Optimierte Belegeingangserfassung durch Synergien von KI und Augmented Outsourcing

Obwohl die Idee des Outsourcings bei der Prozessoptimierung auf den ersten Blick verlockend erscheint, sind die oftmals damit verbundenen Nachteile nicht zu übersehen. [...]

Tim Roßky ist Fachexperte für E-Rechnungswesen und Geschäftsführer bei SY by Cegedim. (c) Cegedim e-Business GmbH
Tim Roßky ist Fachexperte für E-Rechnungswesen und Geschäftsführer bei SY by Cegedim. (c) Cegedim e-Business GmbH

Eine steigende Anzahl an Schnittstellen und weite Transportwege führen häufig dazu, dass Outsourcing-Projekte unwirtschaftlich oder sogar anfällig für Fehler werden. Im Gegensatz dazu könnte man denken, dass bei papier- und datenbasierten Outsourcing-Vorhaben, wie etwa der Verarbeitung von Eingangsbelegen und automatisierten Rechnungserfassung, diese Nachteile weniger ausgeprägt sind. Dennoch weist auch diese Variante des klassischen Outsourcings von Post- und Belegbearbeitung ihre eigenen Herausforderungen auf. Während anfänglich zwar Geld und Zeit gespart werden, kann im weiteren Verlauf die Qualität leiden und das Einsparpotenzial durch erhöhten Nachbearbeitungs-Aufwand wieder mindern. Oftmals führt die ausgelagerte Belegerfassung zu einer beträchtlichen Fehlerrate, die eine manuelle Überprüfung durch geschultes Personal erfordert und somit zu hohen Effizienzeinbußen führt. 

Outsourcing allein ist zwar hilfreich, aber…

Die Lösung scheint in einer geschickten Kombination aus Künstlicher Intelligenz und Augmented Outsourcing zu liegen. Diese Symbiose erweist sich als dynamische Variante der Automatisierung des Belegeingangs. Im Gegensatz zu herkömmlichen Prozessen der Postverarbeitung und Belegverwaltung, vereint dieses Duo zwei bewährte Praktiken. Die durch KI unterstützte Bilderkennung (OCR) und die System-gestützte Sichtprüfung (Video-Sichtprüfung) haben zusammen das Potenzial, bestehende Prozesse zu revolutionieren. Diese Kombination reduziert nicht nur die Fehlerquote, sondern auch – dank gesteigerter Erkennungsraten durch KI und Abgleich mit relevanten Belegen – die zeitaufwendige manuelle Überprüfung durch Mitarbeitende.

Sprechen wir jetzt darüber, wie die Belegeingangserfassung durch Augmented Outsourcing und KI-gestützte OCR-Technologie optimiert werden kann. Zusätzlich ist es das Ziel, die Anzahl bereits extern geprüfter elektronischer Rechnungsdaten – extern kann bedeuten: durch Lieferanten, direkt bei der Belegerfassung im Portal oder eben als externer Service – zu maximieren. Das führt bereits im ersten Jahr zu sichtbaren, finanziellen Verbesserungen, wenn es richtig eingesetzt wird.

Belegeingangs-Digitalisierung als Best Practice

Die ideale Eignung für eine KI-gestützte Optimierung des Belegeingangs erklärt sich quasi von selbst. Selbst in mittelgroßen Unternehmen gehen monatlich über 1.000 Belege in diversesten Kombinationen aus unterschiedlichen Medien (auf Papier, als PDF oder strukturierte Daten), Formaten und Übertragungswegen ein. Automatisierungslösungen stoßen bei einer solchen Vielfalt oft an ihre Grenzen. Neben klassischen Eingangswegen wie physischer Post oder PDF per E-Mail, erhalten Unternehmen vermehrt elektronische Rechnungen. Formate wie XRechnung, ZUGFeRD oder EDI-Rechnungen sind mittlerweile gang und gäbe. Bei internationalen Handelsbeziehungen kommen überdies diverse länderspezifische Varianten elektronischer Rechnungsstandards und -systeme hinzu. 

Effiziente Automatisierung erfordert qualitativ hochwertige Daten

Eine präzise Datenextraktion bildet die Basis für eine effiziente automatisierte Erfassung. Oftmals wird diese Aufgabe noch von vielen Niedriglohnkräften manuell erledigt. Dies geht nicht selten mit einer hohen Fehlerquote einher. Die nötigen Nacharbeiten lassen sich dabei nicht durch die Kosteneinsparungen und verbesserte Durchlaufzeit rechtfertigen. Wie also können Kosten, Zeitaufwand und Qualität optimiert werden?

Die Lösung liegt in der Einführung standardisierter und effektiver Prozesse zur automatisierten Datenextraktion. Idealerweise ermöglichen diese Prozesse eine weitgehende Dunkelverarbeitung, bei der Eingangsrechnungen ohne menschliche Intervention auf Richtigkeit geprüft, abgeglichen, verifiziert, genehmigt und an den Zahllauf übergeben werden. Dabei werden Skonti optimal genutzt und Zahlungsziele eingehalten.

KI und OCR ergänzen sich perfekt

Obwohl die Technologie der Optical Character Recognition (OCR) bereits fortgeschritten ist, waren herkömmliche Systeme bisher oft nicht in der Lage, ausreichend hohe Erkennungsraten zu erzielen. Dank spezialisierter KI-Lösungen hat sich diese Situation jedoch grundlegend geändert. KI ermöglicht Bild- und Texterkennungssystemen, ihre Leistung durch kontinuierliches Lernen zu verbessern. Dadurch können Erkennungsraten von 60 bis 80 Prozent für fehlerfrei gescannte Belege erreicht werden. Diese Systeme sind somit schnell in der Erkennung, Extraktion und anschließenden Weiterverarbeitung.

Augmented Outsourcing zeigt seine Stärken insbesondere bei komplexen Fällen. Die verbleibenden 20 bis 40 Prozent der schwer auslesbaren Belege sind das ideale Spielfeld für Augmented Outsourcing. Die Kombination aus KI-gestützter OCR und digitalen Prüfmechanismen ermöglicht eine Geschwindigkeitssteigerung von bis zu 95 Prozent im Belegeingang.

1: Augmented Outsourcing ermöglicht durch die Kombination aus KI-gestützter OCR und digitalen Prüfungsmechanismen Geschwindigkeitssteigerungen von bis zu 95 Prozent beim Belegeingang | Abb.: www.sybycegedim.de

Automatisierte Datenprüfung garantiert hohe Erfolgsraten

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei OCR erhöht die Erkennungsrate deutlich. Dadurch wird die Menge an Belegen, die am Ende in die Nachprüfung müssen, quantitativ viel geringer. Obendrein wird die „manuelle“ Prüfung nicht eindeutig erkannter Daten aus schwer auszulesenden Belegen massiv erleichtert und kann auf kosteneffizienter Weise erfolgen, z. B. einfach System-gestützt per Video-Sichtprüfung.

Augmented Verification mittels Video-Sichtprüfung

Bei dieser kostensenkenden Methode erfolgt die visuelle Datenprüfung durch eine digitale Video-Sichtprüfung. Vorteil dabei: dieser Schritt kann sowohl intern durchgeführt als auch ausgelagert werden.

Vendor Verification durch Incentivation (VVI)

Hierbei wird die „manuelle“ Prüfung der mittels KI erfassten Daten an den Lieferanten übertragen. Die Rechnungsdaten werden zunächst vom System extrahiert und dem Rechnungssteller zur Bestätigung vorgelegt. Eine schnelle Bezahlung kann als Anreiz für die gegenseitige Kooperation dienen.

Intelligent Input Interfaces

Dieser Service ermöglicht es weniger digitalisierten Lieferanten, ihre Rechnungsdaten direkt in strukturierter Form zu übermitteln. Ganz einfach kann das über ein Onlineportal (Intelligent Input Interface) eingegeben und direkt verifiziert werden. Die perfekte Basis für eine schnelle Bezahlung.

„Augmented Outsourcing führt bereits im ersten Jahr zu sichtbaren, finanziellen Verbesserungen, wenn es richtig eingesetzt wird.“

Tim Roßky

Das optimale Ergebnis lässt sich durch die perfekt aufeinander abgestimmte Kombination aus 

  • KI-gestützter Texterkennung,
  • einem automatisierten Prüfprozess,
  • der Maximierung bereits geprüfter elektronischer Rechnungen und
  • Outsourcing der noch erforderlichen Verifizierung,

also mittels Augmented Outsourcing, erzielen. 

Es überrascht also kaum, dass wir mehr und mehr erfolgreiche Implementierungen im deutschen und europäischen Mittelstand beobachten können.

*Der Autor Tim Roßky ist Digitalisierungsexperte und Geschäftsführer der
Cegedim e-Business GmbH


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