und effizienten Erkennung, welche Ziele mit den Daten erreicht werden sollen. Liegen die Erkenntnisse über unternehmenseigene Prozesse vor, können CIOs unnötige Folgekosten vermeiden und gezielt den Einsatz von relevanter Technologie planen.

Die gute Nachricht: die Technologien sind mittlerweile so fortgeschritten, dass es möglich ist, RPA-Roboter mit kognitiven KI-Skills auszustatten. So können Unternehmen durch diesen kombinierten Einsatz der technischen Lösungen eine auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene intelligente Dokumentenverarbeitung (IDP) erzielen. Je nach Bedarf können die Roboter also dazu befähigt werden, Inhalte und deren Kontext aus unstrukturierten Daten nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verstehen. Dadurch liefern sie Unternehmen wichtige Erkenntnisse über die in den Dokumenten enthaltenen Informationen und unterstützen somit Entscheidungsprozesse.  

Ein Anwendungsbereich, wo diese smarten Kombinationen bereits zum Einsatz kommen, stellt die Finanzbranche dar. Viele Banken setzten RPA beispielsweise ein, um die Bearbeitung von Kreditanträgen zu unterstützen. Dafür nutzten sie eine Kombination aus IDP und RPA, um die relevanten Informationen aus den Dokumenten der Antragsteller zu filtern und zu extrahieren. Dadurch können die Anträge um ein Vielfaches schneller und fehlerfreier bearbeitet werden als durch eine manuelle Verarbeitung der Dokumente. Dies ermöglicht es den Banken, Kredite schneller und mit genauen Informationen zu bewilligen. Ähnlich positive Erfahrungen haben auch Unternehmer der Immobilienbranche bei der Beantragung von Hypotheken gemacht. Durch den gezielten Einsatz von intelligenten RPA-Robotern konnten die Unternehmen nicht nur den Hypothekenprozess beschleunigen, sondern ihren Kunden außerdem ermöglichen, die Hypothek bequem von zu Hause aus zu beantragen. Somit profitieren nicht nur die Banken und Immobilienunternehmen selbst von den verbesserten Prozessen, sondern auch ihre Antragsteller und Kunden.

No Code/Low Code bleibt im Trend

Im Blick behalten sollten CIOs für 2022 auch No Code/Low Code-Lösungen. Diese stellen sich für die Planung besonders attraktiv dar, da zeitaufwändige und kostenintensive Implementierungen entfallen. Durch den Einsatz von No Code/Low Code-Plattformen können RPA-Roboter ganz einfach von Geschäftsanwendern im Unternehmen mit entsprechenden Skills ausgestattet werden. No Code/Low Code-Plattformen stellen ihren Nutzern beispielsweise vorgefertigte Skills bereit und ermöglichen eine individuelle Zusammensetzung dieser Skills nach einem Baukastenprinzip. Zudem können je nach Anwendungsszenario und Unternehmensbedarf auch neue Skills erstellt werden. No Code/Low Code-Lösungen finden sich so auch zum Download auf gängigen Online-Marktplätzen.

Dabei muss es nicht immer die ganz große Lösung sein: Traditionell stellt die Datenerfassung zwar nach wie vor eine Back-Office-Funktion dar, allerdings sind IDP-Lösungen mittlerweile auch in Form von Mini-Apps verfügbar, so dass nun die Anwendung beim Mitarbeiter in den Fokus rückt. Mitarbeiter können beispielsweise No Code/Low Code-Plattformen nutzen, um eigenständig Mini-Apps oder Applets zur Unterstützung ihres Arbeitsalltags zu erstellen. Diese Apps können entweder so konfiguriert werden, dass sie innerhalb eines größeren Gesamtprozesses eingesetzt werden oder ganze Prozesse übernehmen können. Die Funktionen der App können dabei individuell auf die spezifischen Anforderungen einer Branche und eines Unternehmens zusammengestellt werden. Zum Beispiel können Apps programmiert werden, die den Identitätsnachweis beim Kunden-Onboarding unterstützen. Der Kunde selbst kann die App dann eigenständig nutzen, um eine maßgeschneiderte Identitätsprüfung durchzuführen. Danach wird der Kunde automatisch wieder zum verbleibenden Onboarding-Prozess zurückgeleitet. Der Vorteil liegt daher auf der Hand: IT-Leiter werden von kleineren Routine-Aufträge der Mitarbeiter entlastet, was wiederum Ressourcen und Kapazitäten in der IT schont.

Für eine erfolgreiche Budgetplanung im kommenden Jahr sollten sich CIOs also drei Fragen stellen: Erstens, welche Prozesse profitieren am meisten von einer Digitalisierung und welche Auswirkungen hat diese Veränderungen auf angrenzende Prozesse? Zweitens, welche Tools eignen sich am besten für das jeweilige Digitalprojekt? Und drittens, welche Kosten genau sind mit diesen Tools verbunden und gibt es Entlastungs-Möglichkeiten in der IT? In diesem Rahmen hat sich Prozessintelligenz zu einem strategischen Werkzeug entwickelt, das den Unternehmen dabei hilft zu verstehen, wo Investitionen im Rahmen von Initiativen zur digitalen Transformation den größten Nutzen bringen können. Dadurch, gekoppelt mit einem besseren Verständnis von Limitierungen und Anwendungsbereichen von gängigen KI-Tools, können CIOs die für ihr Unternehmen besten Entscheidungen für neue Investitionen tätigen.

*Der Autor Markus Pichler ist Vice President of Sales Europe bei ABBYY.


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