Mit Low-Code und No-Code die Digitalisierung beschleunigen

Low-Code und No-Code gelten als die „Shooting Stars“ bei der Individualisierung von Standard-Softwareprodukten. Damit diese Ansätze auch im modernen Industrieumfeld – Stichwort „Smart Factory“ – funktionieren, sind zusätzliche Bausteine wie Cloud und Security vonnöten. [...]

Andreas Dangl ist Business Unit Executive für Cloud-Services bei Fabasoft. (c) Fabasoft GmbH

Die Krise der vergangenen Monate bewog 49 Prozent der Supply-Chain-Führungskräfte dazu, ihre Ausgaben für digitale Technologien drastisch zu erhöhen, um bedeutende Abläufe reaktionsfähiger und zukunftsorientierter zu gestalten. Das geht aus dem aktuellen MHI-Report „Innovation Driven Resilience: How Technology and Innovation Help Supply Chains Thrive in Unprecedented Times“ hervor. „Die Widerstandsfähigkeit der Lieferkette war noch nie so wichtig wie heute. Unternehmen, die vor der Pandemie bereits in digitale Technologien investierten, kamen besser zurecht und waren sogar während dieser Unterbrechung in der Lage zu wachsen“, so die Autoren der Studie.

Um die Supply-Chain rasch an neue Situationen anzupassen und damit entscheidende Wettbewerbsvorteile zu generieren, kommen vermehrt sogenannte Low-Code- bzw. No-Code-Systeme zum Einsatz. „Die wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie haben das Leistungsversprechen von Low-Code bestätigt. Global gesehen werden die meisten großen Unternehmen bis Ende 2021 mehrere Low-Code-Tools in irgendeiner Form eingeführt haben“, so Fabrizio Biscotti, Research Vice President bei Gartner.

Der Clou an der Sache: Low-Code- bzw. No-Code-Systeme sind auch für Personen aus Fachabteilungen bedienbar, die über keinerlei Programmierkenntnisse verfügen. Damit wird die IT-Abteilung entlastet, das Problem des IT-Fachkräftemangels entschärft – und die Resilienz deutlich erhöht.

Gerade das Industrieumfeld bietet momentan sehr gute Voraussetzungen für Low-Code. Laut dem Marktforschungsinstitut Reputation Leaders („Low-Code-Forecast 2021“) sind in diesem Bereich bereits über 326.000 Menschen in Deutschlands Industrie tätig. Hinzu kommt, dass rund 1,85 Millionen Beschäftigte als potenzielle Low-Coder in Frage kommen, um ihre Unternehmen und ihre Branche schneller zu digitalisieren.

Bemerkenswert ist, dass die Beschäftigung mit Low-Code nicht „von oben“ erzwungen werden muss. So gaben in der Studie 76 Prozent der befragten Fachkräfte aus unterschiedlichen Abteilungen an, enger mit der eigenen IT-Abteilung zusammenarbeiten zu wollen. 71 Prozent würden aus Berufsgründen Low-Code erlernen und bei ihrer aktuellen Tätigkeit nutzen.

Use Case Technical Data Management

Technische Dokumentationsanforderungen sowie Anforderungen aus Gesetzen, Normen, Bewilligungen und Richtlinien werden im Industriebereich immer umfangreicher. Zudem sind Projekte im Maschinen- und Anlagenbau äußerst komplex und zeitkritisch. Dennoch verlassen sich Beteiligte einer Supply-Chain bei der Erstellung der technischen Dokumentation noch immer auf E-Mail-Versand, Tabellenkalkulationsprogramme und Netzlaufwerke.

Die Folge: Die Suche nach bestimmten Dokumenten ist oft sehr zeitaufwendig und fehleranfällig. Darüber hinaus besteht die Gefahr, Fristen zu übersehen, was wiederum zu empfindlichen Vertragsstrafen oder zum Imageverlust bei Endkunden führen kann.

Um einen hohen Grad an Resilienz zu erreichen, muss eine moderne Technical Data Management-Lösung eine Reihe an Anforderungen erfüllen, wobei die Prozessorientierung eine zentrale Rolle spielt.

Durchgängige Prozessorientierung

Eine zukunftsweisende Technical Data Management-Lösung ist prozessgesteuert. Das bedeutet unter anderem, dass sie typische Workflows out-of-the-box zur Verfügung stellt. Dadurch wird sichergestellt, dass für alle Beteiligten jederzeit ersichtlich ist, welche Dokumente zu welchem Zeitpunkt benötigt oder freigegeben werden müssen. Automatische Terminerinnerungen helfen bei der Fristenüberwachung.

Falls bestehende Workflows nicht (mehr) ausreichen, besteht die Möglichkeit, auf einen grafischen Prozesseditor zurückzugreifen – und damit kommt No-Code bzw. Low-Code ins Spiel. Mitarbeiter aus den Fachabteilungen (sogenannte Citizen Developer) sind damit in der Lage, ohne Programmierkenntnisse unternehmensübergreifende Prozesse anzupassen oder neu zu erstellen. Damit alle am Prozess beteiligten Personen imstande sind, jederzeit den Prozessstatus nachzuvollziehen, steht zudem eine grafische Prozessübersicht zur Verfügung.

Sobald die User aus den Fachabteilungen einen neuen Prozess definiert haben, übernimmt der „Autopilot“, der den Prozess anstößt und dafür sorgt, dass alle Prozessschritte termingerecht ablaufen.

Ergänzt wird eine State of the Art Technical Data Management-Lösung durch die Integration der fortgeschrittenen elektronischen Signatur gemäß der eIDAS-Verordnung für rechtsverbindliche digitale Unterschriften. Diese unterstützt den medienbruchfreien Ablauf von Freigabe- oder Genehmigungsprozessen und beschleunigt diese signifikant.

Mit all diesen Maßnahmen lassen sich sehr schnell Prozesse modellieren, um auf geänderte Rahmenbedingungen zu reagieren – und gleichzeitig einen hohen Automatisierungsgrad zu erreichen.

Damit eine No-Code- bzw. Low-Code-Plattform im Industrieumfeld funktioniert, braucht es jedoch noch weitere Bausteine, die die Prozessorientierung in Richtung Gesamtlösung ergänzen.

Cloudbasierte Zusammenarbeit

In einer globalisierten Wirtschaft mit komplexen Supply-Chains sind Prozesse weder an Länder- noch an Unternehmensgrenzen gebunden. Außerdem existieren zahlreiche Stakeholder wie Hersteller, Partnerfirmen, Lieferanten, Endkunden und Behörden. Damit die Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten reibungslos funktioniert, benötigt es als Basis eine sichere Cloud-Plattform als gemeinsame Datenumgebung (Common Data Environment), in der alle Dokumente zentral sowie jederzeit und für jedes Endgerät zugriffbereit gespeichert sind.

Ein weiterer Baustein einer praxistauglichen Lösung ist die Anbindung an die typischen Systeme im Industrieumfeld, d. h. sie bietet standardisierte Schnittstellen zur Koppelung mit bestehenden ERP-, CRM- und PIM-Systemen.

Dank der sehr flexiblen Erweiterbarkeit der Cloud ist es möglich, neue Player, etwa Lieferanten, schnell in das System aufzunehmen und über den grafischen Prozesseditor in die relevanten Workflows einzubinden.

Im Sinne der No/Low-Code-Philosophie ist eine cloudbasierte Technical Data Management-Lösung zudem höchst benutzerfreundlich: Die Bedienung findet im Browser statt und die Benutzeroberfläche steht in mehreren Sprachen zur Verfügung, was die zunehmende Internationalisierung im Industrieumfeld widerspiegelt.

Sicherheit als Top-Priorität

Resilienz äußert sich nicht nur in der Fähigkeit, auf Krisen proaktiv reagieren zu können. Eine moderne Lösung braucht auch ein mehrstufiges Sicherheitssystem, das zuverlässig seinen Dienst verrichtet.

Dazu gehört etwa ein smartes Rollen- und Rechtekonzept, das dafür sorgt, dass nur befugte Personen auf Informationen und Dokumente zugreifen können. Dadurch ist klar geregelt, wer welche Inhalte sehen, bearbeiten, prüfen oder freigeben darf. Außerdem wird damit definiert, wer aus den Fachabteilungen mittels Low-Code/No-Code Prozesse modifizieren oder neue Workflows realisieren darf. Damit beugt man unter anderem einem möglichen Wildwuchs vor.

Eine wichtige Sicherheitskomponente ist der Cloud-Provider selbst – vorausgesetzt, es handelt sich um einen europäischen Native-Cloud-Anbieter, der die Cloud auf eigener Hardware (nicht von US-Konzernen angemietet) und mit eigenen Technologien in europäischen Rechenzentren betreibt. So können Unternehmen sicherstellen, dass die Einhaltung der DSGVO hinsichtlich personenbezogener Daten gegeben ist.

Unterm Strich: Eine prozessorientierte, cloudbasierte Technical Data Management-Lösung ist der perfekte Use Case für eine Low-Code-/No-Code-Plattform im modernen Industrieumfeld. Mit dieser lassen sich sehr schnell und kostengünstig unternehmens- und länderübergreifende Prozesse ausrollen, wodurch die Resilienz der gesamten Supply-Chain deutlich erhöht wird.Der Autor Andreas Dangl ist Business Unit Executive für Cloud-Services bei Fabasoft. 

*Der Autor Andreas Dangl ist Business Unit Executive für Cloud-Services bei Fabasoft


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